Entscheidungsstichwort (Thema)
amtsärztliche Untersuchung. Vorlage von ärztlichen Vorbefunden
Leitsatz (amtlich)
Ein Angestellter der Deutschen Bundesbank, der sich gem. § 59 Abs. 1–2 BBkAT der amtsärztlichen Untersuchung unterzieht, ist nicht verpflichtet, dem Amtsarzt ärztliche Vorbefunde vorzulegen.
Normenkette
BBkAT § 7 Abs. 2 Angestellten TV der Deutschen Bundesbank, § 59 Abs. 1 Angestellten TV der Deutschen Bundesbank, Abs. 2 Angestellten TV der Deutschen Bundesbank
Verfahrensgang
ArbG Flensburg (Urteil vom 09.05.1996; Aktenzeichen 2 Ca 247/96) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 09.05.1996 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 30.01. zum 30.06.1996 beendet worden ist. Der am 16.09.1938 geborene Kläger war bei der Beklagten vom 01.09.1975 bis zum 31.08.1978 befristet beschäftigt. Gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 31.08.1978 ist er weiterbeschäftigt worden. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Angestelltentarifvertrag der Deutschen Bundesbank vom 11.07.1961 (im folgenden BBkAT) Anwendung. Der Kläger war in der Zeit vom 10.07.1990 bis zum 02.06.1995 an insgesamt 1.149 Kalendertagen arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 07.06.1995 forderte die Beklagte ihn unter Hinweis auf § 59 BBkAT auf, einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente bei der Bundesanstalt für Angestellte bis zum 15.07.1995 zu stellen. Diese Aufforderung wies der Kläger mit Schreiben vom 21.07.1995 zurück. Aufgrund der amtsärztlichen Untersuchung vom 15.11.1995 erstellte das Gesundheitsamt für die Stadt Flensburg folgendes amtsärztliches Gutachten:
Herr L. stellte sich am 15.11.1995 zur amtsärztlichen Untersuchung hier vor. Aufgrund dieser ließ sich eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nicht feststellen. Die zur vollständigen Klärung des Krankheitsbildes erforderlichen fachärztlichen Vorbefunde konnten jedoch nicht hinzugezogen werden, da Herr L. die Zustimmung dazu verweigerte. Die gutachterliche Stellungnahme kann deshalb nur mit dieser Einschränkung gemacht werden. Das ausführliche Gutachten ist im Gesundheitsamt niedergelegt.
Nachdem die Beklagte das Gutachten am 19.12. erhalten hatte, forderte sie den Kläger mit Schreiben vom 21.12. auf, bis zum 15.01.1996 dem Gesundheitsamt Flensburg die benötigten Unterlagen vorzulegen, anderenfalls das Arbeitsverhältnis außerordentlich zum Ablauf des 30.06.1996 gekündigt würde. Das Arbeitsamt Flensburg hat den Kläger mit Bescheid vom 08.01.1996 einem Schwerbehinderten gem. § 2 SchwbG gleichgestellt. Nachdem die Hauptfürsorgestelle mit Bescheid vom 29.01.1996 der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zugestimmt hatte, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 30.01. das Arbeitsverhältnis außerordentlich zum 30.06.1996 mit der Begründung auf, daß der Kläger dem Amtsarzt nicht die erforderlichen Unterlagen vorgelegt habe. Unter dem 16.02.1996 hat der Kläger gegen den Zustimmungsbescheid der Hauptfürsorgestelle Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.
Der Kläger hat vorgetragen:
Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liege nicht vor. Er habe keine schuldhafte Pflichtverletzung begangen, sich vielmehr der amtsärztlichen Untersuchung unterzogen, obwohl er hierzu weder nach § 59 noch nach § 7 BBkAT verpflichtet gewesen sei. Er sei auch nicht verpflichtet gewesen, dem Amtsarzt die fachärztlichen Vorbefunde zur Verfügung zu stellen. Zudem habe die Beklagte mit der Kündigung vom 30.01.1996 die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten. Schließlich sei der Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört worden.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 30.01.1996 nicht aufgelöst wurde, sondern über den 30.06.1996 zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Die Weigerung des Klägers, dem Amtsarzt die fachärztlichen Vorbefunde zur Verfügung zu stellen, stelle eine grobe Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten dar, die sie zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund berechtige.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 09.05.1996 nebst dessen Verweisungen Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsbegehren des Klägers mit der Begründung entsprochen, daß die Weigerung des Klägers, dem Amtsarzt die fachärztlichen Vorbefunde zur Verfügung zu stellen, keine so schwerwiegende Pflichtverletzung sei, daß eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sei. Fraglich sei bereits, ob der Kläger eine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt habe, als er sich nicht damit einverstanden erklärt habe, d...