Entscheidungsstichwort (Thema)
Einblick in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter. Aufschlüsselungspflicht. Pflicht des Arbeitgebers zur Aufschlüsselung des Bruttoentgelts in den Lohn- und Gehaltslisten
Leitsatz (amtlich)
Das Einblicksrecht erstreckt sich auf alle Lohnbestandteile unabhängig von ihrem individuellen oder kollektiven Charakter. Der Arbeitgeber hat das Bruttoentgelt nach seinen einzelnen Bestandteilen (z. B. Grundgehalt, Überstundenvergütung, Gratifikationen, Sondervergütungen, Zulagen, Prämien usw.) aufzuschlüsseln.
Normenkette
BetrVG § 80 Abs. 2 Sätze 1, 2 2. HS
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Beschluss vom 13.07.2006; Aktenzeichen 1 BV 12/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 13.07.2006 – 1 BV 12/06 – teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:
Die Beteiligte zu 2. wird verpflichtet, dem Lohnausschuss des Antragstellers Einsichtnahme in die Bruttogehaltslisten sämtlicher Angestellter mit Ausnahme der leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG zu gewähren, wobei die Bruttogehälter hinsichtlich aller Lohnbestandteile unabhängig von ihrem individuellen oder kollektiven Charakter aufzuschlüsseln sind. Die Aufschlüsselung hat zumindest folgende Angaben zu enthalten:
- Tarifgehalt,
- Zulagen jeder Art unter Bezeichnung, wofür sie gezahlt werden,
- Gehaltsgruppe des Tarifvertrags einschließlich der Tätigkeitsjahre.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligte zu 2. zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Betriebsrats (Beteiligter zu 1. und Antragsteller) auf Einsicht in die Bruttogehaltslisten der Angestellten und insbesondere über die Pflicht der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2. und Antragsgegnerin) zur Aufschlüsselung der Daten.
Die Arbeitgeberin stellt Teppichauslegeware her. Sie beschäftigt etwa 360 Arbeitnehmer. Darunter befinden sich etwa 85 Angestellte (kaufmännische und technische Angestellte sowie Meister). Der antragstellende Betriebsrat hat einen Lohnausschuss gebildet, dem 5 Mitglieder angehören.
Am 14.02.2006 nahm der Lohnausschuss Einsicht in die Gehaltslisten der Angestellten. Ihm wurde eine mit Datum 10.02.2006 versehene Liste (Anlage AG 1 = Bl. 19 f. d. A.) überlassen, in der die Angestellten in alphabetischer Reihenfolge mit ihrem jeweiligen Bruttogehalt aufgeführt sind. Daraufhin bat der Betriebsrat die Arbeitgeberin erfolglos, dem Lohnausschuss Einsicht in Bruttogehaltslisten zu gewähren, die die tariflichen Gehaltsgruppen und die Tätigkeitsjahre erkennen lassen. Im Laufe des Verfahrens begehrte der Betriebsrat weitere Angaben in den Bruttogehaltslisten.
Der Betriebsrat hat gemeint, die Arbeitgeberin müsse den Status des Angestellten mitteilen, weil es für kaufmännische Angestellte, technische Angestellte und Meister unterschiedliche Tarifgruppen gebe. Ihm sei keineswegs bekannt, welcher Gruppe die Angestellten jeweils angehörten. Die Angabe der aktuellen Tarifgruppe sowie der Tätigkeitsjahre sei erforderlich, um die korrekte Umsetzung der Ein- und Umgruppierung sowie der Tarifsteigerungen zu kontrollieren. Erst durch die Aufschlüsselung des Bruttoentgelts werde der Betriebsrat in die Lage versetzt, zu prüfen, ob ein betriebliches Zulagensystem bestehe. Das Einblicksrecht sei weder von einer Begründung noch von einem konkreten Anlass abhängig. Die Arbeitgeberin werde mit dem Begehren nicht überfordert, denn sie verfüge über ein EDV gestütztes Gehaltsabrechnungssystem, in welchem die genannten Merkmale gespeichert seien.
Der Betriebsrat hat beantragt:
Die Antragstellerin wird verpflichtet, dem Lohnausschuss des Betriebsrats Einsichtnahme in die Bruttogehaltslisten sämtlicher Angestellten mit Ausnahme der leitenden Angestellten zu gewähren, wobei die Bruttogehälter hinsichtlich aller Lohnbestandteile unabhängig von ihrem individuellen oder kollektiven Charakter aufzuschlüsseln sind. Die Aufschlüsselung hat zumindest folgende Angaben zu enthalten:
- Angabe zum Status als kaufmännischer Angestellter, technischer Angestellter oder Meister,
- Gehaltsgruppe des Tarifvertrags einschließlich der Tätigkeitsjahre,
- Tarifgehalt,
- Zulagen jeder Art unter Bezeichnung, wofür sie gegeben werden.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat gemeint, sie habe den Anspruch des Betriebsrats durch Vorlage der Liste mit Datum 10.02.2006 erfüllt. Der Betriebsrat könne nicht verlangen, dass eine Bruttogehaltsliste der Angestellten mit den gewünschten Merkmalen erstellt werde. In der dem Lohnausschuss vorgelegten Liste seien sämtliche eventuell bestehenden Zulagen und Zuschläge enthalten. Weil der Betriebsrat an Ein- und Umgruppierungen beteiligt gewesen sei, kenne er die Gehaltsgruppe aller Angestellten. Das Tarifgehalt ergebe sich aus dem Gehaltstarifvertrag. Ein Anspruch auf Bezeichnung der Tätigkeit bestehe nicht, denn der Betriebsrat wisse, wer kaufmännischer Angestellter, technischer Angeste...