REVISION ZUGELASSEN JA
Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungszusage. Unterstützungskasse. Konkurs. Betriebsübernahme. Widerruf der Versorgungszusage. triftiger Grund
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Versorgungszusage, die eine Unterstützungskasse unter dem Vorbehalt / der Freiwilligkeit gemacht hat, kann das Trägerunternehmen generell aus triftigem Grund, d. h. nicht erst unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 2 oder 3 BetrAVG widerrufen, mithin nicht nur in sog. Altfällen, in denen das Arbeitsverhältnis vor Inkrafttreten des BetrAVG am 22.12.1974 beendet war, sondern auch in sog. Neufällen, in denen das Arbeitsverhältnis erst nach dem 22.12.1984 geendet hat – im Anschluß an BVerfG AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen gegen BAG NZA 1986, 60–.
2. Eine Betriebsübernahme i. S. des § 613 a BGB liegt nicht schon dann vor, wenn ein Betrieb vom Vergleichsverwalter einem potentiellen Erwerber wirtschaftlich überlassen wird, sondern erst dann, wenn der Kaufvertrag zwischen Konkursverwalter und Erwerber wirksam abgeschlossen worden ist.
Normenkette
BGB § 613a; BetrAVG § 1 Abs. IV
Verfahrensgang
ArbG Flensburg (Urteil vom 25.09.1985; Aktenzeichen 1 Ca 679/85) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 25.09.1985 unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise geändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist,
1) an den Kläger die Versorgungszusage in Form einer Direktversicherung vom 01. November 1973 in Höhe von 575,35 DM zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu zahlen,
2) an den Kläger aus den Pensionszusagen vom 06. März 1971 und 01. April 1973 vom Eintritt des Versicherungsfalles an monatlich 126,32 DM zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger zu 57 %, die Beklagte zu 43 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 21 %, die Beklagte zu 79 %.
Die Kosten der Nebenintervention trägt die Beklagte zu 79 %, der Nebenintervenient zu 21 %.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.514,48 DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger eine Altersversorgung zu zahlen hat.
Der am 19.11.1926 geborene Kläger nahm am 17.06.1947 seine Tätigkeit im Betrieb der Firma A. M. und E. in F. (= Firma A. alt) auf. In diesem Unternehmen wurde ein Unterstützungsverein gegründet, dessen Satzung vom 05.07.1970 u. a. bestimmt:
§ 1
Für Fälle der Not und Arbeitslosigkeit besteht zur wirtschaftlichen Sicherheit und Unterstützung der Angehörigen der Firma A., M. und E. in F. und ihrer Familien der „Unterstützungsverein der Firma A., M. und … eingetragener Verein” mit dem Sitz in F.
Der Zweck des Vereins ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet.
§ 11
Leistungsempfänger können jedoch nur Angehörige oder frühere Angehörige des Betriebes sein…
§ 12
Ein Rechtsanspruch auf Leistung steht keinem der Leistungsempfänger zu.
In den Richtlinien und Leistungsplan für die Gewährung von Beihilfen aus dem „Unterstützungsverein der Firma A., M. und E. e.V.” (= Richtlinien und Leistungsplan Unterstützungsverein) heißt es u. a.:
§ 1
Monatliche Beihilfen (Altersversorgung)
a) Laufende monatliche Beihilfen kommen für diejenigen Mitglieder des Unterstützungsvereins in Betracht, die nach Erreichung der Altersgrenze (65 Jahre oder früher i. S. des Rentengesetzes) ausgeschieden sind und mindestens 25 Jahre ohne Unterbrechung bei der Firma A. tätig waren…
b) Die Höhe der laufenden Beihilfen soll betragen: nach 25-jähriger Betriebszugehörigkeit: DM 50,– monatlich.
…
d) …
Die laufenden Beihilfen sind freiwillige; auch wiederholte gleichmäßige Leistungen begründen keinen Rechtsanspruch.
Unter dem 06.03.1972 erteilte die Fa. A. alt dem Kläger eine Pensionszusage, die u. a. bestimmt:
1. Wenn Sie nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus unseren Diensten ausscheiden, gewähren wir Ihnen ab diesem Zeitpunkt eine lebenslängliche Pension in Höhe von monatlich DM 100,–
…
7. Wir behalten uns vor, die zugesagten Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn:
- die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, daß ihm eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann, …
Am 01.04.1973 erhöhte die Firma A. alt ihre Pensionszusage auf monatlich 200,– DM.
Am 01.11.1973 machte die Firma A. alt dem Kläger eine Versorgungszusage in Form einer Direktversicherung, mit der sie bei der I. V. L. a.G. für Handwerk, Handel und Gewerbe (= I.) eine Lebensversicherung über 3.000,– DM auf das Leben des Klägers abschloß; die Leistung aus dieser Direktversicherung ist im Falle des Todes des Klägers fällig, spätestens am 01.11.1985.
Mit Schreiben vom 18.01.1974 teilte die Firma A. alt dem Kläger mit, daß der Beitrag für die Direktversicherung bereits voll eingezahlt worden sei (Einmalzahlung).
Im Frühjahr 1979 geriet die Firma A. alt in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so daß sie am 2...