Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbildungskosten. Rückzahlung
Leitsatz (amtlich)
Die Regelung der Rückzahlungspflicht des Angestellten im Pflegedienst, der auf Veranlassung des Arbeitgebers fort- und weitergebildet wird (SR 2 a BAT), verstößt nicht gegen Art. 12 GG.
Normenkette
SR 2 a
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 18.11.1994; Aktenzeichen 5b Ca 1819/94) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 18.11.1994 – 5b Ca 1819/94 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erstattung von Weiterbildungskosten.
Der Beklagte war bei der Klägerin als Krankenpfleger beschäftigt. Die Parteien haben die Geltung des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT) und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart. Die Vergütung des Klägers im Jahre 1993 betrug etwa 4.900,– DM brutto monatlich.
Auf Veranlassung der Klägerin, nämlich der für den Beklagten zuständigen leitenden Pflegekraft, hat der Beklagte vom 9. November bis 18. Dezember 1992 und vom 22. Februar bis 2. April 1993 jeweils sechs Wochen unter Freistellung mit Kostenübernahme an einem Weiterbildungslehrgang „Leitung einer Station” teilgenommen. Streitig zwischen den Parteien ist, ob der Beklagte das entsprechende Bestätigungsschreiben der Beklagten vom 16. September 1992 erhalten hat, in dem es unter anderem wie folgt heißt (Kopie Bl. 34 d.A.):
Betr.: Fort- und Weiterbildung hier: Stationsleitungslehrgang in Kiel vom 09.11. bis 18.12.1992 und 22.02 bis 02.04.1993
Sehr geehrter Herr K.
auf Veranlassung der für Sie zuständigen leitenden Pflegekraft beabsichtigen wir, Ihnen die Teilnahme an einem Weiterbildungslehrgang „Leitung einer Station” zu ermöglichen.
Die o.g. Fort- und Weiterbildung wird im Rahmen der Nr. 7 SR 2a zum BAT durchgeführt.
Die Klägerin verlangt unter Berufung auf die Nr. 7 der SR 2 a zum BAT die Erstattung der von ihr gezahlten Lehrgangsentgelte und Kostenerstattungen in Höhe von 2.945,– DM und die Rückzahlung der für die Zeiten der Arbeitsbefreiung gezahlten Vergütung in Höhe von 15.807,76 DM; wegen der Einzelheiten in dem Rechenwerk der Klägerin wird auf den Schriftsatz vom 16. September 1994 nebst Anlagen – Bl. 28–30 d.A. – Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 18.752,76 DM zuzüglich 6,5 % Zinsen seit dem 14.06.1994 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen:
Das Schreiben vom 16.09.1992 sei ihm erst im Zusammenhang mit der Rückforderung bekannt geworden. Die fragliche Veranstaltung sei eine kurze Fort- und Weiterbildung im Sinne der Veranstaltungen, für die der Gruppenausschuß für Kranken- und Pflegeanstalten eine Rückzahlungsverpflichtung in Frage gestellt habe, da es sich um eine innerbetriebliche Anpassungsfortbildung handele. Der Weiterbildungslehrgang sei im wesentlichen im Interesse der Klägerin gewesen, da er, der Beklagte, schon seit Oktober 1992 in der Mitverantwortung der Stationsleitung mit entsprechender Eingruppierung gestanden habe. Eine Höhergruppierung sei nach dem Lehrgang nicht in Aussicht gestellt worden. Außerdem sei die Rückzahlungsverpflichtung unverhältnismäßig.
Die Klägerin hat hierauf entgegnet:
Die Behauptung des Klägers, er habe das Schreiben vom 16.09.1992 nicht erhalten, sei eine reine Schutzbehauptung. Selbst wenn man dies zugunsten des Beklagten unterstelle, sei es Sache des Beklagten gewesen, sich über die Voraussetzungen zur Teilnahme an dieser Maßnahme zu informieren. Eine 12-wöchige Fort- und Weiterbildung sei auch keine Maßnahme, bei der gemäß der Empfehlung des Gruppenausschusses für Kranken- und Pflegeanstalten ein Verzicht wegen der Kürze der Maßnahme in Betracht komme.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus Nr. 7 SR 2 a BAT. Die Regelung sei auch wirksam und verstoße nicht gegen Art. 12 des Grundgesetzes. Vielmehr entspreche die Tarifregelung den vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Anforderungen an die Wirksamkeit einer Rückzahlungsverpflichtung. Die weitergehende Überprüfung der tarifvertraglichen Regelung sei den Arbeitsgerichten verwehrt.
Gegen dieses ihm am 10. April 1995 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 2. Mai 1995 Berufung eingelegt und die Berufung am 30. Mai 1995 begründet.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, sein Rückzahlungsanspruch könne entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht auf Nr. 7 SR 2 a BAT gestützt werden. Die Rückzahlungsverpflichtung sei nämlich unverhältnismäßig. Eine 12-wöchige Ausbildung und 3-jährige Bindungsfrist stünden in einem nicht hinnehmbaren Mißverhältnis. Eine Lehrgangsdauer bis zu zwei Monaten rechtfertige nur dann eine längere Bindung als ein Jahr, wenn durch die Teilnahme am Lehrgang eine besonders hohe Qualifikation verbunden mit überdurchschnittlichen Vorteilen für den Arbeitnehmer entstehe und die Fortbildung besonders kostenintensiv sei. Beide Voraussetzungen läg...