Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersteilzeit. Insolvenzsicherung. Sicherungsvereinbarung. Auslegung
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber hat gemäß § 8 a Abs. 3 AltTZG dem Arbeitnehmer die zur Sicherung des Wertguthabens ergriffenen Maßnahmen mit der ersten Gutschrift unaufgefordert und danach alle sechs Monate in Textform nachzuweisen. Als geeignete Insolvenzsicherung gemäß § 8 a Abs. 1 Satz 1 AltTZG kommen z.B. Bankbürgschaften, Kautionsversicherungen, Fondlösungen oder bestimmte Versicherungsmodelle der Versicherungswirtschaft in Betracht. Eine im Zuge der Privatisierung zwischen dem Land und dem Gesamtpersonalrat geschlossene Sicherungsvereinbarung bietet vorliegend keine Insolvenzsicherung gemäß § 8 a AltTZG (Auslegungsfrage).
Normenkette
ATG § 8a Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 20.10.2009; Aktenzeichen öD 6 Ca 2401 b/10) |
Tenor
1. Nach Umstellung des Klagantrages wird der Tenor zu Ziffer 1 des Urteils des Arbeitsgerichts Lübeck vom 20. Oktober 2009, Az. ö. D. 6 Ca 2401 b/09, wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, das von der Klägerin in ihrem Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 29. Dezember 2006 im Zeitraum vom Januar 2009 bis einschließlich Juli 2009 erarbeitete Wertguthaben auf der Basis des monatlich jeweils ausgezahlten Bruttoentgelts (Altersteilzeitbrutto) ohne Abzug des monatlichen Aufstockungsbetrages zum Nettoentgelt abzusichern.
2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Insolvenzsicherung für ein durch Altersteilzeit aufgebautes Wertguthaben.
Die am … 1951 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit 1992 als Altenpflegehelferin beschäftigt. Die Beklagte betreibt u. a. das ehemalige Landeskrankenhaus N.. Rechtsvorgänger der Beklagten waren das Land Schleswig-Holstein bzw. die p.-Gruppe AöR. Am 29.12.2006 schlossen die Parteien einen Altersteilzeitvertrag mit Wirkung ab dem 01.10.2008 für die Dauer von sechs Jahren auf der Basis des Blockmodells (Bl. 4 – 6 d. A.). Die Arbeitsphase währt danach vom 01.10.2008 bis zum 30.09.2011; die Freizeitphase beginnt am 01.10.2011 und endet am 30.09.2014. Seit Beginn der Altersteilzeit erzielt die Klägerin im Rahmen des vorstehenden Vertrages ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von rund EUR 1.914,00 (ohne Zuschläge o. ä.). Die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung betragen insgesamt rund EUR 480,00. Diese Beträge ergeben sich aus der Gehaltsabrechnung für den Monat Januar 2009 (Bl. 7 d. A.). Seit Beginn ihrer Altersteilzeit erarbeitete die Klägerin mithin ein monatliches Wertguthaben in Höhe von ca. EUR 2.400,00.
Mit Schreiben vom 04.11.2008 forderte die Klägerin die Beklagte auf, das Wertguthaben der Klägerin in geeigneter Weise gegen Zahlungsunfähigkeit zu sichern und einen entsprechenden Nachweis zu erbringen. Die Beklagte erbrachte einen derartigen Sicherungsnachweis nicht und teilte der Klägerin – ebenso wie anderen in Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen – Folgendes mit (Bl. 119 d. A.):
„… gemäß § 8 a Altersteilzeitgesetz teilen wir Ihnen hiermit mit, dass die Insolvenzsicherung Ihres auf Grund der Vereinbarung über Altersteilzeit erworbenen Wertguthabens erfolgt ist. Die Insolvenzsicherung erfolgt über die Ihnen bekannte Sicherungsvereinbarung, die im Rahmen der damaligen Privatisierung mit dem Land Schleswig-Holstein abgeschlossen wurde. …
Insbesondere wird Ihnen in § 3 Ziff. 2 der Sicherungsvereinbarung vom Land Schleswig-Holstein zugesagt, dass Ihnen auf Grund der Umwandlung und nachfolgenden Veräußerung der Gesellschaft hinsichtlich der Altersteilzeit keinerlei Nachteile entstehen. Das Land Schleswig-Holstein steht dafür ein.”
Die zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Gesamtpersonalrat der p.-Gruppe AöR geschlossene Sicherungsvereinbarung enthält – soweit hier von Belang – folgende Regelungen:
„§ 1 Gegenstand und Grundsatz
1. Diese Sicherungsregelung gilt für alle in den Betrieben der AöR tätigen Mitarbeiterinnen, die am Umwandlungsstichtag in einem Anstellungsvertrag zur AöR standen. … Diese Regelung gilt nicht für Neueinstellungen nach dem Umwandlungsstichtag.
2. Diese Regelung wird aus Anlass und im Zusammenhang mit der Umwandlung der AöR in eine privatrechtliche Gesellschaft und den im Anschluss erfolgenden Verkauf der Gesellschaftsanteile an einen privaten Dritten abgeschlossen. Die Regelung hat das Ziel, die Mitarbeiterinnen so zu stellen, dass sie durch die Umwandlung der AöR in eine GmbH und den anschließend erfolgenden Gesellschafterwechsel mit Übernahme der Leitung des Betriebes durch den neuen Gesellschafter sowie mit der Fortentwicklung der Betriebe und aller darauf aufbauenden und weiterentwickelten Konzepte einschließlich etwaiger Veränderungen in der Struktur-, Aufbau- und Ablauforganisation und evtl. Personalveränderungen oder -reduzierungen keine nachteiligen Veränderungen im Vergleich zu ihren gegenwärtigen Rechte...