Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagerücknahme

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Frage, ob die Parteien i.S.v. § 54 Abs. 5 ArbGG verhandelt haben, kommt es nicht darauf an, dass sie ihre Anträge stellen.

2. Teilen die Parteien dem Gericht im Gütetermin übereinstimmend mit, dass noch außergerichtliche Möglichkeiten einer Lösung geprüft werden sollen und ordnet das Gericht daraufhin das Ruhen des Verfahrens an, so tritt die Klagerücknahmefiktion nicht ein, denn die Parteien haben verhandelt.

 

Normenkette

ZPO § 269 Abs. 3; ArbGG § 54 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Beschluss vom 13.04.2011; Aktenzeichen 4 Ca 338 b/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 13.04.2011 – Az. 4 Ca 338 d/11 – aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Klage als nicht zurückgenommen gilt. Das Arbeitsgericht hat in der Sache Termin zur streitigen Verhandlung vor der Kammer anzuberaumen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts, mit dem es festgestellt hat, dass die Klage als zurückgenommen gilt und die Fortsetzung des Verfahrens abgelehnt hat.

Mit seiner am 23.07.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrte der Kläger Überstundenvergütung sowie Herausgabe eines Zeugnisses und einer Verdienstbescheinigung. Zum Gütetermin am 01.09.2009 erschienen der Kläger und die Inhaberin der Beklagten, jeweils mit ihren Prozessbevollmächtigten. In der Sitzungsniederschrift ist folgendes festgehalten:

„Der Kläger erklärt:

„Eine Arbeitsbescheinigung habe ich zwischenzeitlich erhalten, insoweit ist der Antrag zu 3) erledigt.”

Die Sach- und Rechtslage wird erörtert.

Die Parteien-Vertreter erklären übereinstimmend:

„Es sollen noch außergerichtliche Möglichkeiten einer Lösung geprüft werden. Dazu wird die Klägerseite zunächst ihre Grundlage der Überstundenberechnung und der dahinterstehenden tatsächlichen Umstände der Beklagten außergerichtlich zuleiten.”

B. u. v.:

Vor diesem Hintergrund wird das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Neuer Termin auf Antrag einer der Parteien.”

Mit Schriftsatz vom 27.12.2010 beantragte der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens und Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung. Zu dem Überstundenvergütungsanspruch führt er weiter aus.

Das Arbeitsgericht beraumte einen weiteren Gütetermin an, in dem die Beklagte beantragte, nach § 269 Abs. 3 ZPO die Klagrücknahme durch Beschluss festzustellen.

Mit Beschluss vom 13.04.2011 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Klage als zurückgenommen gilt (Bl. 21 f. d. A.). Gegen diesen ihm am 19.04.2011 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 02.05.2011 sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus, das Arbeitsgericht habe seine Entscheidung fälschlicherweise auf § 54 Abs. 5 ArbGG gestützt. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen nicht vor. Die Parteien seien zur Güteverhandlung erschienen und hätten dort auch verhandelt.

Der Kläger beantragt,

  1. der Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 13.04.2011 – Az. 4 Ca 338 b/11 – wird aufgehoben.
  2. Es wird festgestellt, dass die Klage als zurückgenommen gilt.
  3. In der Sache Termin zur streitigen Verhandlung vor der Kammer anzuberaumen, hilfsweise für den Fall, dass der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen wird, die Sache durch das Beschwerdegericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Arbeitsgericht Elmshorn zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die sofortige Beschwerde des Klägers vom 27.04.2011 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 13.04.2011 – Az. 4 Ca 338 b/11 – zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Für die Rücknahmefiktion des § 54 Abs. 5 ArbGG komme es allein darauf an, ob die Parteien des Rechtsstreits im Termin „ausreichend” verhandeln wollten. Das sei hier nicht der Fall gewesen.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft. Das ergibt sich aus einer erweiternden Anwendung von § 252 ZPO. Nach dieser Bestimmung ist gegen die Entscheidung, durch die aufgrund von gesetzlichen Vorschriften u. a. die Aussetzung des Verfahrens angeordnet wird, die sofortige Beschwerde statthaft. Wenn sogar gegen die – ihrer Natur nach vorübergehende – Aussetzung des Verfahrens das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, gilt dies erst recht, wenn durch eine gerichtliche Entscheidung das Verfahren nicht zur ausgesetzt, sondern eine Beendigung festgestellt wird (vgl. BAG 22.04.2009 – 3 AZB 97/08 – AP ArbGG 1979 § 54 Nr. 1). Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden und damit zulässig.

2. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist die Klagerücknahmefiktion des § 54 Abs. 5 ArbGG nicht eingetreten.

a) Nach § 54 Abs. 5 Satz 1 ArbGG ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien in der Güteverhandlung nicht ers...

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