Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutzprozeß im Sinne von § 16 Abs 2 BauRTV - Ausschlußfrist - Annahmeverzug

 

Leitsatz (redaktionell)

Als Kündigungsschutzprozeß im Sinne des § 16 Abs 2 Satz 3 BRTV-Bau (juris: BauRTV) sind außer Prozessen nach § 4 KSchG auch Prozesse um die Wirksamkeit einer vom Arbeitgeber erklärten Kündigung anzusehen, in denen gesetzlicher Sonderkündigungsschutz oder tariflicher Kündigungsschutz geltend gemacht werden.

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 20.10.1999 - 3 Ca 1538d/99 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger unter dem Blickwinkel des Annahmeverzuges Lohn für Mai 1997 beanspruchen kann.

Der Kläger war in dem Tiefbaubetrieb der Beklagten als Tiefbaufachwerker beschäftigt. Die Beklagte sprach ihm mit Schreiben vom 27.03.1997 eine Kündigung zum 30.04.1997 aus. Der Kläger reichte daraufhin am 02.06.1997 eine Klage ein (ArbG Kiel 3 Ca 1623 d/97 = LAG Schleswig-Holstein 1 Sa 598/98), mit der u. a. beantragte:

"1. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers über dem

30.04.1997 hinaus ungekündigt zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,

hilfsweise,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers über den 30.04.1997

hinaus bis zum nächstzulässigen Kündigungstermin am 31.05.1997 zu

unveränderten Bedingungen fortbestanden hat."

Er begründete diese Anträge unter Bezugnahme auf den allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV-Bau) damit, dass die Beklagte gegen das tarifvertragliche Verbot einer Kündigung aus Witterungsgründen in der Schlechtwetterzeit verstoßen und auch die tarifvertragliche Kündigungsfrist nicht eingehalten habe.

Der Kläger war vom 15.04.1997 bis 30.04.1997 arbeitsunfähig erkrankt und ab 01.05.1997 wieder arbeitsfähig. Die Klageschrift des Vorprozesses wurde am 09.06.1997 zugestellt. Die Beklagte stellte sich in der Klageerwiderungsschrift vom 16.06.1997 auf den Standpunkt, dass ein Lohnanspruch für Mai 1997 nicht entstanden sei, weil sie sich im Mai 1997 nicht im Annahmeverzug befunden habe.

Am 23.03.1999 entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis zum 31.05.1997 beendet hatte. Das Urteil ging der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 31.03.1999 zu.

Nach dem Abschluss des Bestandsschutzprozesses forderte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 25.05.1999 (Bl. 5 ff d. A) Verzugslohn für Mai. Die Beklagte ließ diesen Anspruch zurückweisen und auf den Rechtsweg verweisen. Ihr Bevollmächtigter vertrat die Auffassung, dass es mangels eines tatsächlichen Arbeitskraftangebotes am Annahmeverzug fehle und der Verzugslohnanspruch auch bei unterstelltem Annahmeverzug verfallen sei. Die Klägervertreterin bat mit Schreiben vom 21.06.1999, den eingenommenen Rechtsstandpunkt zur Vermeidung eines Rechtsstreits noch einmal zu überdenken. Mit Schreiben vom 29.06.1999 teilte der Bevollmächtigte der Beklagten mit, dass er weiterhin keinen Anlass sehe, dem Verbandsmitglied zur Zahlung zu raten.

Am 08.07.1999 machte der Kläger die vorliegende Klage anhängig. Das Arbeitsgericht Kiel hat sie mit Urteil vom 20.10.1999, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, abgewiesen und dies damit begründet, dass sich die Beklagte im Mai 1997 nicht im Annahmeverzug befunden habe. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Er trägt vor, ein Arbeitskraftangebot ab 01.05.1997 sei nicht erforderlich gewesen, da der Geschäftsführer der Beklagten ihn am 27.03.1997 von der Arbeitsleistung freigestellt habe. Die Forderung sei wegen der tarifvertraglichen Bestimmung für Zahlungsansprüche, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen, auch nicht verfallen.

Der Kläger beantragt,

1. daufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.096,18 DM

brutto abzüglich auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangener

1.352,70 DM netto nebst 4 % Zinsen aus 1.074,25 DM seit dem 16.06.1997

zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie macht geltend, sie habe den Kläger nicht davon freigestellt, ihr seine Arbeitskraft anzubieten. Erst ist in der Verhandlung vom 23.07.1997 sei ihr bekannt geworden, dass der Kläger wieder arbeitsfähig gewesen sei. Die Lohnansprüche für Mai 1997 seien im Vorprozess nicht geltend gemacht worden. Dieser Prozess sei auch kein Kündigungsschutzprozess im Sinne des § 16 BRTV-Bau gewesen, weshalb die Klageforderung verfallen sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1. Allerdings hatte der Kläger einen Anspruch auf Verzugslohn für den Monat Mai 1997 erworben.

Die Verzugsfolgen treten nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung unabhängig davon ein, ob der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine wiedergewonnene Arbeitsfähigkeit anzeig...

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