Nichtszulassungsbeschwerde 3 AZN 62/06

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzanspruch. Rentenversicherungspflicht. Befreiung. Beamtenähnliche Zusatzversorgung. Zusage. Gesamtzusage

 

Leitsatz (redaktionell)

Nimmt ein Arbeitnehmer die Möglichkeit der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wegen Bestehens einer beamtenähnlichen Gesamtversorgung in Anspruch und entfällt diese Möglichkeit später wegen einer durch Gesetz bestimmten Privatisierung des Arbeitgebers, so steht dem Arbeitnehmer kein Schadensersatzanspruch zu.

 

Normenkette

SGB VI § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 230 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 24.08.2005; Aktenzeichen 4 Ca 1118 c/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.07.2008; Aktenzeichen 3 AZR 623/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 24.08.2005 – 4 Ca 1118 c/05 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadenersatz zu leisten.

Die Klägerin ist am …1946 geboren. Bei der …BANK, der Vorgängerin der Beklagten, wurde sie mit Wirkung vom 01.04.1979 als Angestellte eingestellt. Ihre Vergütung betrug zuletzt 3.181 EUR brutto monatlich. Derzeit befindet sich die Klägerin im Vorruhestand.

Die …BANK schloss im Jahr 1984 eine Dienstvereinbarung über eine Versorgungszusage ab, der zufolge den Angestellten eine Zusatzversorgung im Rahmen einer Gesamtversorgung gewährt wird. Die Dienstvereinbarung Nr. 1 über die Alters- und Hinterbliebenenversorgung vom 07.07.1997 (Bl. 9 d. A.) sieht einen Gesamtversorgungsanspruch in der Höhe vor, die sich aus der entsprechenden Anwendung der für Beamte des …BANK geltenden Grundsätze errechnet. Sie setzt sich zusammen aus der Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung, einer Rente aus der Gruppenversicherung bei der P. und einem Versorgungszuschuss der …BANK, abhängig von der Höhe der beiden anderen Leistungen. Mit dem Rentenreformgesetz von 1992 wurde die Möglichkeit der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei einer beamtenähnlichen Versorgung eingeführt. Der Gesamtpersonalrat regte am 10.11.1994 an, die Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht aufzugreifen. Der Vorstand der …BANK beschloss am 10.08.1996 für folgende Arbeitnehmer die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht zu beantragen:

  • Männer und Frauen mit einem Alter von mindestens 50 Jahren und einem Monat
  • Männer mit 25 Versicherungsjahren und Frauen mit 10 Pflichtversicherungsjahren
  • soweit ein freiwilliger Mindestbeitrag zur Rentenversicherung gezahlt wird.

Folge dieser Befreiung war, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber den Beitrag zur Rentenversicherung sparten, bei der Klägerin etwa je 300 EUR monatlich.

Am 09.09.2002 beschlossen die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, die G. zu fusionieren, wobei diese in Form einer AG privatisiert werden sollten. Es wurde in der Folge die H. AG geschaffen. Die …BANK G. wurde mit Gesetz vom 07.07.2003 (GVOBl. SH 2003, 206 ff.) ausgegliedert. Mit der Neustrukturierung entfiel die Möglichkeit der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung. Seit dem 01.06.2003 wurden der Klägerin und den anderen befreiten Mitarbeitern wieder die Rentenversicherungsbeiträge abgezogen. Die wegen dieser Handhabung angerufene Einigungsstelle beschloss am 15.02.2005, dass sie unzuständig sei. Dieser Beschluss ist gerichtlich angefochten worden.

Mit ihrer am 03.05.2005 erhobenen Klage hat die Klägerin Erstattung einbehaltener Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.06.2003 bis März 2005 in Höhe von von 7.853,02 EUR verlangt und außerdem Feststellung begehrt, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, den Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung einzubehalten. Das Arbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 24.08.2005 die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung, mit der die Klägerin ihr Ziel weiterverfolgt.

Die Klägerin trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor, ihr sei ein Schaden in Höhe des Arbeitnehmeranteils zur Rentenversicherung entstanden. Die Beklagte habe das Entstehen dieses Schadens zu vertreten. Er stelle sich nicht als Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos dar. Der Vorstand der …BANK habe seinerzeit den Arbeitnehmern die Möglichkeit eingeräumt, die Befreiung von der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu beantragen. Hierzu sei er nicht verpflichtet gewesen. Dadurch, dass diese Möglichkeit wahrgenommen worden sei, sei ein Anspruch entstanden, den Befreiungsantrag zu stellen. Der Anspruch beruhe auf einer Gesamtzusage. Die Erfüllung dieses Anspruches sei inzwischen unmöglich geworden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nicht mehr bestehen. Dass dies unmöglich geworden sei, habe die Beklagte zu vertreten. Die Beklagte könne sich aber nicht darauf berufen, dass die Privatisierung auf einer Entscheidung des Lan...

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