Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH. Prozesskostenhilfe. Erfolgsaussicht. Kündigung. minderjährige Arbeitnehmerin. Erklärungsbote. Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einem Minderjährigen
Leitsatz (amtlich)
Übergibt ein Arbeitgeber einem minderjährigen Arbeitnehmer das an die Eltern gerichtete Kündigungsschreiben mit der Bitte, dies den Eltern zu übergeben, so handelt der Minderjährige als Erklärungsbote des Arbeitgebers.
Normenkette
ZPO § 114; BGB §§ 131, 1626, 130; BBiG § 22 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Beschluss vom 06.02.2008; Aktenzeichen 6 Ca 3294/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 6.2.2008 – 6 Ca 3294/07 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit ihrer Beschwerde erstrebt die Klägerin Bewilligung der Prozesskostenhilfe.
Die Klägerin ist 1990 geboren und stand seit dem 20.08.2007 in einem Ausbildungsverhältnis mit der Beklagten. Nach Anhörung des Betriebsrats mit Schreiben vom 07.11.2007 kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis innerhalb der Probezeit zum 16.11.2007. Dabei fertigte die Beklagte am gleichen Tag zwei Kündigungsschreiben. Das erste Schreiben war an die Klägerin adressiert, das zweite an ihre Eltern. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kündigungsschreiben vom 16.11.2007 verwiesen (Bl. 21 f. d. A.). Beide Schreiben wurden der Klägerin gegen Unterschrift mit der Bitte um Aushändigung an die Eltern übergeben. Die Klägerin zeigte beide Schreiben ihren Eltern.
Nach dem Spruch des Schlichtungsausschusses der IHK Lübeck vom 20.12.2007, den die Beklagte nicht anerkannt hat, hat die Klägerin am 21.12.2007 Klage erhoben vor dem Arbeitsgericht Lübeck. Sie hat beantragt,
festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis durch die Kündigung vom 16.11.07, zugegangen am 16.11.07, nicht aufgelöst worden ist, sondern weiter fortbesteht.
Zugleich hat sie beantragt, ihr hierfür Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Zur Begründung der Klage hat sie vorgetragen, die an sie adressierte Kündigung sei wegen Formmangels unwirksam. Denn sie sei ihren Sorgeberechtigten nicht zugestellt worden.
In der mündlichen Verhandlung vom 31.1.2008, in der die Parteien sich dahingehend verglichen haben, dass das Ausbildungsverhältnis beendet werde, hat die Klägerin erklärt, sie habe beide Kündigungsschreiben erhalten und ihren Eltern gezeigt. Mit Beschluss vom 06.02.2008 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Zwar sei die an die Klägerin direkt gerichtete Kündigung unwirksam. Allerdings sei die an die Eltern gerichtete Kündigung wirksam, da sie den Eltern zugegangen sei und nicht innerhalb der Frist des § 4 S. 1 KSchG angegriffen wurde. Die Klägerin sei Botin der Beklagten gewesen.
Gegen diesen am 07.02.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 03.03.2008 beim Arbeitsgericht eingegangene Beschwerde. Die Klägerin vertritt die Auffassung, es liege nur eine Kündigungserklärung vor. Diese Kündigung sei einmal an die Klägerin und einmal an die Eltern adressiert worden. Im Übrigen sei die Klägerin nicht Botin der Beklagten gewesen, da ein förmlicher Auftrag fehle. Die Eltern der Klägerin hätten nur zufällig von der Kündigung erfahren. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat nicht Erfolg.
Die Beschwerde ist gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig, jedoch nicht begründet.
Gem. § 114 ZPO erhält eine Partei Prozesskostenhilfe, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht liegt nicht vor. Das Vorgehen der Klägerin gegen die Kündigung vom 16.11.2007 bietet aufgrund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
1. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht der vom Arbeitsgericht vorgenommenen Begründung nicht gänzlich folgen kann. Der Auffassung des Arbeitsgerichts, es lägen zwei eigenständige Kündigungserklärungen vor, kann nicht zugestimmt werden. Vielmehr hat die Beklagte lediglich eine Kündigung ausgesprochen. Das Arbeitsgericht hat zwar zu Recht festgestellt, dass eine direkt an die – minderjährige – Klägerin gerichtete Kündigung unwirksam wäre. Voraussetzung ihrer Wirksamkeit ist der Zugang beim Empfänger. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einem minderjährigen Arbeitnehmer muss nach § 131 BGB gegenüber dem gesetzlichen Vertreter erklärt werden. Das sind die Eltern, § 1626 BGB, die allein zur Entgegennahme der Kündigung befugt sind. Notwendig ist, dass die Erklärung an den gesetzlichen Vertreter gerichtet ist. Es reicht nicht, dass dieser zufällig von dem Schreiben an den Minderjährigen erfährt (Palandt/Heinrichs...