Entscheidungsstichwort (Thema)
Interessenausgleich. Bundesagentur für Arbeit. Einigungsstelle
Leitsatz (amtlich)
Das Vermittlungsersuchen des Betriebsrats an den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit hindert nicht die Anrufung der Einigungsstelle durch den Arbeitgeber.
Normenkette
BetrVG § 112 Abs. 2; ArbGG § 98
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Beschluss vom 31.07.2007; Aktenzeichen 3 BV 47 e/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 31.07.2007 – 3 BV 47 e/07 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle. Der Antragsgegner ist Betriebsrat im Betrieb der Antragstellerin (Arbeitgeberin).
Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat am 26. April 2007 nach § 111 BetrVG über die von ihr geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen unterrichtet, die den Charakter einer Betriebsänderung haben. Die Maßnahmen sehen auch den Abbau von mehreren hundert Arbeitsplätzen vor. Die Informationsphase ist seit dem 28. Juni 2007 abgeschlossen.
Am 4., 5. und 9. Juli 2007 verhandelten die Beteiligten über einen Interessenausgleich. In einer weiteren Verhandlung am 11. Juli 2007 erklärten die Vertreter des Betriebsrates, aus ihrer Sicht seien die im Rahmen der bisherigen Verhandlungen erarbeiteten reduzierten Abbauzahlen noch deutlich zu hoch und es bestehe weiterer Korrekturbedarf nach unten. Des Weiteren sehe der Betriebsrat auch die Notwendigkeit, die Restrukturierung auf den Bereich Speciality Care zu erstrecken. Die Verhandlungsführer der Arbeitgeberin erwiderten darauf, eine weitere Reduzierung der abzubauenden Arbeitsplätze komme nicht in Betracht und die Arbeitgeberin halte auch an ihren Planungen fest, insbesondere den Bereich Speciality Care unangetastet zu lassen. Auf der Basis der geäußerten Erwartungen des Betriebsrats sei eine Einigung nicht möglich.
Mit Schreiben vom 12. Juli 2007 an den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates rief die Arbeitgeberin unter Bezug auf das bereits in der Verhandlung am 11. Juli 2007 erklärte Scheitern der Verhandlungen über den angestrebten Interessenausgleich die Einigungsstelle an. Sie bat den Betriebsrat um Nachricht bis spätestens 16. Juli 2007, ob er mit dem vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden sowie drei Beisitzern einverstanden sei.
Der Betriebsrat bat mit Schreiben vom 19. Juli 2007 die Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung. Mit Faxschreiben vom 23. Juli 2007 meldete sich der Mitarbeiter K. von der Bundesagentur beim Betriebsrat unter Bezug auf dessen Ersuchen und erklärte die Bereitschaft, die Vermittlung zu übernehmen. Ebenfalls am 23. Juli 2007 nahm K. Kontakt mit dem Betriebsrat auf. Am 24. Juli 2007 erschienen die Herren K. und H. von der Bundesagentur und ließen sich vom Betriebsrat über den Stand der Verhandlungen und insbesondere die streitigen Verhandlungspunkte informieren. Am 27. Juli 2007 waren beide wiederum im Betrieb, um sich bei der Geschäftsführung über den Stand der Verhandlungen zu informieren, beziehungsweise im Hinblick auf die streitigen Verhandlungen nach Einigungsmöglichkeiten zu suchen.
Die Arbeitgeberin hat bereits mit Fax am 20. Juli 2007 beim Arbeitsgericht die Bestellung eines Vorsitzenden einer Einigungsstelle beantragt, die über den Abschluss eines Interessenausgleiches über die in der Unterrichtung vom 26. April 2007 beschriebene Betriebsänderung entscheiden soll.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, die Verhandlungen über einen Interessenausgleich seien gescheitert. Ein Vermittlungsersuchen der Bundesagentur müsse nicht abgewartet werden.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
zum Vorsitzenden der Einigungsstelle, die über den Abschluss eines Interessenausgleichs über die in der Unterrichtung der Antragstellerin vom 26. April 2007 beschriebene Betriebsänderung, insbesondere zu folgenden
Zwecken:
Personalabbau
Um- und Versetzungen
Änderungen der Betriebsabläufe
entscheiden soll, den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt a.D., Herr P. B., zu bestimmen,
- die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf drei festzusetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Anrufung der Einigungsstelle sei wegen der Einschaltung der Bundesagentur für Arbeit unzulässig. Im Übrigen seien die Verhandlungen über einen Interessenausgleich nicht gescheitert, es gebe noch erheblichen Verhandlungsspielraum.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 31. Juli 2007 dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Anrufung der Einigungsstelle durch einen der Beteiligten sei auch dann zulässig, wenn der andere Beteiligte den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersucht habe. Die Antragstellung nach § 112 Abs. 2 BetrVG stehe im Ermessen der Beteiligten und sei keine förmliche Voraussetzung für die Anrufung der Einigungsstelle. Daher brauche das Ergebnis des Vermittlungsversuches nicht abgewartet zu werden. Auch aus dem durch § 98 ArbGG zum Ausdruck komm...