Entscheidungsstichwort (Thema)

Einfühlungsverhältnis. Probearbeitsverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses führt stets zur Vergütungspflicht

2. Nur dann, wenn keine Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung gesteht (Einfühlungsverhältnis), ist d ie Unentgeltlichkeit nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

BGB § 612

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 04.11.2004; Aktenzeichen 2 Ca 2106 b/04)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 4. November 2004 (2 Ca 2106 b/04) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses und um einen Lohnanspruch.

Der Beklagte, ein Transportunternehmer, suchte über die Bundesagentur für Arbeit einen vollzeitbeschäftigten Kraftfahrer für ein monatliches Netto in Höhe von 1.200,00 EUR, und zwar ab dem 1. Juli 2004. Der Kläger bewarb beim Beklagten, die Parteien führten am 8. Juni 2004 ein Bewerbungsgespräch, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist.

Der Kläger arbeitete an den ersten beiden Tagen zusammen mit dem Zeugen H…, der ihn einarbeitete. Ab dem 14. Juni 2002 war der Kläger allein als Kraftfahrer für den Beklagten tätig, und zwar Montag bis Freitag jeweils von 06:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Am Samstag, 19. Juni 2004, arbeitete er von 06:00 Uhr bis ca. 08:30 Uhr. In der folgenden Kalenderwoche war er wiederum tätig von Montag bis Freitag jeweils von 06:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Er erschien auf Weisung des Beklagten jeden Morgen gegen 06:00 Uhr bei der Spedition G in K. und erhielt dort einen Tourenplan zur Beförderung von Post. Diese Tour dauerte bis 09:00 Uhr. Dann erhielt er bei der Spedition G. den Plan für die zweite Tour zur Beförderung von Stückgut, regelmäßig im Raum …. Dieser Arbeitsablauf wiederholte sich im Zeitraum vom 8. bis 25. Juni 2004 täglich.

Am 25. Juni 2004 teilte der Beklagte dem Kläger fernmündlich mit, dass er nicht weiter eingesetzt werde.

Der Kläger begehrte mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 19. Juli 2004 Arbeitsvergütung für die Zeit vom 8. Juni bis 30. Juni in Höhe von 920,00 EUR netto, was der Beklagte mit Schreiben vom 26. Juli 2004 ablehnte.

Der Kläger begehrt vom Beklagten Zahlung in Höhe von insgesamt 4.520,00 EUR netto für die Zeit vom 8. Juni 2004 bis 30. September 2004.

Wegen des weiteren streitigen Sachverhaltes, insbesondere des prozessualen Verlaufs und des streitigen Vortrages der Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge, wird Bezug genommen auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und ausgeführt, die Parteien hätten am 8. Juni 2004 einen Arbeitsvertrag geschlossen, nach dessen Inhalt der Kläger für den Beklagten die Tätigkeit eines Kraftfahrers ausüben sollte. Mit Aufnahme der Tätigkeit am 8. Juni 2004 sei der Arbeitsvertrag durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen. Der Kläger sei weder Praktikant gewesen noch habe er sich in einem Anlernverhältnis oder befristeten Probearbeitsverhältnis befunden. Die Befristung scheitere bereits an der fehlenden Schriftform. Der Kläger habe daher auch Anspruch auf Arbeitsvergütung in der eingeklagten Höhe.

Gegen das ihm am 15. Dezember 2004 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 6. Januar 2005 Berufung eingelegt und diese sogleich begründet.

Der Beklagte behauptet:

Im Rahmen des Bewerbungsgespräches vom 8. Juni 2004 hätten sich die Parteien darauf geeinigt, dass der Kläger ein zweiwöchiges unentgeltliches Praktikum als Test absolviere und anschließend entschieden werde, ob er die zum 1. Juli 2004 zu besetzende Position einnehmen könne. Er – Beklagter – habe dem Kläger erklärt, dass er wegen des Körpervolumens des Klägers eine Beschäftigung für sehr problematisch halte. Der Kläger habe versucht, diese Bedenken auszuräumen. Deshalb sei es zu der Vereinbarung über das unentgeltliche Praktikum gekommen. In diesem Zusammenhang habe er den Kläger aufgefordert, ihm den in solchen Fällen üblichen Erhebungsbogen der Bundesagentur für Arbeit für Eignungsfeststellungsbeschäftigungen zu übermitteln. Der Kläger habe jedoch erwidert – unstreitig –, dass er bereits seit langer Zeit keine Leistungen der Bundesagentur für Arbeit mehr erhalte und dies deshalb nicht notwendig sei. Da das durchgeführte Praktikum nicht zu seiner Zufriedenheit gelaufen sei, habe er dem Kläger am 25. Juni 2004 fernmündlich mitgeteilt, dass das bis zum 25. Juni 2004 befristete Praktikum an diesem Tage sein Ende finden werde und dass er ihn für eine Festanstellung ab 1. Juli 2004 nicht mehr berücksichtigen könne und werde.

Daraus – so meint der Beklagte – folge, dass die Feststellungen des Arbeitsgerichts zur Kündigung im Beschäftigungsverhältnis neben der Sache lägen. Es sei nicht ein Arbeitsverhältnis, sondern ein Praktikum vereinbart worden, das nicht von § 623 BGB erfasst werde. Die Vereinbarung unentgeltlicher Tätigkeit verstoße nicht gegen ein gesetzliches Verbot.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbe...

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