Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweislast bei Abmahnungen
Leitsatz (amtlich)
Die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit der der Abmahnung des Arbeitgebers zugrundeliegenden Tatsachenbehauptungen und für ein Verschulden des Arbeitnehmers an den behaupteten Vertragsverstößen tragt der Arbeitgeber. Es gilt insofern nichts anderes als für die Beweislast bei Kündigung oder Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers.
Normenkette
Arbeitsvertrag (Fürsorgepflicht des Arbeitgebers)
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Urteil vom 13.03.1984; Aktenzeichen 2 Ca 1612/83) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 13. März 1984 abgeändert und die Beklagte verurteilt, die Abmahnungen vom 1. Dezember 1983 und 5. Dezember 1983 zurückzunehmen und aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist seit März 1974 als Monteur gegen ein Entgelt von 16,50 DM brutto bei der Beklagten beschäftigt. Mit Schreiben vom 1. Dezember 1983 und vom 5. Dezember 1983 mahnte die Beklagte den Kläger ab und drohte zugleich für den Wiederholungsfall eine Kündigung an. Wegen des Inhaltes dieser beiden Abmahnungsschreiben wird auf die Anlagen zur Klagschrift (Bl. 4 und 5 d. A.) Bezug genommen.
Mit der Behauptung, die beiden Abmahnungen seien ungerechtfertigt, da sie auf unzutreffenden Sachdarstellungen beruhten, hat der Kläger am 21. Dezember 1983 Klage erhoben mit dem Antrag,
die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnungen vom 1. Dezember 1983 und 5. Dezember 1983 zurückzunehmen und aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, daß die beiden Abmahnungen zu Recht erfolgt seien. Es habe sich nämlich folgendes zugetragen. Am 29. November 1983 sei der Geschäftsführer der Beklagten deswegen, weil sich die Auszahlung der Novemberlöhne möglicherweise um einen Tag verschieben konnte, an die einzelnen Arbeitnehmer herangetreten und habe sie gefragt, ob sie bereits an diesem Tag einen Vorschuß haben wollten. Eine entsprechende Frage habe er auch dem Kläger gestellt. Dieser habe sofort losgeschrien, er wolle sofort sein Geld haben, er gehe zum Betriebsrat. Der Kläger sei dann auch zum Betriebsobmann gegangen und mit diesem zurückgekommen. Während sich der Geschäftsführer mit dem Betriebsobmann unterhalten habe, habe der Kläger angefangen, in voller Lautstärke vor der übrigen Belegschaft dazwischenzuschreien: „Sie überlegen sich jede Nacht, wie Sie uns weiter unter Druck setzen können. Ich möchte am 1. meine 3.200,– DM netto haben.”
Der Grund für die zweite Abmahnung sei folgender gewesen. In der Zeit vom 21. November bis 30. November 1983 sei der Kläger mit dem Zeugen M. auf Montage gewesen. Bei der anschließenden Überprüfung der Tachoscheiben sei festgestellt worden, daß der Kläger in seinem Montagebericht am 24. November 1983 als Arbeitsbeginn 7.00 Uhr eingetragen habe, während die Tachoscheibe erst um 7.30 Uhr Aufzeichnungen enthalte. Auf diesen Umstand angesprochen, habe der Kläger erklärt, daß das Fahrzeug tatsächlich erst um 7.30 Uhr in Bewegung gesetzt worden sei. Auf dem Abnahmebericht für den Kunden sei jedoch wie auf dem Montagebericht ebenfalls ein Arbeitsbeginn mit 7.00 Uhr eingetragen worden. Weiterhin habe der Kläger erklärt, daß an diesem Tage noch erst die Autoscheiben hätten freigemacht werden müssen, da es gefroren habe. Auch am 25. November 1983 habe der Kläger als Arbeitsbeginn 7.00 Uhr in den Montagebericht eingetragen. Nach der Tachoscheibe für denselben Tag sei die Arbeit jedoch erst um 7.55 Uhr aufgenommen worden. Grund für diese Verzögerung sei gewesen, daß der Kläger erst um 7.55 Uhr am Fahrzeug erschienen sei.
Demgegenüber bestreitet der Kläger, sich am 29. November 1983 im Ton vergriffen zu haben. Er habe vielmehr auf die Frage des Geschäftsführers, ob er einen Abschlag haben wolle, in ruhigem, angemessenen Ton um seine Abrechnung gebeten. Ebenso wenig habe er bei dem Gespräch zwischen dem Geschäftsführer und dem Betriebsobmann dazwischengeschrien. Dabei sei auch nicht der von der Beklagtenseite zitierte Satz gefallen.
Hinsichtlich der Abmahnung vom 5. Dezember 1983 trägt der Kläger folgendes vor. Seit Jahren sei es im Betrieb der Beklagten üblich, daß bei Montagefahrten gleich zu Beginn von 7.00 Uhr bis 7.15 Uhr die Frühstückspause gemacht werde. Entsprechend sei der Kläger auch am 24. und 25. November 1983 verfahren. Am 24. November 1983 habe man nicht sofort danach losfahren können, da zunächst noch die Fahrzeugscheiben vom Eis hatten befreit werden müssen. Dies habe etwa 10 bis 12 Minuten in Anspruch genommen. Auch sei es nicht richtig, daß der Kläger später auf Befragen erklärt habe, er habe auf dem Abnahmebericht für den betreffenden Kunden Arbeitsbeginn mit 7.00 Uhr angegeben. Dieser Abnahmebericht enthalte lediglich die erarbeiteten Stunden.
Daneben bestreitet der Kläger, am 25. November 1983 erst u...