Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. teilweise Versagung. Erfolgsaussichten. Zurückverweisung an das Arbeitsgericht. Schuldanerkenntnis, notarielles. Sittenwidrigkeit. Anfechtung. Fehlende Erfolgsaussicht eines Feststellungsantrags zur Höhe des durch Schuldanerkenntnis bestätigten Schadensbetrages
Leitsatz (redaktionell)
1. Hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Obsiegen des Antragstellers besteht; der Rechtsstandpunkt des Antragstellers muss aus Sicht des Gerichts zumindest vertretbar und der Prozesserfolg unter Berücksichtigung des gegnerischen Prozessvorbringens wahrscheinlich sein.
2. Hat der Arbeitnehmer nach vermögensschädigenden Handlungen zulasten der Arbeitgeberin im Rahmen eines notariellen Schuldanerkenntnisses einen Schadensbetrag anerkannt, ist er mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er bei Abgabe des notariellen Schuldanerkenntnisses kannte oder mit denen er zumindest rechnete; dazu gehören nicht nur Einreden sondern auch echte rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendungen sowie die Behauptung, das anspruchsbegründende Tatsachen fehlen.
3. Der Beweggrund der Arbeitgeberin, den Arbeitnehmer zur Abgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses zu veranlassen, ist nicht sittenwidrig, wenn der Arbeitnehmer in einem Gespräch mit Mitarbeitern einer Detektei eingeräumt hat, Waren der Arbeitgeberin veräußert und das Geld für sich verwendet zu haben und er dies in einem Gesprächsprotokoll auch bestätigt hat.
Normenkette
BGB § 123 Abs. 1, § 124 Abs. 1-2, § 138 Abs. 1, § 611 Abs. 1, §§ 781, 823 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Entscheidung vom 29.03.2011; Aktenzeichen 5 Ca 2586 c/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der zurückweisende Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 29.03.2011 - 5 Ca 2886 c/10 - teilweise aufgehoben:
Zur Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse wird das Prozesskostenhilfeverfahren an das Arbeitsgericht zurück verwiesen mit der Maßgabe, dass (nur) für den Antrag zu 3. Erfolgsaussicht besteht.
Im übrigen wird die sofortige Beschwerde des Klägers kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Prozesskostenhilfeantrages.
Der Kläger ist gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann. Er war seit 1979 mit einer zweijährigen Unterbrechung bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Der Kläger nahm in den letzten Jahren Waren der Beklagten mit, ohne sie zu bezahlen. Für die Anschaffung eines Laptops vorgesehenes Geld verwendete er für sich. Außerdem verkaufte er Waren der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, ohne entsprechende Einnahmen zu verbuchen. Die Höhe des der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin dadurch entstandenen Schadens ist zwischen den Parteien streitig.
Mitarbeiter der Detektei C... verhörten im Auftrag der Beklagten am 03.06.2009 den Kläger sowie dessen Kollegen H... . Der Kläger unterzeichnete ein Gesprächsprotokoll (Anlage K 6 = Bl. 16 ff d. A.) sowie eine Aufhebungsvereinbarung (Anlage K 7 = Bl. 19 d. A.). Anschließend erklärten der Kläger und Herr H... bei dem Notar C.S... in K... ein Schuldanerkenntnis (Anlage K 1 = Bl. 9 ff d. A.). Sie erkannten an, der Beklagten den fälligen Betrag von 50.000,00 EUR zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 03.06.2009 als Gesamtschuldner zu schulden. Sie unterwarfen sich ausweislich der notariellen Urkunde hinsichtlich des Schuldbetrages und der Zinsen der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen.
Die Beklagte betreibt die Zwangsvollstreckung aus dem notariellen Schuldanerkenntnis vom 03.06.2009 (vgl. Bl. 29 ff. d. A.).
Mit Schriftsatz vom 01.02.2011 sowie mit Schreiben vom 28.02.2011 ließ der Kläger die Anfechtung des Schuldanerkenntnisses erklären.
Der Kläger hat behauptet, die Mitarbeiter der Detektei hätten mehrfach damit gedroht, die Polizei zu rufen und Strafanzeige zu erstatten. Angesichts der Äußerungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Gütetermin am 18.01.2011 stehe die Drohung mit der Strafanzeige sowie mit weiteren Schadensersatzansprüchen weiter im Raum. Er, der Kläger, habe das Schuldanerkenntnis nicht aus freien Stücken unterzeichnet. Vielmehr sei er zum Notar gefahren worden. Die Beklagte wisse, dass der von ihm verursachte Schaden nur ein Bruchteil von 50.000,00 EUR ausmache.
Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für folgende Anträge:
1. festzustellen, dass der mit notariellem Schulanerkenntnis vom 03.06.2009 (UR-Nr. 132/09 des Notars C.S... in K...) titulierte Zahlungsanspruch in Höhe von 50.000,00 EUR zzgl. Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 03.06.2009 nur in Höhe von 3.500,00 EUR zzgl. Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 03.06.2009 besteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, die ihr erteilte vollstr...