Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Entgeltfortzahlungsgesetz. eigenständige tarifliche Regelung
Leitsatz (amtlich)
§ 4 RTV für das Gerüstbaugewerbe vom 27.07.1993 i. d. F. v. 15.11.1995 enthält hinsichtlich der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall eine eigenständige Regelung (100 % Entgeltfortzahlung)
Normenkette
Entgeltfortzahlungsgesetz § 4 Abs. 1; § 4 RTV für das Gerüstbaugewerbe v. 27.07.1993 i.d.F. v. 15.11.1995
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 13.03.1997; Aktenzeichen 3b Ca 11/97) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 13. März 1997 geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 447,49 DM brutto nebst 4% Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 2. Januar 1997 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger aus Oktober 1996 einen Anspruch auf Zahlung restlicher Entgeltfortzahlung in Höhe von 447,49 DM brutto gegen die Beklagte hat.
Der Kläger, der im Betrieb der Beklagten beschäftigt ist, erhielt im Oktober 1996 von der Beklagten für 88 Stunden Lohnfortzahlung in Höhe von 80 %, insgesamt 1.909,95 DM brutto. Mit Schreiben vom 26. November 1996 machte der Kläger die Differenz auf 100 % Lohnfortzahlung in Höhe von 477,49 DM brutto gegenüber der Beklagten geltend. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Rahmentarifvertrag für das Gerüstbaugewerbe vom 27. Juli 1993 in der Fassung vom 15. November 1995 Anwendung (im folgenden: RTV Gerüstbau), der in § 4 unter der Überschrift „Arbeitsversäumnis und Arbeitsausfall; Überbrückungsgeld” u. a. bestimmt:
1. Allgemeines
Grundsätzlich wird in Abweichung von § 616 BGB der Lohn nur für die wirklich geleistete Arbeitszeit gezahlt. Hiervon gelten die folgenden Ausnahmen:
2. Freistellung aus familiären Gründen
Der Arbeitnehmer ist unter Fortzahlung seines Tarifstundenlohnes für die tägliche Arbeitszeit gem. § 3 Ziffn. 2–4 je Arbeitstag von der Arbeit freizustellen.
…
3. Bezahlte Freistellung aus besonderen Gründen
Der Arbeitnehmer ist für die tatsächlich zur Erledigung der Angelegenheit benötigten Zeit unter Zahlung seines Tarifstundenlohnes – höchstens jedoch für die regelmäßige Arbeitszeit gem. § 3 Ziff. 2 bzw. für die betriebliche regelmäßige Arbeitszeit gem. § 3 Ziffn. 3 und 4 von der Arbeit freizustellen, wenn er
…
4. Unbezahlte Freistellung aus besonderen Gründen
Bei Ausübung gesetzlich auferlegter Pflichten aus öffentlichen Ehrenämtern ist für die notwendig ausfallende Arbeitszeit ohne Anrechnung auf den Urlaub und ohne Fortzahlung des Lohnes Freizeit zu gewähren.
…
6. Arbeitsausfall infolge zwingender Witterungsgründe
6.1 Wird die Arbeitsleistung ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe unmöglich, so entfällt der Lohnanspruch. Der Lohnausfall für gesetzliche Wochenfeiertage ist auch dann zu vergüten, wenn die Arbeit wegen zwingender Witterungsgründe an diesen Tagen ausgefallen wäre.
…
6.4 Wird in der Zeit vom 1. Januar bis 31. März und vom 1. November bis 31. Dezember (Schlechtwetterzeit) die Arbeit ausschließlich aus zwingenden Witterungsgründen an einem Tag mindestens für eine Stunde eingestellt, so erhält der Arbeitnehmer zur Überbrückung seines Lohnausfalls … für jede Ausfallstunde, höchstens für 150 Ausfallstunden in jedem Kalenderjahr ein Überbrückungsgeld. … Das Überbrückungsgeld beträgt 75 v. H. des Arbeitsentgelts, das der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall erzielt hätte.
7. Arbeitsversäumnis bei Arbeitsunfähigkeit
Im Krankheitsfall gelten die Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes.
8. Arbeitsausfall aus betrieblichen Gründen
8.1 Kann die Arbeit aus betrieblichen Gründen nicht aufgenommen werden oder muß sie während der Arbeitszeit eingestellt werden, so behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf den Tarifstundenlohn für die ausgefallene Arbeitszeit.
…
8.4 Arbeitnehmer, mit denen eine betriebliche Leistungslohnvereinbarung besteht, erhalten während deren Laufdauer für Ausfallzeiten gem. § 4 einen Zuschlag von 25 % zum Tarifstundenlohn.
Der Kläger hat vorgetragen:
Er habe einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung von Höhe von 100 %; denn der Tarifvertrag beziehe sich auf das Entgeltfortzahlungsgesetz in der Fassung vom 26. Mai 1994, nicht auf die Fassung vom 25. September 1996.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 447,49 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 2. Januar 1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Eine Vereinbarung, nach der 100 % Lohnfortzahlung zu leisten seien, bestehe nicht, der Tarifvertrag ergebe nichts anderes. Es sei ständige Rechtsprechung und einhellige Meinung, daß der Bezug auf ein Gesetz keine eigenständige Vereinbarung darstelle. § 4 Ziff. 7 des Tarifvertrages habe somit keine eigenständige Bedeutung einer Vereinbarung. Die tarifliche Regelung so auszulegen, daß die Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgeset...