REVISION / ZUGELASSEN NEIN
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsstelle. Zuständigkeit. Beschwerde. Popularbeschwerde. Begriff der Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
Die Einigungsstelle ist zuständig für die Behandlung von Beschwerden von Arbeitnehmern, die der Betriebsrat für berechtigt erachtet und über deren Berechtigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat Meinungsverschiedenheiten bestehen. Eine Beschwerde i. S. der §§ 84, 85 BetrVerfG liegt nur vor, wenn a) der Beschwerdeführer eine ihn selbst treffende Beeinträchtigung aus dem Arbeitsverhältnis mitteilt,
b) die die Beeinträchtigung stützenden Tatsachen angibt und
c) Abhilfe begehrt. Liegt eine derartige Beschwerde nicht vor oder ist Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch, ist die Einigungsstelle unzuständig i. S. von § 98 BetrVerfG.
Normenkette
BetrVerfG §§ 84-85; ArbGG § 98; BetrVerfG §§ 81, 83, 86
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Beschluss vom 24.08.1989; Aktenzeichen 1c BV 25/89) |
Tenor
Die Beschwerde des antragstellenden Betriebsrats gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 24. August 1989 – 1c BV 25/89 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der antragstellende Betriebsrat verlangt die Bildung einer 11-köpfigen Einigungsstelle zur Behandlung einer Beschwerde.
Der Arbeitgeber betreibt in Wilster ein Oberflächenbeschichtungsunternehmen. Er rief im Jahre 1989 mehrfach das Arbeitsgericht Elmshorn an, um die vom Betriebsrat zur Einstellung mehrerer Arbeitnehmerinnen verweigerte Zustimmung ersetzen zu lassen. Der Betriebsrat hatte in jenen Verfahren die Zustimmung mit folgender Begründung verweigert:
„… weil
3. die befristete Einstellung gegen den § 1 BeschFG verstößt, weil ein enger sachlicher Zusammenhang der zur Zeit befristeten Arbeitsplätze besteht und damit eine neue Befristung unzulässig ist. Außerdem handelt es sich bei dem vorgesehenen Arbeitsplatz nicht um einen neuen, zusätzlichen Arbeitsplatz. Die dortigen Arbeitsplätze sind bereits seit über 10 Jahren vorhanden!
4. da die Folge der Einstellung die konkrete Gefahr ist, daß bereits beschäftigte Arbeitnehmerinnen gekündigt oder nicht weiter beschäftigt werden. Insbesondere werden die 6 Arbeitnehmerinnen
- Frau B.
- Frau W.
- Frau T.
- Frau U.
- Frau Z.
- Frau T.
benachteiligt und weiterhin unter der Sozialversicherungsgrenze arbeiten müssen. Außerdem werden die bereits fest eingestellten Mitarbeiterinnen des Stammpersonals zunehmend belastet, da sie die neuen Mitarbeiterinnen zusätzlich einarbeiten müssen. Außerdem werden diese auch noch zusätzlich benachteiligt, indem von den befristet Eingestellten ein erhöhter Leistungsdruck ausgeht.
5. die betroffene Mitarbeiterin ohne Grund benachteiligt werden würde, da sie nur befristet arbeiten soll, obwohl lt. Schreiben der Geschäftsführung vom 13.04.1989 definitiv bis zum Geschäftsjahr 1991/92 ausreichend Arbeit vorhanden ist. Sie wird gegenüber den vergleichbaren Arbeitnehmern schlechter behandelt, da ihr grundlegend Arbeitnehmerschutzrechte (Kündigungsschutz etc.) vorenthalten werden. Der Betriebsrat sieht in dieser personellen Einzelmaßnahme einen unmittelbaren Zusammenhang zu den vorherigen, vom Betriebsrat mit Schreiben vom 17.04.1989 begründet abgelehnten Personalanforderungen…”.
Ein von 31 Arbeitnehmern des Betriebes des Arbeitgebers an den Betriebsrat gerichtetes Schreiben vom 25. April 1989 ist überschrieben mit „betrifft: Beschwerde nach § 85 des Betriebsverfassungsgesetzes” und hat folgenden Wortlaut:
Lieber Betriebsrat,
wir möchten uns darüber bei Euch beschweren, daß wir so viele Kolleginnen hauen, die befristet eingestellt sind und auch noch einige, die auf 450,– DM Basis arbeiten müssen und damit unter der Sozialversicherungsgrenze liegen.
Leider haben wir zu hören bekommen, daß Neueinstellungen auch nur noch befristet vorgenommen werden sollen.
Wir wollen keine Ungleichbehandlung von Stammbelegschaft und einer immer größer werdenden Randbelegschaft.
Das Arbeitsklima wird dadurch wesentlich verschlechtert. Die Kolleginnen müssen oft erst eingearbeitet werden und sind dann nach einiger Zeit wieder weg. Hinzu kommt, daß dadurch der Leistungsdruck immer größer für uns wird.
Eine Kollegin, die befristet arbeitet, wird alles tun, was die Firma verlangt, in der Hoffnung, dadurch fest eingestellt zu werden. Dadurch entsteht bei uns Besorgnis um „unseren” Arbeitsplatz und Unruhe!
Einige von uns fühlen sich schon ganz krank und die Unlust zur Arbeit verstärkt sich. Hinzu kommt, daß durch immer wieder wechselnde Arbeitskolleginnen der Ausschuß höher und höher wird und wir auf Dauer nicht allen Aufträgen rechtzeitig genug nachkommen können.
Darum bitten wir Euch in dieser Frage beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken, damit dieser Zustand beendet wird. Dies meinen wir doch wohl im Interesse der Firma und eines guten Arbeitsklimas!
Name … Unterschrift
Der Betriebsrat erachtete in seiner Sitzung vom 28. April 1989 die Beschwerde für berechtigt und leitete sie an den Arbeitgeber weiter. Der Arbeitgeber ließ unter dem 09. Mai 1989 von seinen Bevollmächtigten dem Betriebsratsvo...