Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch. Veruntreuungen durch Oberbuchhalter. Überwachungspflicht des Leiters des Rechnungswesens. Mitverschulden des Arbeutgebers
Leitsatz (amtlich)
Für Veruntreuungen, die ein Oberbuchhalter begeht, ist der Leiter des Rechnungswesens wegen Verletzung seiner vertraglichen Überwachungs- und Kontrollpflicht schadensersatzpflichtig, wenn und soweit ein mitwirkendes Verschulden des Arbeitgebers nicht in Betracht kommt
Normenkette
BGB §§ 611, 249, 254
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 13.02.1991; Aktenzeichen 5a Ca 1777/88) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und Widerklägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 13.02.1991 geändert, soweit die Widerklage abgewiesen worden ist.
Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin 103.690,– DM zu zahlen zuzügl. Zinsen
auf 20.900,– DM |
14 % vom 01.01.1982 bis 21.03.1982, |
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13,5 % vom 22.03.1982 bis 19.05.1982, |
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13 % vom 20.05.1982 bis 30.05.1982, |
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12,75 % vom 01.06. bis 31.08.1982, |
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12,25 % vom 01.09. bis 29.10.1982, |
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11,25 % vom 30.10. bis 09.12.1982, |
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10,25 % vom 10.12. bis 31.12.1982, |
auf 59.790,– DM |
10,25 % vom 01.01.1983 bis 06.01.1983, |
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10 % vom 07.01. bis 31.03.1983, |
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9,5 % vom 11.03. bis 31.03.1983, |
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8,75 % vom 01.04. bis 30.04.1983, |
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8,25 % vom 01.05. bis 31.05.1983, |
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7 % vom 01.06. bis 31.12.1983, |
auf 98.790,– DM |
7 % vom 01.01.1984 bis 12.01.1984, |
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4 % vom 13.01.1984 bis 31.12.1984, |
auf 103.690,– DM |
4 % ab 01.01.1985. |
Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen; die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger und Widerbeklagte zu 13 %, die Beklagte und Widerklägerin zu 87 %.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger gegenüber dem Beklagten als Konkursverwalter der Fa. T. GmbH & Co. KG wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht gegenüber dem Oberbuchhalter Karl P. in Höhe von 820.128,18 DM schadensersatzpflichtig ist.
Die Fa. T. betrieb seit 1969 in Kiel sowie mehreren auswärtigen Filialen ein Handelsgeschäft mit Teppichen und Heimtextilien; gegründet worden ist sie von den damaligen Gesellschaftern Volker L. sowie Klaus S., die zugleich Geschäftsführer waren. Sie beschäftigte u. a. ab 1971 den Oberbuchhalter Karl P.
Der Kläger wurde gemäß Dienstvertrag vom 30.08.1971 „zur Unterstützung der Geschäftsleitung” eingestellt. In § 1 des Dienstvertrages heißt es weiter:
Sein Aufgabengebiet umfaßt insbesondere:
- Leitung des Rechnungswesens einschließlich der Kostenrechnung und Statistik,
- Beratung der Geschäftsleitung auf dem Gebiet des Organisations- und Finanzwesens.
Darüber hinaus wird Herr Br. sich mit allen Aufgabengebieten des Unternehmens im Laufe der Zeit bekannt und vertraut machen.
Zum 01.04.1971 erhielt der Kläger Prokura. Zu den Aufgaben des Oberbuchhalters Karl P. gehörte es u. a., die Bareinnahmen aus dem Haupt- sowie den Filialgeschäften zur Bank zu bringen. In den Jahren 1977 bis 1980 unterschlug Karl P. Barmittel über insgesamt 280.700,– DM, indem er in dieser Höhe Bankeinzahlungen unterließ und zum Ausgleich fingierte Zahlungen von Warenrechnungen über ein fingiertes Konto 70111 verbuchte. Im Jahre 1979 wurden in der Fa. T. erhebliche Inventurdifferenzen festgestellt; dies veranlaßte die Fa. T. zu einer Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Diebstahls. 1981 verdeckte Karl P. eine Unterschlagung über 12.000,– DM dadurch, daß er den Barverkaufserlös um diesen Betrag gemindert verbuchte und eine entsprechend geringere Bankeinzahlung veranlaßte. In den Jahren 1981 bis Februar 1984 unterschlug Karl P. insgesamt 518.450,– DM, indem er Bareinzahlungen nicht zur Bank brachte und zum Ausgleich nicht existente Wechsel auf dem Schuldwechselkonto verbuchte. Im Jahre 1983 schied der Gesellschafter S. aus. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Fa. T. endete durch Aufhebungsvertrag vom 26.02. zum 29.02.1984; in diesem ist u. a. vereinbart worden:
4.) Darüber hinaus bestehen keine weiteren gegenseitigen Verpflichtungen bzw. Forderungen
In den Jahren 1981 bis 1984 ließ der Kläger private Tankquittungen einer Bo. Tankstelle in Höhe von insgesamt 8.978,18 DM über die Firmenkasse abrechnen. Als anläßlich der Umstellung der Finanzbuchhaltung auf eine firmeninterne EDV-Anlage im Januar 1985 bei der Übertragung der Saldenvorträge erhebliche Fehlbeträge in der Buchhaltung festgestellt wurden, beauftragte die Fa. T. im April 1986 den Steuerberater und Wirtschaftsprüfer J., eine Unterschlagungsprüfung vorzunehmen; dieser fertigte ein Gutachten unter dem 16.04. sowie 11.06.1986. Am 10.05.1986 erhob die Fa. T. gegen Karl P., der im Februar 1986 ausgeschieden war, Schadensersatzklage wegen begangener Unterschlagungen; dieser ist rechtskräftig zur Zahlung von 508.950,– DM verurteilt worden – Arbeitsgericht Kiel, Urt. v. 28.11.1986 (3 Ca 758/86); LAG Schl.-Holst., Teil-Urt. v. 15.06.1987, Schluß-Urt. v. 16.09.1987 2 (5) (6) Sa 30/87 –. Vollstreckungsmaßnahmen gegen K...