Revision / Rechtsbeschwerde / Revisionsbeschwerde zugelassen nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsabgeltung. Zusatzurlaub für Schwerbehinderte
Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs kann nicht entstehen, wenn zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der auf bezahlte Freizeit gerichtete Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers infolge andauernder Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht verwirklicht werden kann. Auch der Zusatzurlaub nach § 44 SchwbG teilt wegen seiner Akzessorietät dieses rechtliche Schicksal des sog. Grund- bzw. Haupturlaubs.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 4; SchwbG § 44
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 30.03.1983; Aktenzeichen 4c Ca 3008/82) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 30. März 1983 – 4c Ca 3008/82 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Der Kläger stand bei der Beklagten von 1957 bis zum 20.12.1982 als Obermonteur in einem Arbeitsverhältnis. Er war seit 7.9.1980 bis zu seinem Ausscheiden durchgehend arbeitsunfähig krank. Seit 15.7.1981 bezieht er eine Berufsunfähigkeitsrente. Er kündigte das Arbeitsverhältnis am 20.12.1982 fristlos auf. Seit 17.12.1982 ist der Kläger Schwerbehinderter gemäß § 1 Schwerbehindertengesetz. Der Kläger und die Beklagte sind jeweils Mitglieder der Tarifvertragsparteien, die den Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des metallverarbeitendenden Handwerks in Schleswig-Holstein vom 1.2.1979 (MTV) abgeschlossen haben. Der Kläger hat mit seiner am 20.12.1982 eingereichten Klage Urlaubsabgeltung und Urlaubsgeld für das Jahr 1982 in Höhe von 5.426,40 DM brutto verlangt.
Wegen des übrigen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 543 ZPO). Das Arbeitsgericht hat der Klageforderung des Klägers entsprochen. Wegen der diese Entscheidung tragenden Gründe wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
Gegen das ihr am 11. Mai 1983 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 30. März 1983 – 4c Ca 3008/82 – richtet sich die am 10.6.1983 eingelegte und am 8.7.1983 begründete Berufung der Beklagten. Die Beklagte greift die Entscheidung nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründung vom 6.7.1983 unter Vertiefung ihrer Rechtsansichten an.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 2.8.1983.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt, damit insgesamt zulässig. Sie mußte auch Erfolg haben.
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist im Ergebnis unzutreffend. Das Klagebegehren des Klägers ist nicht gerechtfertigt.
Auf das Arbeitsverhältnis findet der oben genannte Manteltarifvertrag aufgrund beiderseitiger Tarifbindung Anwendung (§§ 3, 4 TVG).
Nach § 7 Nr. 10 Satz 1 1. Alt. MTV ist Urlaub abzugelten. „wenn” er „wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Form von Freizeit gewährt werden kann.” Damit entspricht die tarifliche Regelung der gesetzlichen, denn auch gemäß § 7 Abs. 4 BürlG ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Danach kann ein Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs nicht entstehen, wenn der auf bezahlte Freizeit gerichtete Urlaubsanspruch infolge dauernder Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit des Arbeitnehmers selbst nicht verwirklicht werden kann (vgl. LAG Hamm. Urteil vom 4.10.1983 – 11 Sa 880/83; LAG Hamm Urteil vom 21.6.1983 – 11 Sa 152/83; LAG Hamm, Urteil vom 19.7.1983 – 11 Sa 261/83 sowie LAG Hamm, Urteile vom 4.10.1983 – 11 Sa 610/83 und 11 Sa 876/83). Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nämlich alleiniges kausales Erfordernis für die Entstehung des Anspruchs auf Abgeltung des Urlaubs. Der Grund für die Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung muß allein in der Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegen. Das macht der MTV noch deutlicher als § 7 Abs. 4 BUrlG, indem er auf die Verknüpfung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem dadurch bedingten Ausschluß der Gewährung von Urlaub als Freizeitgewährung ausdrücklich hinweist: „Wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Form von Freizeit gewährt werden kann”. Aus der Bezeichnung der Abgeltung als Surrogat des Urlaubsanspruchs (BAG Urteil vom 18.6.1980 in DB 1980, 2197) folgt, daß nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses zwar keine Arbeitspflicht beseitigt werden kann, der Arbeitnehmer aber dennoch so gestellt werden soll, als würde die Arbeitspflicht suspendiert werden können (Leinemann, Der Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz in DB 1983, 989–994 –). Nur deswegen hat der Arbeitnehmer den Abgeltungsanspruch. Daraus ergeht, daß ein Abgeltungsanspruch dann nicht entstehen kann, wenn etwa der Arbeitnehmer nach Arbeitsunfähigkeit aus dem Arbeitsver...