REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN NEIN
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorruhestand. türkischer Arbeitnehmer. Altersberichtigung. türkisches Urteil. zwischenstaatliches Abkommen. Unzumutbarkeit
Leitsatz (amtlich)
Behauptet ein in der Bundesrepublik Deutschland lebender türkischer Staatsangehöriger, der Rechte aus einem VorruhestandsTV geltend macht, daß sein bisher angegebenes Geburtsjahr (1938) unrichtig sei und er bereits 1929 geboren sei, so muß er den Nachweis nach dem zwischen der Bundesrepublik und der türkischen Republik geltenden „Übereinkommen über die Erteilung gewisser für das Ausland bestimmter Auszüge aus Personenstandsbüchern” – Zustimmungsgesetz vom 01.08.1961, BGBl II 1055 – führen; andere öffentliche Urkunden – wie Reisepaß, Personalausweis, Melderegisterauszug – reichen hierfür nicht aus.
Wird das in dem Register einer türkischen Stadt eingetragene Geburtsjahr eines türkischen Staatsangehörigen durch Urteil eines türkischen Amtsgerichts geändert, so kann diese Entscheidung nur nach dem zwischenstaatlichen „Übereinkommen betreffend die Entscheidungen über die Berichtigung von Einträgen in Personenstandsbüchern (Zivilstandsregistern)” – Zustimmungsgesetz vom 03.02.1962, BGBl II 445 – in die Bundesrepublik übernonmen werden.
Weist ein ausländischer Arbeitnehmer nach, daß sein bisher angegebenes Geburtsjahr, von dem der Arbeitgeber mehr als 10 Jahre lang ausgegangen ist, unrichtig ist, nämlich 9 Jahre früher liegt, so kann die dadurch mögliche Geltendmachung von Rechten aus einem VorruhestandsTV gemäß § 242 BGB unzulässig sein, sofern keine einleuchtende Erklärung für die Altersberichtigung gegeben wird.
Normenkette
VorruhestandsTV Textilindustrie § 2 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 15.11.1988; Aktenzeichen 1c Ca 1034/88) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 15. November 1988 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf eine Vorruhestandsregelung nach dem Vorruhestandstarifvertrag der Textilindustrie zum 01. November 1988 hat.
Der Kläger, der türkischer Staatsangehöriger ist, nahm am 26. April 1977 seine Tätigkeit im Betrieb der Beklagten auf. Sein Geburtsdatum ist in den Unterlagen der Beklagten mit „20.04.1938” vermerkt. Er hat wiederholt Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit diesem Geburtsdatum eingereicht. Im Juni 1987 erhob der Kläger beim Amtsgericht Arac/Türkei eine Klage dahingehend, sein Geburtsdatum auf den 20.04.1929 zu berichtigen; diesem Antrag hat das Amtsgericht durch Urteil vom 18.11.1987 entsprochen, das zwischenzeitlich rechtskräftig geworden ist. Mit Schreiben vom 12. Februar 1988 teilte der Kläger der Beklagten mit, daß er von der Möglichkeit des Eintritts in den Vorruhestand Gebrauch mache und zum 01. November 1988 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden möchte. Diesen Antrag lehnte die Beklagte unter dem 06. Mai 1988 mit Hinweis darauf ab, daß der Kläger am 20.04.1938 geboren sei und somit keinen Anspruch auf den Vorruhestand habe.
Der Kläger hat vorgetragen:
Darüber, daß er am 20.04.1929 geboren sei, könne es keinen Zweifel geben; das ergebe sich nicht nur aus dem Urteil des Amtsgerichts Arac, sondern auch aus anderen Unterlagen. Er sei bereit, sich in Deutschland einer fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen, um feststellen zu lassen, daß er bereits 1929 geboren sei.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf eine Vorruhestandsregelung gemäß dem Vorruhestandstarifvertrag für die Arbeitnehmer der Textilindustrie in den Ländern Niedersachsen (ohne ehemaligen Regierungsbezirk Osnabrück) und Bremen sowie für das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg und des Landes Schleswig-Holstein vom 21. Mai 1985 hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Sie sei nicht gehalten, die vom Kläger im Jahre 1987 vorgenommene nachträgliche Änderung seines Geburtsjahres anzuerkennen. Nach ihrer Auffassung sei weiterhin davon auszugehen, daß der Kläger am 20.04.1938 geboren sei, so daß er das für die Inanspruchnahme der Vorruhestandsregelung erforderliche Alter nicht erreicht habe.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 15. November 1988 nebst seinen Verweisungen Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat das Feststellungsbegehren des Klägers mit der Begründung abgewiesen, daß der Kläger das erforderliche Lebensalter noch nicht erreicht habe; er habe zur Überzeugung der Kammer nicht nachweisen können, daß er entgegen seinen bisherigen Angaben nicht am 20.04.1938, sondern bereits am 20.04.1929 geboren sei; dieses Geburtsdatum ergebe sich auch nicht überzeugend aus dem Urteil des Amtsgerichts Arac/Türkei, zumal die Entscheidungsfindung des türkischen Gerichts in keiner Weise nachprüfbar sei. Der Kläger habe nicht dargelegt, weshalb er nach mehr als 10jähriger Tätigkeit bei ...