Entscheidungsstichwort (Thema)
Mobbing. Schikane. rechtliche Auseinandersetzungen. Meinungsverschiedenheiten. unterschiedliche Rechtsansichten. normale Konflikte. Betriebsratsamt. verwerfliche Motivation
Leitsatz (amtlich)
Handelt es sich bei dem vom Arbeitnehmer für das Vorliegen von „Mobbing” vorgetragenen Handlungen des Arbeitgebers überwiegend um die Auseinandersetzung um unterschiedliche Rechtsansichten, z.B. über den Umfang des Weisungsrechts des Arbeitgebers oder Rechte anlässlich der Ausübung des Betriebsratsamtes, ergibt sich aus der Menge der Auseinandersetzungen noch keine verwerfliche Motivation des Arbeitgebers. Vielmehr handelt es sich bei derartigen rechtlichen Auseinandersetzungen um im Arbeitsleben normale Konflikte, die unter Zuhilfenahme der Arbeitsgerichte geklärt werden.
Es entspricht einer typischen arbeitsrechtlichen Konfliktsituation, dass ein engagierter Betriebsratsvorsitzender weit mehr im Angriffsfeld des Arbeitgebers steht, als ein Arbeitskollege ohne Funktion, ohne dass diese Angriffssituation automatisch als systematische Anfeindung einzuordnen ist.
Auch wenn Sachstreitigkeiten vom Arbeitgeber aufgrund dessen Persönlichkeitsstruktur und dessen Rollenverständnis in unangemessener, teils intoleranter Form ausgetragen werden, ergibt sich aus der Art und Weise der Konfliktführung noch nicht per se eine verwerfliche Motivation des Arbeitgebers, die automatisch als „Mobbing” einzuordnen wäre.
Normenkette
BGB § 847
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Aktenzeichen 1 Ca 156 b/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Neumünster – 1 Ca 156b /03 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Schmerzensgeld vom Beklagten zu 1) aus Anlass des Vorwurfes, er sei von diesem gemobbt worden.
Der Kläger war vom 22.05.1996 bis zum 21.04.2003 bei der Beklagten zu 2) beschäftigt. Der Beklagte zu 1) ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten zu 2). Der Kläger schied aufgrund fristloser Eigenkündigung aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Im Mai 2001 wurde im Betrieb der Beklagten zu 2) ein Betriebsrat gewählt. Der Kläger war Vorsitzender des Betriebsrates. Bis zum diesem Zeitpunkt gab es keine wesentlichen Vorkommnisse zwischen den Parteien.
Der Beklagte zu 1) ist, das ist gerichtsbekannt, ein Mensch mit einer schwierigen Persönlichkeitsstruktur, der Streitigkeiten wiederholt in nicht angemessener, intoleranter Form und Wortwahl auszutragen versuchte.
Seit November 2001 kam es zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) zu einer Vielzahl arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen:
Am 12.11.2001 erhielt der Kläger eine Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung. Sie wurde nach streitigem Urteil aus der Personalakte des Klägers entfernt.
Am 21.01.2002 mahnte die Beklagte zu 2) den Kläger wegen Schlechtleistung ab (Bl. 21 d. A.); am 22.01.2002 wurde er mit dem Vorwurf, er habe einen Betriebsratsbeschluss zu Überstunden gegenüber den Mitarbeitern falsch dargestellt, abgemahnt. Diese Abmahnungen wurden aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs entfernt. Am 19.04.2002 sprach die Beklagte zu 2. eine fristlose, hilfsweise fristgemäße, Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung aus und erteilte dem Kläger Hausverbot. Die Kündigung wurde am 24.06.2002 zurückgenommen.
Am 22.05.2002 wurde der Kläger zu Lagerarbeiten versetzt. Das gerichtliche Verfahren endete zu seinen Gunsten durch Versäumnisurteil. Am 31.05.2002 erhielt der Kläger eine Abmahnung mit dem Vorwurf, sich für die Teilnahme einer während der Arbeitszeit stattfindenden Betriebsversammlung verspätet abgemeldet und nicht entsprechend gestempelt sowie dadurch die Arbeitszeit verfälscht zu haben. Diese Abmahnung wurde vergleichsweise aus der Personalakte entfernt.
Am 07.06.2002 erhielt der Kläger zwei Abmahnungen. Eine Abmahnung mit dem Vorwurf der Arbeitsverweigerung wurde auf Basis eines Versäumnisurteils entfernt, die zweite Abmahnung mit dem Vorwurf, sich unberechtigt Zugang zum Kopierraum verschafft und insoweit unbefugt hochsensible Räume des Unternehmens betreten zu haben, wurde vergleichsweise entfernt.
Am 15.10.2002 erhob die Beklagte gegenüber dem Kläger den Vorwurf, er stifte Mitarbeiter zur Arbeitsverweigerung an. Insoweit erging ein Versäumnisurteil auf Entfernung aus der Personalakte. Gleiches gilt für den am 05.11.2003 gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwurf, er hetzte Mitarbeiter zur Arbeitsverweigerung auf.
Am 07.11.2002 erteilte die Beklagte zu 2) dem Kläger eine Abmahnung mit dem Vorwurf der Körperverletzung gegenüber dem Beklagten zu 1) durch Verursachung ohrenbetäubenden Lärms am Arbeitsplatz in unmittelbarer Nähe des Beklagten zu 1). Diese Abmahnung wurde entfernt. Am 18.11.2002 mahnte die Beklagte zu 2) den Kläger mit dem Vorwurf der Nötigung und Drohung ab (Bl. 32 f. d. A.). Im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Verfahren auf Entfernung erging Versäumnisurteil. Am 27.11.2002 erhielt der Kläger eine Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung. Auch insowei...