Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung der beim unzuständigen Gericht angefallenen Verfahrensgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Rechtsstreit vom Landgericht an das Arbeitsgericht verwiesen, hat der Kläger, der das unzuständige Gericht angerufen hat, dem Beklagten dessen beim Landgericht entstandenen Anwaltskosten nebst Auslagen zu erstatten, § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Für die Erstattungsfähigkeit der beim unzuständigen Gericht angefallenen Verfahrensgebühr kommt es nicht darauf an, dass sich der Beklagte in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren auch weiterhin anwaltlich hat vertreten lassen.

 

Normenkette

ArbGG § 12a Abs. 1 Sätze 1, 3, § 46 Abs. 2 S. 1; ZPO § 91 Abs. 2; RVG-VV Nrn. 3100, 7002

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Entscheidung vom 16.10.2012; Aktenzeichen 1 Ca 949 d/12)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 16.10.2012 aufgehoben und das Kostenfestsetzungsverfahren an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.

Das Arbeitsgericht wird angewiesen, über den Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten vom 17.07.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts neu zu entscheiden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Der Beschwerdewert wird auf € 546,69 festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die sofortige Beschwerde des Klägers richtet sich gegen einen zurückweisenden Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers.

Im Hauptsacheverfahren hatte der Kläger zur Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs über € 8.358,85 gegen den Beklagten vor dem Amtsgericht einen Mahnbescheid beantragt, der auch erlassen wurde. Nach Widerspruch des Beklagten stellte der Kläger einen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens vor dem Landgericht. Der anwaltlich vertretene Beklagte rügte die sachliche Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Mit Beschluss vom 30.04.2012 hat sich das Landgericht für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das sachlich und örtlich zuständige Arbeitsgericht in Kiel verwiesen.

Im Gütetermin schlossen die Parteien folgenden Prozessvergleich:

"1. Der Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger insgesamt € 1.000,00 zu zahlen.

2. Die Zahlung ist fällig ...

3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass dieser Vergleich keine Entscheidung darüber beinhaltet, wer die Kosten trägt, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, dass der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit angerufen hat und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat. Die Parteien sind sich darüber einig, dass insoweit die gesetzliche Regelung des § 12 a ArbGG gilt.

4. Damit ist der Rechtsstreit erledigt."

Am 24.07.2012 hat der Beklagte Festsetzung der Verfahrensgebühr gemäß §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG, nebst der Kostenpauschale Nr. 7002 VV RVG inkl. MwSt. in Höhe von insgesamt € 546,69 beantragt, da der Kläger zunächst das unzuständige Landgericht angerufen habe. Die Kostenprivilegierung gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG greife in diesen Fällen nicht.

Mit Beschluss vom 16.10.2012 hat das Arbeitsgericht den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen. Die beantragte Festsetzung der Verfahrensgebühr könne nicht erfolgen, weile diese nicht erstattungsfähig sei. Zwar würden die Kosten durch die getroffene Kostenregelung in Ziff. 3 des Prozessvergleichs vom 26.06.2012 nicht gemäß § 98 ZPO als gegeneinander aufgehoben gelten, es sei stattdessen auf die Regelungen in § 12 a ArbGG verwiesen worden. Anzuwenden sei die Ausnahmeregelung in § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Der Erstattungsantrag beziehe sich zwar auf die vor dem Landgericht entstandene Verfahrensgebühr, jedoch wäre diese bei einer unmittelbaren Anrufung des Arbeitsgerichts unter Beteiligung eines Rechtsanwalts ebenfalls entstanden, sodass es sich nicht um erstattungsfähige Mehrkosten handele. Dem stehe auch der Postulationszwang vor den Landgerichten nicht entgegen. Der Beklagte hätte nach der Verweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht seinem Anwalt wieder das Mandat entziehen können, wenn er eigene Anwaltskosten hätte vermeiden wollen.

Gegen diesen ihm am 19.10.2012 zugestellten Beschluss hat der Beklagte am 24.10.2012 sofortige Beschwerde eingelegt. Die Begründung, die Kosten wären bei der unmittelbaren Anrufung des Arbeitsgerichts unter der Beteiligung eines Rechtsanwalts ebenfalls entstanden, sei nicht tragfähig, da es sich bei dem Verfahren vor dem Landgericht gemäß § 78 Abs. 1 ZPO um einen Anwaltsprozess gehandelt habe. Seine Anwaltskosten seien aufgrund der Klage vor dem unzuständigen Landgericht zum Zeitpunkt der Verweisung bereits entstanden gewesen.

Mit Beschluss vom 14.11.2012 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Bei der Anrufung des sachlich unzuständigen Landgerichts komme eine Kostenerstattung nur dann in Betracht, wenn der Grund der Beauftragung eines Rechtsanwalts gerade der gesetzlich normierte Anwaltszwang gewesen sei. Aus der Tatsache, dass sich der Beklagte auch vor dem Arbeitsgericht weiterhin von seinem Prozessbevollmächtigten habe vertreten la...

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