Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsvereinbarung. Rahmenvereinbarung. Tiefdrucker. Einführung. Flexi-Schichten. Arbeitszeit. Überstunden. Abgrenzung. Tarifvertrag. Sperrwirkung. Arbeitgeber. Bestimmungsrecht (unzulässiges ?)
Leitsatz (redaktionell)
Eine Rahmenbetriebsvereinbarung, die den Arbeitgeber berechtigt, drei zusätzliche Flexi-Schichten bzw. sechs Sonntagsschichten im Wege seines Direktionsrechts anzuordnen, soweit nicht genügend Mitarbeiter auf freiwilliger Basis hierzu bereit sind, verstößt nicht gegen den Tarifvorrang nach § 77 Abs. 3, § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG, wenn die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit dadurch nicht verändert wird.
Normenkette
BetrVG § 77 Abs. 3, § 87 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 06.06.2001; Aktenzeichen 4 Ca 240 b/01) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 06.06.2001 – 4 Ca 240 b/01 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung zur Ableistung von Überstunden im Rahmen sog. Flexi- bzw. Sonntagsschichten auf der Grundlage der Rahmenbetriebsvereinbarung.
Der am …1946 geborene Kläger ist seit April 1963 bei der Beklagten als Tiefdrucker zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst in Höhe von DM 7.000,00 (EURO 3.579,04) beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft eines Firmentarifvertrages u. a. der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 06.02.1997 sowie die diesen ergänzenden Tarifverträge Anwendung.
Die Beklagte schloss mit dem in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat am 03.04.2000 eine „Rahmenbetriebsvereinbarung zum Reinvestitionsprojekt” in der Druckerei I… (Abl. der Betriebsvereinbarung Bl. 6 – 13 d. A.). In der Einleitung zur Rahmenbetriebsvereinbarung haben die Betriebsparteien folgendes erklärt:
„Zwischen den Parteien dieser Vereinbarung besteht Einigkeit darüber, daß zum Zwecke der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Druckerei G. Druck I. (nachfolgend „Betrieb”) und damit zum Zwecke der Zukunftssicherung des Standortes I. gemeinsame Maßnahmen von Unternehmen und Belegschaft nötig sind. Diese Maßnahmen betreffen nicht nur die Modernisierung des Maschinenparks, sondern auch die Senkung von Personalkosten. Nach Abschluß der zu diesem Zweck abzuschließenden betrieblichen Vereinbarungen wird das Unternehmen sein Technikkonzept (nachfolgend „Investitionen”) umsetzen.”
In II. (Arbeitszeit und Arbeitszeitflexibilisierung) der Rahmenbetriebsvereinbarung haben die Betriebsparteien in Ziff. 1 für die Bereiche Formherstellung, Fortdruck, T + L und Betriebstechnik Regelungen unter a) „3 Flexi-Schichten als Überstunden” und unter b) „6 Sonntagsschichten als Überstunden” vereinbart. Danach hat das Unternehmen das Recht zusätzlich zur jeweils tariflich vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit drei sog. Flexi-Schichten pro Kalenderjahr von jedem/jeder vierschichtig arbeitenden Mitarbeiter/in zum Abruf als Überstunden in bestimmten Freiwochen (sog. Bereitschaftsfreiwochen) abzufordern. Diese Flexi-Schichten werden auf einem einzurichtenden Flexi-Konto des/der Mitarbeiters/in zeitlich geführt und abgerechnet. In den Bereitschaftsfreiwochen besteht für den/die Mitarbeiterin Rufbereitschaft. Die Flexi-Schichten werden spätestens am Donnerstag vor der Bereitschaftsfreiwoche abgerufen. Die Rahmenbetriebsvereinbarung sieht im Übrigen vor, dass der Mitarbeiter für geleistete Flexi-Schichten entweder Freizeitausgleichstage im Verlauf des Jahres verlangen kann; diese werden mit dem Faktor 1,5 berechnet; zusätzlich werden die angefallenen Überstundenzuschläge bezahlt. Der Arbeitnehmer kann aber auch erklären, dass er/sie die Flexi-Schichten als Überstunden bezahlt bekommen möchte.
Hinsichtlich der sechs Sonntagsschichten ist geregelt, dass am Ende des Vorjahres im Zusammenhang mit der Urlaubsplanung jeder/jede vierschichtig arbeitende Mitarbeiter/in in Abstimmung mit der Abteilungsleitung mindestens vier, höchstens jedoch 10 Sonntage über das Kalenderjahr in einen vom Unternehmen vorgefertigten Arbeitszeitverteilungsplan einträgt, aus dem hervorgehen muss, an welchen Sonntagen wie viele Mitarbeiter/innen voraussichtlich benötigt werden. Die Eintragung gilt als Einverständniserklärung des/der Mitarbeiters/in zur Ableistung der eingetragenen Sonntagsschicht. Die Abforderung erfolgt durch das Unternehmen. Bis zu drei Sonntagsschichten kann das Unternehmen als Frühschichten einteilen, die übrigen als Nachtschichten. Für diese Frühschichten wird ein übertariflicher Zuschlag von 45 % brutto eines Stundenlohnes pro Stunde zusätzlich gezahlt. Von dem/der Mitarbeiter/in zur Verfügung gestellte, nicht abgenommene Flexi-Schichten verfallen am Ende des Kalenderjahres.
Nach II. 1. c) der Betriebsvereinbarung ist der Arbeitgeber für den Fall, dass nicht genügend freiwillige Mitarbeiter zur Verfügung stehen, berechtigt, Mitarbeiter verpflichtend zu...