Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung, Kündigungsschutz, betriebsbedingt, innerbetrieblich, Dienstleistung, Vergabe, Küchenbereich, Servierbereich, Reinigung, Unternehmerentscheidung, Sanierungskonzept, Stilllegung, Arbeitgeberstellung, Direktionsrecht, Arbeitgeber, Geschäftsführer, Personenidentität, Gesellschaftsvertrag, gemeinsam, Betrieb, Betriebsaufspaltung, Betriebsteilübertragung, Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
1. Vergibt ein Krankenhaus die Tätigkeiten des Küchenbereichs, des Servierbereichs und der Reinigung nach Jahren ungünstiger wirtschaftlicher Entwicklung – bei Fehlbeträgen von jährlich 2,6 – 4,5 Mio DM – unter Stilllegung der entsprechenden Bereiche an eine dritte Firma, so ist eine Kündigung regelmäßig nicht sozial ungerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber im Unternehmensbereich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblichen Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt.
2. Das Weiterbeschäftigungsbedürfnis entfällt, wenn der Arbeitgeber im Rahmen eines Sanierungskonzepts aus wirtschaftlichen Gründen den Küchenbetrieb sowie die Reinigungsarbeiten ausgegliedert und einem Dritten mit dem nachvollziehbaren Ziel übertragen hat, seine Aktivitäten auf seine Kernkompetenzen zu reduzieren.
3. Eine die Kündigung bedingende Unternehmerentscheidung liegt nicht in dem Entschluss, die formale Arbeitgeberstellung aufzugeben, wenn der Unternehmer tatsächlich weiterhin die für die Durchführung der Arbeiten erforderlichen Weisungen an die Arbeitnehmer erteilen kann, denn dann entfällt nicht die Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb, sondern es sollen nur die eigenen Beschäftigten durch andere Arbeitnehmer ersetzt werden (in Anlehnung an BAG, Urt. v. 26. September 1996 – 2 AZR 200/96 –). Das ist der Fall, wenn sich der Arbeitgeber die Ausübung des Direktionsrechts weitgehend vorbehalten hat, weil das Direktionsrecht die für ein Arbeitsverhältnis typische persönliche Abhängigkeit der Beschäftigten kennzeichnet.
4. Hat ein Krankenhaus jedoch die Tätigkeiten der stillgelegten Bereiche einer GmbH übertragen, bei der es sich um eine eigene Rechtsperson handelt, die über einen eigenen Leitungsapparat verfügt, so liegt ein Vorbehalt in der Ausübung des Direktionsrechts auch dann nicht vor, wenn der Geschäftsführer der Klinik und der GmbH personenidentisch ist und die Klinik mit 52% der Anteile an der GmbH beteiligt ist. Der Geschäftsführer ist nämlich jeweils seiner Gesellschaft gegenüber verantwortlich, haftet den jeweiligen Gesellschaftern und ist ihnen im Fall der Verletzung von Obliegenheiten für den Schaden verantwortlich. Es ist jeweils seine Aufgabe, den im Gesellschaftsvertrag festgelegten Geschäftsbereich zu erfüllen. Die Interessen der jeweiligen GmbHs sind anhand ihrer Zwecke zu fördern, so dass weder Personenidentität des Geschäftsführers noch der Umstand, dass bei Beschlussfassung der Gesellschafter die Klinik mit ihrem 2% Mehranteilen die anderen Gesellschafter majorisieren könnten, nur von der formalen Übertragung der Befugnisse des Arbeitgebers auf einen Dritten gesprochen werden kann.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2; GmbHG §§ 37, 43; UmwG § 123 Abs. 3, § 324; BGB § 613a
Beteiligte
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 14.12.2002; Aktenzeichen 2 Ca 1659 a/00) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 2 AZR 57/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 14. Dezember 2000 – 2 Ca 1659 a/00 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses.
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. April 1990 im Küchen-, Servier- und Spülbereich beschäftigt. Die Vergütung betrug zuletzt 1.654,41 DM brutto monatlich. Auf das Arbeitsverhältnis findet entweder der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) oder der Manteltarifvertrag (MTArb) Anwendung. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 28. September 2000 zum 31. März 2000 nach Unterrichtung des Betriebsrats am 20. September 2000 und Widerspruch gekündigt, weil die „Reinigungs-, Küchen- und Servierbereiche sowie die Diätabteilung und die Abteilung Ernährungsberatung mit Ablauf des 31. März 2001 vollständig stillgelegt” würden.
Der Kündigung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Durch notariellen Vertrag vom 16. Januar 2001 errichteten die Beklagten und die Firma Z. Berlin GmbH die Firma G. Gesellschaft für Dienst- und Servierleistungen mbH (im Folgenden S.-GmbH) mit dem Sitz in Bad B.. Die Beklagte hat 51%, die Firma Z. 49% der Gesellschaftsanteile übernommen. Der das Gesellschaftsverhältnis regelnde Gesellschaftsvertrag bestimmt u. a.:
§ 2
Gegenstand des Unternehmens
(1) Gegenstand des Unternehmens ist die Durchführung von Dienstleistungstätigkeiten für die R. klinik Bad B… wie folgt:
- Reinigungstätigkeiten aller Art sowie der Tätigkeit des klinische...