Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert für Beschlussverfahren um den Fortbestand des Mandats eines siebenköpfigen Betriebsrats nach Verschmelzung zweier Unternehmen. Bestimmung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Vergütung nach bisherigem Recht
Leitsatz (amtlich)
1. Die Rechtsanwaltsvergütung ist nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist, § 60 Satz 1 Alt. 1 RVG. Diese Vorschrift gilt im gesamten Bereich des RVG, mithin auch bei der Wertfestsetzung nach § 23 Abs. 3 RVG.
2. Der Wert eines Wahlanfechtungsverfahrens ist für einen einköpfigen Betriebsrat in Höhe des zweifachen des Ausgangswertes des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG festzusetzen. Dieser Wert wird für jede Stufe des § 9 BetrVG um den halben Ausgangswert erhöht. Unter Zugrundelegung der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG (Ausgangswert: 4.000,00 €) beträgt der Gegenstandswert eines Wahlanfechtungsverfahrens um einen 7-köpfigen Betriebsrat 14.000,00 €.
3. Bei der Wertfestsetzung in einem arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit um den Fortbestand des Betriebsratsmandats aufgrund eines Betriebsübergans oder einer Verschmelzung zweier Unternehmen sind ebenfalls die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Wertfestsetzung eines Beschlussverfahrens um die Anfechtung einer Betriebsratswahl zugrunde zu legen.
Normenkette
RVG § 60 S. 1, § 23 Abs. 3, §§ 15, 23 Abs. 3 S. 2, § 60 S. 1 Alt. 1
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 15.10.2014; Aktenzeichen 4 BV 1 a/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 15.10.2014, Az. 4 BV 1 a/14, abgeändert und der Wert des Gegenstandes für die anwaltliche Tätigkeit festgesetzt auf
14.000,00 €.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren über die Gegenstandswertfestsetzung in einem Beschlussverfahren.
In dem Ende April 2013 eingeleiteten Hauptsacheverfahren nahm der Betriebsrat (Bet. zu 1) die Arbeitgeberin (Bet. 2) auf Fortbestand seines Mandats in Anspruch, nachdem die t. Verbrauchermarkt GmbH auf die R. Markt GmbH nach dem Umwandlungsgesetz verschmolzen war. Bei dem Betriebsrat handelt es sich um den bei dem SB-Warenhaus der t. Verbrauchermarkt GmbH in H.-T. gebildeten 7-köpfigen Betriebsrat.
Der Betriebsrat hat beantragt,
festzustellen, dass seine Amtszeit nicht mit der rechtswirksamen Verschmelzung der t. Verbrauchermarkt GmbH auf den übernehmenden Rechtsträger, die R. Markt GmbH mit Sitz in K., geendet hat, sondern darüber hinaus fortbesteht.
Nachdem das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 24.07.2014 dem Antrag stattgegeben hatte, hat der Betriebsrat seinen Antrag mit Zustimmung der übrigen Beteiligten zurückgenommen.
Auf Antrag des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 15.10.2014 den Gegenstandswert auf € 27.500,00 festgesetzt. Mit dem Arbeitsgericht Köln (1 BV 307/13) sei von dem doppelten Hilfswert gemäß § 23 Abs. 3 RVG (2 x 5.000,00 €) zuzüglich sieben Mal den hälftigen Hilfswert (7 x 2.500,00 €) auszugehen. § 60 RVG sei für die gerichtliche Wertfestsetzung nicht maßgebend. Im Arbeitsgerichtsverfahren werde die Vergütung des Rechtsanwalts erst fällig mit Beendigung des Verfahrens, § 6 Abs. 3 GKG i.V.m. § 9 Abs. 2 Ziff. 2 GKG. Insoweit bestehe keine Veranlassung den alten Hilfswert in Höhe von 4.000,00 zugrunde zu legen.
Gegen diesen ihr am 24.10.2014 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin, die Bet. zu 2), am 03.11.2014 beim Arbeitsgericht sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Arbeitgeberin meint,
das Arbeitsgericht setze bei der Ermittlung des Gegenstandswertes willkürlich unter Missachtung der gesetzlichen Regelung in § 60 RVG einen überhöhten Ausgangswert an. Auszugehen sei vom bis zum 30.07.2013 geltenden Hilfswertwert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, mithin von 4.000,00 €. Der Betriebsrat habe bereits am 23.04.2013 seinen Verfahrensbevollmächtigten den unbedingten Auftrag zur Durchführung dieses Beschlussverfahrens gegeben. Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hätten in einer Vielzahl von Fällen gleichartige Anträge gestellt, ohne aus Kostengründen ein Musterverfahren durchzuführen. Zudem habe das Arbeitsgericht verkannt, dass der Arbeitgeber bei einer erfolgreichen Wahlanfechtung auch immer die Kosten für eine Neuwahl zu tragen habe. Dieses Kostenrisiko bestehe bei einem Kompetenzstreit zweier Betriebsräte nicht. Faktisch gehe es nur um die Klärung einer Vorfrage zur Betriebsratswahl, nämlich der betrieblichen Organisation ihres Unternehmens. Wenn es wie im hiesigen Verfahren nur um einen Teilaspekt einer Betriebsratswahl gehe, belaufe sich der Streitwert auf die Hälfte des Ausgangswertes, d. h. auf 2.000,00 €. Wollte man hingegen für die Festsetzung des Gegenstandswertes die Grundsätze für die Wahlanfechtung zugrunde legen, ergebe sich der hier beantragte Wert von 8.000,00 €. Hilfsweise be...