Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdienstsicherung. Alterssicherung. tarifliche. Arbeitnehmer. ältere. Leistungsminderung. altersbedingt. Vergütungssystem. Änderung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ältere Arbeitnehmer sind durch § 9 MTV vor Verdiensteinbußen aufgrund altersbedingter Leistungsabnahme geschützt, nicht aber vor allgemeinen künftigen Lohnabsenkungen. Der ältere Arbeitnehmer wird nach § 9 MTV nur vor altersbedingten Einkommensrisiken geschützt. Arbeitsrechtlich zulässige allgemeine Lohnkürzungen, die nicht vom Alter und der Leistungsfähigkeit abhängen, muss der verdienstgesicherte Arbeitnehmer ebenso hinnehmen wie alle anderen Arbeitnehmer, auch wenn sich hierfür im Tarifwortlaut keine Anhaltspunkte finden.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag für die Metallindustrie in Hamburg/Schleswig-Holstein § 9

 

Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Urteil vom 10.09.2009; Aktenzeichen 2 Ca 343 c/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 10. September 2009, Az. 2 Ca 343 c/09, abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.503,73 EUR brutto zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. März 2003 zu zahlen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger die tarifliche Verdienstsicherung für ältere Arbeitnehmer nach dem Manteltarifvertrag für die Metallindustrie in Hamburg/Schleswig-Holstein (MTV) zusteht.

Der am … 1947 geborene Kläger ist seit dem 01.04.1975 bei der Gemeinschuldnerin, der Fa. S. GmbH, beschäftigt. Mit Wirkung ab dem 01.10.2007 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beklagte führt den Betrieb fort. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die Metallindustrie Anwendung.

Die tarifliche Verdienstsicherung in § 9 MTV für ältere gewerbliche Arbeitnehmer lautet:

㤠9

Verdienstsicherung für ältere Arbeitnehmer

1.

Gewerbliche Arbeitnehmer

1.1

Anspruchsvoraussetzungen

Arbeitnehmer, die im 55. Lebensjahr stehen oder älter sind und dem Betrieb oder dem Unternehmen mindestens 5 Jahre angehören, haben eine Verdienstsicherung nach folgenden Bestimmungen:

1.2

Berechnungsgrundsatz

Für die nachfolgenden Bestimmungen gelten bei der Berechnung des Durchschnittsverdienstes die jeweiligen gültigen Bestimmungen des Manteltarifvertrages.

Bei tariflichen Lohnerhöhungen im Berechnungszeitraum ist vom erhöhten Verdienst auszugehen. Zukünftige Tariflohnerhöhungen sind entsprechend zu berücksichtigen.

1.3

Zeitlohnarbeiter

Zeitlohnarbeiter haben einen Anspruch auf ihren Durchschnittsstundenverdienst, errechnet aus den letzten 12 abgerechneten Kalendermonaten.

1.4

Leistungslohnarbeiter

1.4.1

Akkordlohnarbeiter

Bei Umstellung auf den Entlohnungsgrundsatz Zeitlohn, wird der Verdienst nach 1.2 berechnet mit der Maßgabe, dass der durchschnittliche Zeitgrad der letzten 36 abgerechneten Kalendermonate zugrunde gelegt wird.

Bei Weiterbeschäftigung im Akkordlohn richtet sich der Verdienst nach dem persönlich erbrachten Zeitgrad, jedoch mindestens nach dem durchschnittlichen Zeitgrad gemäß Absatz 1.

1.4.2

Sonstige Leistungslohnarbeiter

Bei sonstigen Leistungslohnarbeitern ist 1.4.1 entsprechend anzuwenden.

1.5

Erlöschen des Anspruchs

Der Anspruch auf Verdienstsicherung nach den Ziffern 1.2 bis 1.4 erlischt mit dem Zeitpunkt, zu dem aus der gesetzlichen Rentenversicherung ein Antrag auf Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente begründet gestellt werden kann bzw. auf Altersruhegeld (auch vorgezogen) gestellt ist, oder Anspruch auf Altersruhegeld ab Vollendung des 65. Lebensjahres besteht. Wird dem Antrag zu einem späteren als dem Termin der Antragstellung stattgegeben, erfolgt bis zum Zeitpunkt des Rentenanspruchs die Nachzahlung bis zur Höhe der Verdienstsicherung.”

Nach dem im Oktober 1997 eingeführten Prämienlohnsystem setzte sich der Prämienlohn des Klägers wie folgt zusammen:

Formen zusammen bauen (geleistete Stunden × Stundenlohn) darauf:

12 %

Qualifikationszulage

30 %

Leistungszulage HF (Handformerei)

6,26 %

Qualitätsprämie HF

Hiernach konnte der Kläger eine maximale Vergütung in Höhe von 148,26 % des tariflichen Grundlohns erreichen.

Am 11.12.2002 schlossen die Betriebsparteien der Gemeinschuldnerin die Betriebsvereinbarung Nr. 07/2002 ab, die für die Mitarbeiter im gewerblichen Bereich mit Ausnahme der Zeitlöhner ab dem 01.01.2003 einen Prämienlohn an Stelle der bisher geltenden Entlohnungsformen vorsieht (Betriebsvereinbarung Prämienlohn = BV-Prämienlohn; Bl. 47 ff d. A.). Die Zusammensetzung des Prämienlohns ist in Nr. 3 BV-Pämienlohn geregelt:

„Der Prämienlohn setzt sich zusammen

aus dem Grundlohn entsprechend der jeweiligen tariflichen Lohngruppe gemäß § 3 LRTV Schleswig-Holstein,

aus einer Grundprämie von 16 % des jeweiligen Grundlohns,

aus einer Qualitätsprämie in Höhe von 4 % bis maximal 12 % des jeweiligen Grundlohns,

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