Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung einer Betriebsratswahl. Wahlberechtigte. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes

 

Leitsatz (redaktionell)

Die in § 5 Abs. 1 S. 3 BetrVG genannten drei Personengruppen sind auch zum Betriebsrat wählbar und zählen bei den Schwellenwerten für die Ermittlung der Betriebsratsgröße in ihrem Einsatzbetrieb mit.

 

Normenkette

BetrVG §§ 19, 5 Abs. 1 S. 3, §§ 7-8

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Beschluss vom 15.10.2010; Aktenzeichen 4 BV 25 b/10)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 12.09.2012; Aktenzeichen 7 ABR 37/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 15.10.2010 – 4 BV 25 b/10 – abgeändert:

Der Antrag der Arbeitgeberin wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer am 27.04.2010 durchgeführten Betriebsratswahl und in diesem Zusammenhang darüber, ob überlassene Arbeitnehmer, auch Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, bei der Betriebsratsgröße mitzählen.

Bei der Beteiligten zu 1. ist am 27. April 2010 die turnusmäßige Betriebsratswahl durchgeführt worden. Dabei ist ein Betriebsrat mit der Größe von 5 Betriebsratsmitgliedern gewählt worden. Die am 25. März 2010 erstellte Wählerliste enthielt insgesamt 63 Personen. Neben 50 Arbeitnehmern, die einen Arbeitsvertrag mit der Beteiligten zu 1. haben, enthielt die Wählerliste weitere 13 Arbeitnehmer, die arbeitsvertraglich nicht mit der Beteiligten zu 1., sondern mit dem Kreis P. (4 Arbeitnehmer) und mit der konzerninternen Gesellschaft G.-Service-GmbH (9 Arbeitnehmer) verbunden sind. Über die Berücksichtigungsfähigkeit der vier arbeitsvertraglich mit dem Kreis P. und der neun arbeitsvertraglich mit der G.-Service-GmbH verbundenen Arbeitnehmer streiten die Beteiligten. Bei einer Anzahl von nur 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern würde der Betriebsrat lediglich aus 3 Betriebsratsmitgliedern bestehen.

Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses und der Konstituierung eines 5-köpfigen Betriebsrates vom 28./29.04.2010 leitete die Beteiligte zu 1. mit Antrag vom 07. Mai 2010 das vorliegende Wahlanfechtungsverfahren ein, mit dem Begehren, die Betriebsratswahl wegen Verkennung von §§ 8 und 9 BetrVG für unwirksam zu erklären. Insoweit hat sie sich u.a. auch auf die gleichgelagerte, anlässlich der Betriebsratswahl 2006 zu einem anderen Unternehmen der G.-Unternehmensgruppe ergangene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 17.01.2007 – 3 TaBV 43/06 gestützt, die aber noch nicht unter dem Geltungsbereich des § 5 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ergangen ist.

Hintergrund der Beschäftigungsstruktur bei der Beteiligten zu 1. ist Folgender:

Dem Kreis P. obliegt kraft Gesetzes die Aufgabe der Abfallentsorgung. Ursprünglich erledigte er die Aufgabe mit bei ihm angestellten Mitarbeitern selbst. Soweit hier von Interesse, übertrug der Kreis P. 1984 die Abfallentsorgung mittels entsprechender Verträge u.a. der G. (Gesellschaft für A. und A. GmbH), der Beteiligten zu 1.. Die G. war zu diesem Zeitpunkt eine hundertprozentige Tochter des Kreises P.. Der Kreis P. ist heute nur noch mit 51% an der „G.-Unternehmensgruppe” beteiligt.

Sowohl der Kreis P. als auch die G. hatten bei Abschluss der Kooperationsverträge eigene Arbeitnehmer, die in den verschiedenen Bereichen der Abfallentsorgung tätig waren. Eine Vielzahl der beim Kreis P. beschäftigten Arbeitnehmer lehnte anlässlich der oben geschilderten Aufgabenübertragung einen Arbeitgeberwechsel ab und wollte als Vertragspartner den Kreis P. behalten. Diese Arbeitnehmer widersprachen dem Betriebsübergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die Beteiligte zu 1.. Daraufhin wurde mit Vertrag vom 28.09.1984 zwischen dem Kreis P. und der Beteiligten zu 1. ein Personalüberlassungsvertrag geschlossen, mit dem Arbeitnehmer, die nicht zur Beteiligten zu 1. wechseln wollten, aber in dem Bereich der durch Kooperationsvertrag übertragenen Abfallentsorgung tätig waren, an diese gegen Erstattung der Personalkosten überlassen wurden (Anl. Ast. 1 – Bl. 135 ff d.A.). Auf den Inhalt dieses Vertrages wird verwiesen. Unter anderem vor diesem Hintergrund arbeiten die vier Arbeitnehmer seit vielen Jahren vertraglich zugeordnet zum Kreis P., eingegliedert in dem Betrieb der Beteiligten zu 1. Diese erteilt alle fachlichen Weisungen, bestimmt Arbeitszeit und Arbeitsort, entscheidet über Urlaub und Vertretungsbedarf etc. Im Überlassungsvertrag heißt es hierzu wie folgt:

§ 4 Fachaufsicht

(1) Die GmbH nimmt die Fachaufsicht wahr.

(2) Die Mitarbeiter unterliegen fachbezogen ausschließlich dem Weisungsrecht der GmbH”

(Bl. 136 d. A.)

Die neun Mitarbeiter der G.-Service-Gesellschaft mbH sind vor folgendem Hintergrund bei der Beteiligten zu 1. mit unterschiedlichen Eintrittszeiten (vgl. Bl. 40 d.A.) eingesetzt: Es existiert zwischenzeitlich eine Vielzahl von Unternehmen in der „G.-Unternehmensgruppe”, und zwar die Beteiligte zu 1., die AVBKG, die AVG, die USN, die VKN, die AUE und die im Jahre 2008 gegründete G. Service GmbH (Bl. 42 d.A....

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