Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Streit um Begründung eines Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

Streiten die Parteien über die Verpflichtung eines Arbeitgebers, einen Arbeitsvertrag abzuschließen, so ist der Wert entsprechend § 12 Abs. 7 ArbGG festzusetzen, d.h. mithöchstens einem Vierteljahresentgelt.

Die Interessenlage ist nicht anders zu bewerten als im Fall einer Kündigungsschutzklage: Kündigt der zur Einstellung verurteilte Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis innerhalb der ersten 6 Monate, wäre nach § 12 Abs. 7 ArbGG ein Wert von einem Monatsentgelt angemessen. Daher fordert die Interessenlage, dass die Streitigkeit um die Begründung des Arbeitsverhältnisses nicht mit demdreifachen Jahresbezug bewertet wird.

 

Normenkette

ArbGG § 12 Abs. 7; ZPO § 3; GKG § § 12 ff., § 25

 

Beteiligte

Nicole Sch

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Entscheidung vom 05.12.2000; Aktenzeichen 3 Ca 2452 b/00)

 

Tenor

wird der Gebührenstreitwert gem. § 25 GKG für das Berufungsverfahren festgesetzt auf

12.143,44 DM.

 

Gründe

Mit ihrer Berufung verfolgte die Klägerin das Ziel des Abschlusses eines unbefristeten Arbeitsvertrages sowie Zahlung der Vergütung für die Zeit von Juli 2000 bis Januar 2001 als Schadenersatz.

Der Wert des Streitgegenstandes ergibt sich gem. §§ 3 ff. ZPO, 12 ff. GKG mit dem Zahlungsbetrag. Da zwischen diesem und dem Antrag auf Abgabe eines Arbeitsvertragsangebotes wirtschaftliche Identität besteht, stellt der Zahlungsbetrag den Höchstbetrag dar.

Entgegen der Auffassung der Beklagtenvertreter kann für den Antrag auf Abgabe eines Vertragsangebotes nicht ein Wert von 107.487,72 DM, entsprechend dem dreifachen Jahresentgelt festgesetzt werden. Zwar wird die Auffassung vertreten, dass bei Streitigkeiten über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses der Wert so zu bemessen ist (Meier, Streitwerte im Arbeitsrecht). Jedoch ist auch beim Streit über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses der soziale Schutzzweck des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG zu beachten. Denn wenn die Parteien über die Verpflichtung zum Abschluss eines Arbeitsvertrages streiten, ist die Interessenlage nicht anders zu bewerten als im Fall einer Kündigungsschutzklage. Würde beim Streit um das Zustandekommen des Arbeitsvertrages, der auch dann, wenn ein obsiegendes Urteil ergehen sollte, vom Arbeitgeber innerhalb der ersten 6 Monate ohne Begründung gekündigt werden könnte, als Wert die Dreijahresvergütung angesetzt, während im Fall einer Kündigung dieses erstrittenen Arbeitsverhältnisses innerhalb der ersten 6 Monate nur ein Monatsentgelt festgesetzt würde, ergäben sich nicht vertretbare Diskrepanzen. Das wird besonders im vorliegenden Fall deutlich, da die Klägerin – nach ihrem Vortrag im Vertrauen auf eine Zusage – die Klagefrist nach Ablauf der letzten Befristung versäumt hatte und daher nicht mehr Feststellung beantragen konnte, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch Fristablauf geendet hatte. Sie wollte mit ihrer Klage so gestellt werden, als wäre das Arbeitsverhältnis – nach einer kurzen Unterbrechung – fortgesetzt worden. Daher ist eine entsprechende Anwendung des § 12 Abs. 7 ArbGG geboten. Zweck dieser Norm ist es, in Arbeitsstreitigkeiten den Streitwert – und damit die Kosten – gering zu halten. Wieso dieser sozialpolitische Zweck im vorliegenden Fall nicht gelten sollte, ist nicht ersichtlich. Die Interessenlage gebietet somit auch hier eine Anwendung des § 12 Abs. 7 ArbGG.

Der Antrag auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages ist angesichts der kurzen Dauer der letzten Befristung gem. § 12 Abs. 7 ArbGG mit 1 Monatsgehalt zu bewerten. Dies ist der von der Klägerin in der Berufungsbegründung angegebene Betrag von 2.985,77 DM. Der Wert des Zahlungsantrags ergibt sich gem. §§ 3 ff. ZPO, 12 ff. GKG mit dem geforderten Betrag.

Die Addition der für beide Anträge einzusetzenden Beträge kann nicht erfolgen. Es liegt vielmehr wirtschaftliche Identität beider Klagziele vor. Das gilt auch, soweit die Klägerin Zahlung aus dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes verlangt. Denn sie will insgesamt so gestellt werden, als wäre eine Wiedereinstellung bereits im Juli 2000 erfolgt. Hätte sie sogleich einen Wiedereinstellungsantrag gestellt und die Vergütungsansprüche geltend gemacht, wären diese, jedenfalls bis zur Höhe einer Vierteljahresvergütung auf den Feststellungsantrag angerechnet worden.

 

Unterschriften

Die Vorsitzende der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts gez. Willikonsky Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht

 

Fundstellen

Haufe-Index 624986

FA 2002, 88

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