Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Beiordnung eines Rechtsanwalts. Rechtsanwalt, auswärtiger. Beiordnung, Beschränkung der. Mehrkosten. Fahrtkosten, Begrenzung. Verkehrsanwalt. Rechtsanwaltsbeiordnung
Leitsatz (redaktionell)
In Kündigungsstreitigkeiten darf i.d.R. die Beiordnung nicht „zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts” mit der Folge erfolgen, dass Reisekosten nicht erstattet werden.
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 3-4
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Beschluss vom 15.06.2009; Aktenzeichen 3 Ca 456 b/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 15.06.2009 – 3 Ca 456 b/09 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert:
Dem Kläger wird Rechtsanwältin N. als Prozessbevollmächtigte beigeordnet. Mehrkosten, die ihren Grund darin haben, dass die beigeordnete Rechtsanwältin ihre Kanzlei nicht im Bezirk des Prozessgerichts hat, sind nur bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts erstattungsfähig.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die eingeschränkte Rechtsanwaltsbeiordnung. Der Kläger wohnt in Lübeck. Er hat mit der am 30.03.2009 beim Arbeitsgericht Neumünster erhobenen Klage Feststellung und Zahlung begehrt.
Mit am 12.06.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger beantragt, ihm unter Beiordnung von Rechtsanwältin N. Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 15.06.2009 dem Kläger im ersten Rechtszug für den Feststellungsantrag (Antrag zu 1)) Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin N. als Prozessbevollmächtigte zu den Bedingungen eines/ einer im Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwalts/Rechtsanwältin beigeordnet. Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 24.06.2009 Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
II.
Die vom Arbeitsgericht zutreffend als sofortige Beschwerde angesehene Beschwerde hat nur teilweise Erfolg. Der Kläger kann nicht verlangen, dass die Beiordnung der ihn vertretenen Rechtsanwältin ohne jegliche Einschränkung erfolgt.
Gemäß § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden, § 121 Abs. 4 ZPO. Diese beiden Vorschriften sind bei der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu beachten. Bei der Entscheidung über die Beiordnung eines nicht am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts ist stets zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen (LAG Rheinland-Pfalz 11.11.2005 – 2 Ta 259/95 – NZA-RR 2006, 213; LAG Schleswig-Holstein 23.01.2009 – 1 Ta 7 b/09 –). Nur dann, wenn dies verneint wird, darf die Beiordnung „zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts” mit der Folge erfolgen, dass Reisekosten nicht erstattet werden (BGH 23.06.2004 – XII ZB 61/04 – NJW 2004, 2749; LAG Schleswig-Holstein a. a. O.).
Wegen der Entfernung des Wohnorts des Klägers (Lübeck) vom Gerichtssitz (Neumünster) sowie der Beauftragung einer nicht im Gerichtsbezirk des Arbeitsgerichts Neumünster niedergelassenen Rechtsanwältin war daher die zusätzliche Beiordnung eines Verkehrsanwalts gemäß § 121 Abs. 4 ZPO zu prüfen. Bei der Prüfung der „besonderen Umstände” im Sinne des § 121 Abs. 4 ZPO ist zu berücksichtigen, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen eine weitgehende Angleichung der Situation der mittellosen und der nichtbedürftigen Partei bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes geboten ist. Die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Verkehrsanwalts ist in der Regel zweckdienlich und jedenfalls dann erforderlich, wenn die Kosten des Verkehrsanwalts die Reisekosten des nicht am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts nicht wesentlich übersteigen (BGH a. a. O.).
In Anwendung des oben genannten Maßstabs ist die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Verkehrsanwalts zu bejahen. Der Kläger hat sich gegen eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt. Für derartige Sachverhalte ist eine lückenlose anwaltliche Vertretung sachdienlich (vgl. LAG Schleswig-Holstein a. a. O.).
Der Kläger hat aber beantragt, seine Rechtsanwältin als Prozessbevollmächtigte, nicht als Verkehrsanwältin, beizuordnen. Da die Erforderlichkeit eines Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO hier bejaht werden kann, besteht vorliegend nur die Möglichkeit, dass die vom Kläger gewählte Rechtsanwältin mit der Maßgabe beigeordnet wird, dass die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass sie ihre Kanzlei nicht im Bezirk des Prozessgerichts hat, nur bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts erstat...