Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 12.12.1995; Aktenzeichen 1 b Ca 2124/95)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 18.06.1997; Aktenzeichen 2 AZN 333/97)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Schlußurteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 12. Dezember 1995 – Az.: 1 b Ca 2124/95 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Parteien streiten um Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall und Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug.

Wegen des Sach- und Streitstandes, wie er in erster Instanz vorgelegen hat, wird gem. § 543 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und wegen des weiteren Vorbringens der Parteien auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufung konnte jedoch in der Sache keinen Erfolg haben.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage unter Berücksichtigung der auf die Krankenkasse und das Arbeitsamt übergegangenen Ansprüche in Höhe des ausgeurteilten Betrages stattgegeben. Dabei hat das Arbeitsgericht zutreffend den Annahmeverzug des Beklagten für den Klagezeitraum begründet und die Zahlungsansprüche des Klägers nicht an etwaigen tariflichen Verfallfristen scheitern lassen.

Die erkennende Berufungskammer schließt sich den Feststellungen und Wertungen des angefochtenen Urteils an, so daß zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen werden kann (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Die Angriffe der Berufung können zu keiner anderen Beurteilung führen.

Der Hinweis des Beklagten, er sei nicht wirksam in Annahmeverzug gesetzt worden, geht fehl. Nach inzwischen gefestigter ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung treten die Verzugsfolgen (§ 615 BGB) nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung unabhängig davon ein, ob der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer seine wiedergewonnene Arbeitsfähigkeit dem Arbeitgeber anzeigt. Wenn der Arbeitgeber mit der Kündigung deutlich gemacht hat, seiner Mitwirkungsverpflichtung im Sinne einer (Wieder-)Eröffnung der Arbeitsmöglichkeit, der fortlaufenden Planung und Konkretisierung des Arbeitseinsatzes und Ausübung des Direktionsrechts nicht nachkommen zu wollen, so ist aufgrund dieser Zäsur der Arbeitnehmer jedenfalls solange von den ihm sonst obliegenden Anzeige- und Nachweispflichten befreit, als der Arbeitgeber nicht von sich aus die Kündigung „zurücknimmt” oder wenigstens eine Arbeitsmöglichkeit – ggf. unter Vorbehalt – eröffnet. Das gilt vor allem angesichts der im Kündigungsschutzvorprozeß der Parteien durch den fortlaufend gestellten Klageabweisungsantrag auch nach außen wiederholt dokumentierten Nichtbereitschaft des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen bzw. Arbeit zuzuweisen und das Direktionsrecht auszuüben. Nimmt der Arbeitgeber das Direktionsrecht nicht wahr, wobei die endgültige Entscheidung über die Wirksamkeit der von ihm ausgesprochenen Kündigung in seinem Risikobereich liegt, so sind auch die Arbeitnehmerpflichten vorübergehend suspendiert. Das gilt jedenfalls solange, als nicht der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur (Wieder-)Aufnahme der Arbeit auffordert (statt vieler: BAG, Urt. v. 24. November 1994 – 2 AZR 179/94 – in: AP Nr. 60 zu § 615 BGB).

Eine solche Arbeitsaufforderung ist nach Ausspruch der Kündigungen vom Oktober und Dezember 1992 gegenüber dem Kläger zu keiner Zeit erfolgt. Der Betrieb des Beklagten wurde im Gegenteil Ende Oktober 1992 stillgelegt und im Jahre 1993 verkauft. Jegliche Betriebstätigkeit ist eingestellt worden. Der Kläger hat demgegenüber gegen die Kündigungen Klage gegen den Beklagten erhoben und damit seine weitere Leistungsbereitschaft deutlich gemacht. Zu mehr war der Kläger nicht verpflichtet. Muß der Gläubiger – hier der Beklagte – bei der Arbeitszuweisung unter kalendermäßiger Bestimmung mitwirken, braucht der Schuldner bei eindeutig bestehender und mitgeteilter Leistungsbereitschaft nicht auch noch seine tatsächlich bestehende Leistungsfähigkeit anzuzeigen. Denn das Gesetz geht in § 296 BGB davon aus, der Gläubiger müsse von sich aus ohne jeden Anhaltspunkt betreffend die Leistungsfähigkeit des Schuldners mitwirken. Der Gläubiger erscheint dann auch nicht besonders schutzwürdig; denn ohne seine Arbeitszuweisung kann der Schuldner gar nicht leisten. Selbst wenn aber der Beklagte Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Klägers im fraglichen Zeitraum gehabt haben sollte, ist das unerheblich, weil nach § 296 BGB der Gläubiger ohnehin über die Leistungsfähigkeit des Schuldners grundsätzlich im Unklaren gelassen wird, Zweifel in dieser Hinsicht also gesetzesimmanent sind. Es war deshalb Sache des Beklagten, dem Kläger Arbeit zuzuweisen (BAG, Urt. v. 19. April 1990 – 2 AZR 591/89 – in: AP Nr. 45 zu § 615 BGB zu II, 2 lit. d, cc der Gründe).

Diese Grundsätze sind auch auf die Fälle zu übertragen, in denen die Kündigung des Arbeitgebers zwar grundsätzlich wirksam ist, der Arbeitgeber jedoch eine zu kurze Kündigungsfrist ge...

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