Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung, fristlos. Vergütungsansprüche. Urlaubsabgeltung. Schadensersatz. Kassenfehlbestand. Haftung. Tresor. Schlüssel, mehrere. Verfügungsbefugnis, alleinige. Beweislast des Arbeitgebers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Verlangt der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer Ersatz von Kassenfehlbeständen, so hat der Arbeitgeber zu beweisen, dass der Arbeitnehmer für die Fehlbestände verantwortlich ist. Dazu gehört der Vortrag zum alleinigen Zugang zum Aufbewahrungsort.

2. Zu einer verschuldensunabhängigen Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber für Kassenfehlbestände bedarf es einer besonderen Vereinbarung und einer zusätzlichen Mankoabrede.

 

Normenkette

BGB §§ 626, 276

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Teilurteil vom 18.04.2000; Aktenzeichen 6 Ca 2048/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 18.04.2000 – 6 Ca 2048/99 – hinsichtlich Ziff. 3 des Tenors und hinsichtlich der Kosten teilweise geändert:

Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte DM 4.184,99 nebst 11,5 % Zinsen seit dem 16.07.1999 zu zahlen

Von den Kosten des Teilurteils trägt der Kläger ¼, die Beklagte ¾.

Die weitergehende Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Lübeck und die Berufung gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 13.06.2000 werden zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen fristlosen Kündigung, um Ansprüche des Klägers auf Vergütung und Urlaubsabgeltung sowie um Schadensersatzansprüche der Beklagten, die diese zum Teil im Wege der Aufrechnung, im Übrigen im Wege der Widerklage geltend macht.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im erstinstanzlichen Rechtszug wird auf den Tatbestand nebst seinen Verweisungen Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat in dem Teilurteil vom 18.04.2000 der Klage und der Widerklage teilweise stattgegeben und dies wie folgt begründet:

Die fristlose Kündigung sei unwirksam. Der Kläger habe für die Zeit vom 01. – 15.07.1999 Anspruch auf Arbeitsvergütung. Er sei bis zum 15.07. unstreitig für die Beklagte tätig gewesen. Dieser Anspruch belaufe sich auf DM 2.750,– brutto.

Die Beklagte könne gegen die Vergütungsforderung des Klägers nicht aufrechnen, denn ihr stehe die zur Aufrechnung gestellte Forderung nicht zu. Der Kläger müsse für den Kassenfehlbestand in Höhe von DM 52.881,18 nicht einstehen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass es weitere Tresorschlüssel gegeben habe. Der Kläger habe – zumindest bis Mai 1999 – nur über einen Schlüssel verfügt, den er von der Zeugin K. erhalten habe. Folglich habe der Kläger nicht die alleinige tatsächliche Verfügungsgewalt über den Kassenbestand gehabt.

Für die Zeit vom 16.07. – 31.08.1999 könne der Kläger die begehrte Vergütung nicht verlangen, da ihm Verzugslohn nicht zustehe.

Die Beklagte könne vom Kläger im Wege der Widerklage Zahlung von DM 2.532,40 verlangen; weitere Forderungen stünden ihr nicht zu. Soweit der Kläger verurteilt worden ist, ist das Urteil des Arbeitsgerichts rechtskräftig.

Die durch Tankbelege nachgewiesenen Kosten habe der Kläger nicht zu erstatten. Er habe zwar auf Kosten der Beklagten für DM 1.859,06 sein Privatkraftfahrzeug betankt. Auf den hinreichend substantiierten Vortrag des Klägers über die anlässlich des Gesprächs über eine Gehaltserhöhung im März 1999 getroffene Tankabrede, habe sich die Beklagte nicht auf ein Bestreiten der Abrede beschränken dürfen. Sie sei für das Vorliegen eines pflichtwidrigen Verhaltens beweisfällig geblieben.

Die Voraussetzungen für einen Schadensersatz oder Bereicherungsanspruch wegen einer Belastung der Kasse mit einem bereits an die Post AG überwiesenen Betrag von DM 5.940,– habe die Beklagte substantiiert nicht dargelegt. Unstreitig habe der Kläger seit dem 19.03.1998 keine Buchungen mehr vorgenommen. Allein daraus, dass sich nach dem Vorbringen der Beklagten die Belege in der Belegsammlung befunden hätten, könne nicht geschlossen werden, der Kläger habe einen Barbetrag von DM 5.940,– der Kasse entnommen.

Entsprechendes gelte für den Anspruch der Beklagten in Höhe von DM 74,95 wegen der behaupteten privaten Anschaffung eines Braun Aeromaster durch den Kläger. Der nicht vom Kläger verbuchte Beleg beweise nicht, dass der Kläger das Gerät mit Geld aus der Kasse der Beklagten erworben habe.

Dass der Kläger die durch die Anlagen B24 – B33 belegten Einkäufe in Baumärkten mit Geld aus der Kasse der Beklagten bezahlt habe, habe die Beklagte gleichfalls nicht substantiiert behauptet. Unstreitig habe der Kläger die Belege nicht gebucht. Auch wenn sich die fraglichen Belege in der Kasse befunden hätten, beweise dies nicht, dass der Kläger Bargeld in entsprechender Höhe der Kasse entnommen habe.

In seinem Schlussurteil vom 13.06.2000 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere DM 6.346,25 brutto Urlaubsabgeltung zu zahlen; die weit...

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