Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Werden Parteien als einfache Streitgenossen in Anspruch genommen und haben diese unterschiedliche allgemeine Gerichtsstände, ohne dass sie einen gemeinsamen besonderen Gerichtsstand haben, so kommt grundsätzlich jedes Gericht als örtlich zuständig in Betracht, in dessen Bezirk einer der Streitgenossen einen allgemeinen Gerichtsstand hat. Die Bestimmung folgt dann nach Zweckmäßigkeitserwägungen. Solche können sein, dass einer der Streitgenossen eine Niederlassung am Ort des allgemeinen Gerichtsstands des anderen Streitgenossen hat sowie dass die klagende Partei dort wohnt. Ebenfalls zu berücksichtigen ist aus Kostengesichtspunkten der Ort der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten sowie prozessökonomische Gründe.

 

Normenkette

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Aktenzeichen 1 Ca 1656 b/11)

 

Tenor

Für die Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits ist das Arbeitsgericht H. örtlich zuständig.

 

Tatbestand

I.

Der am …1957 geborene Kläger ist seit 1994 bei der Gemeinschuldnerin als Radio- und Fernsehtechniker beschäftigt. Am 29.09.2011 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts P. das Insolvenzverfahren über die Gemeinschuldnerin eröffnet und der Beklagte zu 1. zum Insolvenzverwalter bestimmt. Mit Schreiben vom 30.09.2011 kündigte dieser das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.12.2011.

Hiergegen hat der Kläger am 19.10.2011 Klage erhoben und diese mit Schriftsatz vom 15.11.2011 gegen die Beklagte zu 2. erweitert. Nach Auffassung des Klägers hat diese den Betriebsteil, in dem er beschäftigt war, übernommen.

Die Beklagte zu 2. hat ihren Sitz in H.. Sie nutzt ferner Geschäftsräume in N., das zum Arbeitsgerichtsbezirk des Arbeitsgerichts N. gehört. Geschäftsräume oder eine Niederlassung im Gerichtsbezirk des Arbeitsgerichts E. hat sie nicht.

Der Kläger trägt vor, in N. unterhalte die Beklagte zu 2. eine Niederlassung, was diese bestreitet.

Die Beklagte zu 2. hat die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts E. gerügt.

Der Kläger hat folgende Anträge angekündigt:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30.09.2011 nicht beendet wird.
  2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht.
  3. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. und/oder 2. wird die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Radio- und Fernsehtechniker weiter zu beschäftigen.
  4. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte zu 2. im Wege des § 613 a BGB übergegangen ist.
  5. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 4. die Beklagte zu 2. zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Radio- und Fernsehtechniker weiter zu beschäftigen.

Die Beklagten haben Anträge auf Klageabweisung angekündigt.

Mit Schriftsatz vom 30.12.2011 hat der Kläger beantragt,

den Rechtsstreit dem Landesarbeitsgericht S.H. nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zur Bestimmung, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig ist, vorzulegen,

sowie

hilfsweise,

den Rechtsstreit insgesamt an das Arbeitsgericht H. als örtlich zuständiges Arbeitsgericht zu verweisen.

Das Arbeitsgericht E. hat mit Beschluss vom 30.12.2011 dem Antrag des Klägers auf Vorlage des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts entsprochen.

Wegen des weiteren Inhalts des Sach- und Streitstands wird auf die Akte verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Als örtlich zuständiges Arbeitsgericht wird das Arbeitsgericht H. bestimmt.

1. Die Vorlage des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht S.-H. ist zulässig.

a) Ein Antrag des Klägers auf Vorlage des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht liegt vor. Unschädlich ist, dass dieser erst nach Klageerhebung gestellt wurde. Zwar legt der Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nahe, dass der Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung bereits vor der Klageerhebung zu stellen ist. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass dieser Antrag auch nach Rechtshängigkeit der Klage nachgeholt werden kann. Dies ist insbesondere dann noch möglich, wenn das Verfahren noch nicht zu weit fortgeschritten ist, etwa deshalb, weil bereits eine Beweisaufnahme durchgeführt oder der Rechtsstreit gegen eine Partei entschieden worden ist (BAG, Beschluss vom 25.04.1996 – 5 AS 1/96 – Juris).

Danach bestehen gegen eine Zuständigkeitsbestimmung im jetzigen frühen Stadium des Prozesses keine Bedenken. Es hat noch nicht einmal ein Gütetermin mit der Beklagten zu 2. stattgefunden.

b) Für die Entscheidung ist das Landesarbeitsgericht S.-H. örtlich zuständig. Nach der für die Arbeitsgerichtsbarkeit entsprechenden Anwendung von § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. 46 Abs. 2 ArbGG ist das Landesarbeitsgericht, in dessen Bezirk das mit der Sache zuerst befasste Arbeitsgericht liegt, für die Bestimmung des zuständigen Gerichts zuständig. Zu...

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