REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN JA

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die im Baugewerbe gemäß § 7 Nr. 4 BRTV-Bau zu zahlende Auslösung gleicht den Mehraufwand für die Verpflegung und Unterkunft aus. Ein Anspruch auf Erstattung der tatsächlich entstandenen Unterkunftskosten für eine vom Arbeitnehmer angemietete Unterkunft besteht daneben nicht. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 120 c Abs. 4 Nr. 1 GewO i. V. m. den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 684 S. 1, 818 Abs. 2 BGB).

2. Es ist allein Sache der Tarifvertragsparteien, die Auslösungssätze an die tatsächlichen Kosten anzupassen.

 

Normenkette

GewO § 120c Abs. 4 Nr. 1; BGB § 684 S. 1, § 818 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 11.02.1993; Aktenzeichen 2d Ca 2858/92)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.02.1996; Aktenzeichen 5 AZR 418/94)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 11.02.1993 – 2d Ca 2858/92 – geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger war von der Beklagten als Fliesenleger auf einer auswärtigen Baustelle eingesetzt. Er macht mit seiner Klage den Ersatz von Übernachtungskosten für eine Unterkunft geltend, die er sich am Arbeitsort angemietet hatte.

Der am 15. Mai 1940 geborene Kläger ist seit 1960 bei der Beklagten als Fliesenleger mit einem Gesamttarifstundenlohn von zuletzt 22,88 DM beschäftigt. In der Zeit vom 4. Oktober bis 23. Oktober 1992 arbeitete er für die Beklagte auf der Baustelle „Kurbetrieb G.”. Die Beklagte stellte dem Kläger für diesen Zeitraum keine Unterkunft zur Verfügung. Der Kläger mietete sich vielmehr selbst im eigenen Namen für diesen Zeitraum eine Unterkunft in G. an. Hierfür wendete er insgesamt 1.070,– DM auf. Er forderte mit Schreiben vom 22. November 1992 von der Beklagten Ersatz dieses Betrages. Eine Zahlung seitens der Beklagten erfolgte nicht. Der Kläger erhielt von der Beklagten für Oktober 1992 jedoch eine tarifliche Auslösung von insgesamt 1.086,– DM.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne von der Beklagten Ersatz der Unterbringungskosten aus dem Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen. Die Beklagte sei gemäß § 120 c Abs. 4 GewO verpflichtet gewesen, ihm eine Unterkunft zu stellen. Mit der Anmietung der Unterkunft habe er, der Kläger, ein Geschäft der Beklagten geführt und könne die insoweit entstandenen Kosten ersetzt verlangen. Die empfangene Auslösung schließe den geltend gemachten Ersatzanspruch nicht aus. Gemäß § 7.4.4 Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV-Bau) könne für den Fall der Unterkunftsstellung seitens des Arbeitgebers lediglich ein Betrag in Höhe des halben Gesamttarifstundenlohnes der Berufsgruppe III von der tariflichen Auslösung einbehalten werden. Diesen Betrag habe er von seiner Forderung abgezogen (Eigenanteil 11,44 DM × 20 Tage = 228,80 DM).

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 841,20 DM netto nebst 4 % Zinsen seit dem 5. Januar 1993 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe durch die Zahlung der Auslösung ihre tarifvertraglichen Pflichten erfüllt. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Ersatz der Unterbringungskosten bestehe nicht. Ein Anspruch aus § 120 c Abs. 4 GewO auf kostenfreie Stellung einer Übernachtungsunterkunft bestehe nicht.

Die Beklagte hat für den Fall, daß das Gericht den Klageanspruch für gegeben hält, die Aufrechnung mit der dem Kläger gewährten Auslösung in Höhe von 1.086,– DM erklärt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dies wie folgt begründet:

Dem Kläger stehe gemäß §§ 684 S. 1, 818 Abs. 2 BGB ein Anspruch aus unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag auf Ersatz der geltend gemachten anteiligen Übernachtungskosten zu. Er habe durch die Anmietung der Unterkunft ein Geschäft der Beklagten geführt. Die Beklagte sei als Arbeitgeber gemäß § 120 c Abs. 4 Nr. 1 GewO verpflichtet, Unterkünfte für die Freizeit auf der Baustelle oder in der Nähe bereitzustellen. Der Kläger habe auch mit Fremdgeschäftsführung gehandelt, da die Anmietung der Unterkunft zumindest auch zum objektiven Rechtskreis der Beklagten gehört habe (sog. „auch-fremdes-Geschäft”). Eine berechtigte Geschäftsführung im Sinne von § 683 S. 1 BGB habe nicht vorgelegen. Der Kläger sei zur Anmietung weder beauftragt noch sonst gegenüber der Beklagten berechtigt gewesen.

Der Anspruch des Klägers richte sich nach den Vorschriften der Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Der erlangte Vermögensvorteil für die Beklagte liege in der Ersparung von Aufwendungen.

Die Forderung des Klägers sei auch nicht durch Zahlung der tariflichen Auslösung erfüllt. Das ergebe die Auslegung der einschlägigen tariflichen Vorschriften. Gem. § 2 des Tarifvertrages über die Auslösungssätze für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes (TV Auslösung) sei die Auslösung des § 7.4 BRTV-Bau „Ersatz für den Mehraufwand für Ver...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge