Revision / zugelassen ja
Entscheidungsstichwort (Thema)
Benachteiligungsverbot freigestellter Personalratsmitglieder
Leitsatz (amtlich)
Wird ein freigestelltes Personalratsmitglied, das sich um einen ausgeschriebenen Dienstposten beworben hatte, deshalb nicht berücksichtigt, weil es wegen seiner Freistellung nicht verfügbar gewesen ist, so ist der Arbeitgeber zum Ausgleich der Benachteiligung, d. h. zur Zahlung der Vergütung nach dem vorenthaltenen Dienstposten verpflichtet.
Normenkette
BPersVG §§ 8, 46 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 09.03.1982; Aktenzeichen 1c Ca 2503/81) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 9.3.1982 wird auf Ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 10.3.1939 geborene Kläger ist seit dem 1.1.1969 als staatlich geprüfter Techniker bei der Beklagten tätig. Im Wege des Zeitaufstiegs ist der Kläger mit Wirkung vom 1.7.1972 an nach der Verg.Gr. V c Fallgruppe 2 Teil II/L/I der Anlage 1a zum BAT höhergruppiert worden. Vom 14.6.1974 bis 11.8.1980 war der Kläger als hauptamtliches Mitglied für den örtlichen Personalrat freigestellt.
Unter dem 6.9.1978 bewarb sich der Kläger um einen Dienstposten der Verg.Gr. V b BAT im Dezernat 352 beim Marinearsenal/Arsenalbetrieb Kiel. Der zuständige Dezernatsleiter hat sich über die 6 Bewerber in seiner Stellungnahme vom 14.11.1978 u. a. wie folgt geäußert:
Der Bewerber R. trat am 16.12.1963 seinen Dienst … an.
…
Die … Bewerber M. M. und H. zählen seit ihrem Dienstbeginn zu meinen Mitarbeitern.
Ich halte jeden dieser 4 tüchtigen, einsatzfreudigen, zuverlässigen und förderungswürdigen Angestellten für geeignet, nach wenigen Wochen Einarbeitung alle auf den o. a. DP anfallenden Arbeiten zu erledigen.
…
Der Bewerber W. hatte dabei im weiteren Sinn auch mit Bettungsproblemen zu tun. Ich halte ihn für geeignet, nach einer Vorbereitungs- und Einarbeitungszeit von insgesamt 1 1/2 Jahren den DP … zu besetzen.
Dieser Stellungnahme schloß sich das Marinearsenal in seinem Bericht vom 8.12.1978 an das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (= BWB) an. In seiner Stellungnahme vom 20.4.1979 schlug der Dezernatsleiter vor, den Dienstposten mit dem Angestellten Marks zu besetzen. Mit Wirkung vom 15.8.1979 ist der Dienstposten dem Angestellten Marks übertragen worden.
In seiner Stellungnahme vom 1.4.1980 hat der Dezernatsleiter u. a. erklärt, daß er den Kläger, wenn dieser nicht im November 1978 als Personalrat gebunden gewesen wäre, bei der Besetzung des Dienstpostens favorisiert hätte; spätestens im Mai 1979 wäre der Kläger Mitarbeiter des Dezernats geworden. Mit Schreiben vom 3.7.1980 beantragte der Kläger seine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe Vb BAT; die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 10.9.1980 u. a. mit der Begründung ab, daß bei der Nachbesetzung des Dienstpostens kein Verstoß gegen § 8 BPersVG habe festgestellt werden können. Zur Nachbesetzung des Dienstpostens hat sich der Bundesminister der Verteidigung in seinen Erlassen vom 16.2.1981 sowie 11.2.1982 geäußert.
Der Kläger hat vorgetragen: Er habe den fraglichen Dienstposten nur deshalb nicht bekommen, weil er seinerzeit freigestelltes Personalratsmitglied gewesen sei. Die anderweitige Besetzung des Dienstpostens sei eine Maßnahme der Beklagten, die gegen § 8 BPersVG verstoße.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab 1. Mai 1979 nach der Verg.Gr. V b der Anlage 1a zum BAT zu vergüten;
- die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 1.5.1979 bis zum 31.12.1981 6.580,17 DM brutto (Differenzsumme zwischen Verg.Gr. V c und Verg.Gr. V b BAT) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen: Nach dem Prinzip der Bestenauslese, die im öffentlichen Dienst für die Besetzung einer Stelle gelte, habe der fragliche Dienstposten dem Kläger nicht übertragen werden können. Nach den wesentlichen Auswahlkriterien der vergleichenden Eignungs- und Leistungswertung sei festzustellen, daß die Nachbesetzung des Dienstposten mit dem Angestellten M. ordnungsgemäß erfolgt sei. Der zuständige Dezernatsleiter hätte sich auch dann nicht für den Kläger entschieden, wenn dieser auf seine Freistellung als Personalratsmitglied verzichtet hätte. Nachdem der Dienstposten im August 1979 mit dem Angestellten Marks besetzt worden sei, habe sich der Dezernatsleiter rückblickend mit Schreiben vom 1.4.1980 zur Nachbesetzung und den damit verbundenen organisatorischen Schwierigkeiten erneut geäußert. Durch diese nachträgliche Äußerung werde aber keineswegs die Entscheidung für den Angestellten M. nach dem Prinzip der Bestenauslese revidiert; denn der Angestellte M. sei nach allen Merkmalen der bessere Bewerber im Vergleich zum Kläger gewesen.
Das Arbeitsgericht Kiel hat durch Urteil vom 9.3.1982 der Klage mit der Begründung stattgegeben, daß nach dem Schreiben des Dezernenten vom 1.4.1980 bei der Auswahl der Bewerber nicht vom Prinzip der Bestenauslese ausgegangen worden sei; di...