Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderungen aus einem Sozialplan sind auf Nachteilsausgleichsansprüche (§ 113 BetrVG) anzurechnen

 

Normenkette

BetrVG § 113

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 31.03.2000; Aktenzeichen 4 Ca 607/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.11.2001; Aktenzeichen 1 AZR 11/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 31.03.2000 – 4 Ca 607/00 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Nachteilsausgleich gemäß § 113 BetrVG hat und ob ggf. ein solcher Anspruch auf Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan anzurechnen ist.

Der am 07.11.1964 geborene Kläger war seit dem 01.09.1990 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt, zuletzt als Elektrotechniker im Bereich Technik/Konstruktion bei einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 5.424,50 DM. Auf das Arbeitsverhältnis sind die Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein anzuwenden.

Unter dem 23.06.1999 fasste die Gesellschafterversammlung der Beklagten den Beschluss, wonach der Standort in Lübeck zum 30.11.1999 geschlossen wird. Zugleich wurde die Geschäftsleitung der Beklagten beauftragt, die erforderlichen Besprechungen mit dem Betriebsrat in Lübeck aufzunehmen und alle sonstigen erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung des Beschlusses, einschließlich notwendig werdender Kündigungen zu ergreifen; wegen des Inhaltes dieses Beschlusses wird auf die Anlage B 2 (Anlagenband zum Schriftsatz vom 09.03.2000) Bezug genommen. Am 29.06.1999 unterrichtete die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat darüber, dass sie beabsichtige, ihr Werk in Lübeck zu schließen, um sich auf den Produktionsstandort in Dänemark zu konzentrieren. Geschäftsleitung und Betriebsrat nahmen nach dieser Information Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen auf. Es wurden mehr als zehn, zum Teil ganztägige Interessenausgleichsverhandlungen durchgeführt. Am 10.08.1999 fassten die Geschäftsleitung und der Betriebsrat gemeinsam den Gesprächsstand an diesem Tage zusammen. In dem gemeinsam unterzeichneten Vermerk heißt es u. a. auf Seite 2/3 (Anlage B8 im Anlagenband zum Schriftsatz vom 09.03.2000):

Dieser Weg soll mit Hilfe eines neutralen externen Unternehmensberaters kurzfristig analysiert und begutachtet werden.

Die Parteien sind sich darüber einig, dass nach Abgabe des ersten Berichtes eines abschließende vierte Verhandlungsrunde unter allen Beteiligten nicht später als Dienstag, 30.08.1999 stattfindet und, dass es das erklärte ernste Ziel beider Parteien ist, an diesem Termin die Interessenausgleichsverhandlungen zum Abschluss zu bringen.

Unter diesen vorgenannten Voraussetzungen stimmt die Geschäftsführung der Beauftragung von Dr. H. & Partner als Unternehmensberater zu.

Dr. H. ist sodann auch als Unternehmensberater im Interessenausgleichsverfahrens tätig geworden. Die Geschäftsleitung bot dem Betriebsrat für einen Einigungsstellentermin zur Verhandlung über den Interessenausgleich den 24.09.1999 an. Die Betriebsparteien konnten sich über diesen Termin jedoch nicht einigen. Die Einigungsstelle ist von der Geschäftsleitung dann nicht mehr angerufen worden.

Die Geschäftsleitung erklärte die Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs am 22.09.1999 für gescheitert und übergab am gleichen Tag dem Betriebsrat eine Liste mit den Namen der zu kündigenden Arbeitnehmer und leitete das Anhörungsverfahren gemäß § 102 BetrVG ein. Das Arbeitsgericht Lübeck wies einen vom Betriebsrat am 23.09.1999 eingereichten Antrag, den Ausspruch von Kündigungen per einstweiliger Verfügung zu untersagen, durch Beschluss vom 24.09.1999 ab (AZ: 1 BV Ga 72/99). Am 29.09.1999 widersprach der Betriebsrat schriftlich der beabsichtigten Kündigung des Klägers. Am 30.09.1999 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.12.1999, auch allen anderen Arbeitnehmern wurde an diesem Tage betriebsbedingt gekündigt. Nach dem Ausspruch der Kündigung vollzog die Beklagte die Stilllegung des Betriebes.

Am 13.12.1999 einigten sich die Betriebsparteien über die Einsetzung einer Einigungsstelle zur Verhandlung über einen Sozialplan. Diese beschloss am 19.01.2000 einen Sozialplan, aus dem dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 38.551,30 DM zusteht. Der Sozialplan enthält keine Regelung darüber, ob Ansprüche aus dem Sozialplan auf einen etwaigen Anspruch auf Nachteilsausgleich anzurechnen ist; wegen des weiteren Inhalts des Beschlusses der Einigungsstelle wird auf Bl. 26–30 d.A. Bezug genommen.

Der Kläger meint, er habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Nachteilsausgleich, weil die Beklagte die Verhandlungen über einen Interessenausgleich ohne Anrufung der Einigungsstelle abgebrochen habe. Er hat hierzu vorgetragen:

Die Beklagte habe keine ernsthaften Interessenausgleichsverhandlungen geführt, da das Ziel der Werkschließung von vornherein festgestanden habe. Der Nachteilsausgleichsanspr...

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