Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Zuordnung einer Arbeitnehmerin durch Interessenausgleich mit Namensliste im Rahmen einer Unternehmensspaltung nach dem Umwandlungsgesetz. Unbegründeter Beschäftigungs- und Feststellungsantrag bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitnehmerin zur groben Fehlerhaftigkeit der Zuordnungsentscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. § 324 UmwG ist eine Rechtsgrundverweisung. Wird der bisherige Betrieb zerschlagen und besteht weder der Betrieb noch ein Betriebsteil fort, so findet § 613 a BGB bei einer Unternehmensaufspaltung keine Anwendung.
2. Ist § 613 a BGB bei einer Unternehmensspaltung nicht anwendbar, so ist die im Interessenausgleich vorgenommene namentliche Zuordnung der Arbeitnehmer nur dann grob fehlerhaft, wenn sie unter keinem Gesichtspunkt vertretbar ist.
Normenkette
UmwG §§ 323-324; BGB § 613a; KSchG § 1; BetrVG § 111; UmwG § 323 Abs. 2; BGB § 613a Abs. 1 S. 1; BetrVG §§ 50, 58 Abs. 1 S. 1, § 111 S. 3 Nr. 3; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3, Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 03.09.2015; Aktenzeichen 3 Ca 532 b/14) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 03.09.2014 - 3 Ca 532 b/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte, die LGBS H...GmbH (nachfolgend Beklagte), und die LJS N...GmbH (nachfolgend LJS), sind Rechtsnachfolgerinnen der LRS GmbH (nachfolgend LRS) die ihr Vermögen auf beide aufgespalten hat. Ein weiterer Teil des Vermögens der LRS wurde aufgespalten auf die LCH Grundstücksgesellschaft B... mbH. Die Klägerin war Arbeitnehmerin der LRS. Nachdem die Klägerin noch erstinstanzlich mit der LRS um die Frage stritt, ob sie dem infolge einer Betriebsänderung neu gegründeten Betrieb "LGBS H..." der LRS zuzuordnen war, streiten die Parteien nunmehr in der Berufungsinstanz nach Eintragung der Aufspaltung in das Register darum, ob die Klägerin in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht und ihr gegenüber einen Beschäftigungsanspruch hat, oder - wie die Beklagte meint - das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der LJS besteht.
Die LRS war ein Dienstleistungsunternehmen für die Aufbereitung und Berichterstattung aller Erlös- und Leistungsdaten der L... AG aus dem Passagiergeschäft. Sie unterhielt einen Betrieb mit seinerzeit 300 Mitarbeitern in N... . Die LRS bot dort Produkte und Lösungen im Bereich Revenue Accounting an und vermarktete diese. Der Betrieb war auf Verfahren und Prozesse zur systematischen Analyse (Sammlung, Auswertung und Darstellung) von Daten in elektronischer Form im Bereich der Abrechnungen im Luftverkehr spezialisiert. Nach eigenen Angaben erfasste und verarbeitete sie durchschnittlich zirka 4.283.491 Flugscheine pro Monat. Sie stellte in diesem Zusammenhang entsprechende Abrechnungssysteme zur Verfügung, überwachte Schnittstellen, optimierte Prozesse, prüfte Qualitätskriterien und entwickelte eigene Softwarelösungen.
Die LRS war eine konzernangehörige Gesellschaft des L...konzerns.
Die LRS unterhielt auch in B... einen Betrieb. Für diesen plante die Geschäftsführung der LRS bereits im Frühjahr 2012 die Standortschließung. Zu diesem Zeitpunkt waren für den Standort N... der LRS noch keine Maßnahmen vorgesehen. Hintergrund der beabsichtigten Schließung des Standortes B... waren Kosteneinsparungsmaßnahmen der Hauptauftraggeberin der LRS, der L... AG, die die Kündigung der in B... bearbeiteten Aufträge zum Gegenstand hatte. Auf einer Aufsichtsratssitzung der LRS am 27.02.2012 stimmte der Aufsichtsrat den Planungen der Geschäftsführung zur Schließung des Standortes B... der LRS bis spätestens 31.12.2014 zu. Zwischen dem dortigen Betriebsrat und der Geschäftsführung fanden mehrere Verhandlungen statt, die unter dem 9.11.2012 mit einem Interessenausgleich und Sozialplan sowie einer flankierenden Betriebsvereinbarung endeten. Danach sollte der Betrieb in B... - beginnend mit dem 1.12.2012 - spätestens bis 31.12.2014 geschlossen werden. Diese Maßnahmen verzögerten sich später mit der Folge der Verlängerung des Schließungszeitpunktes bis 31.12.2015. Die Verzögerung hatte ihren Grund in Tarifverhandlungen des Jahres 2013.
Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns legte die Hauptauftraggeberin der LRS, die L... AG, zur Restrukturierung und Kostensenkung ein konzernweites Programm namens "SCORE" auf. Ein Teilprojekt dieses Konzernprogramms war ein weiteres Projekt namens Global Business Services Efficiency (GLOBE), welches das Ziel verfolgte, administrative Dienstleistungen in verschiedenen Geschäftsfeldern des Konzerns den Marktanforderungen nach Flexibilität und Transparenz Rechnung zu tragen. Die LRS, die im Rahmen der ihr erteilten Aufträge administrative Dienstleistungen in erster Linie für konzernangehörige Gesellschaften, zum Teil aber auch für konzernfremde Gesellschaften erbrachte, wurde ebenfalls im Rahmen dieses Projekts begutachtet. Das Ergebnis war der Beschluss der Muttergesellschaft, Hauptauftraggeberin der LRS, die bisher durch die...