Entscheidungsstichwort (Thema)
Erziehungsurlaub. Urlaubsvergütung. Krankenbezüge. Aufschlag. Bemessungszeitraum. Gleichbehandlungsgrundsatz
Leitsatz (amtlich)
1. Im Anwendungsbereich des BAT sind Personen, die aus dem Erziehungsurlaub zurückkehren, bei der Berechnung der Urlaubsvergütung und der Krankenbezüge den neueingestellten Personen gleichzustellen.
2. § 47 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT ist nicht anzuwenden, wenn eine Person, die vor dem Erziehungsurlaub als Vollzeitkraft gearbeitet hat, ihre Arbeit nach dem Erziehungsurlaub mit reduzierter Arbeitszeit wieder aufnimmt.
Normenkette
BAT § 36 Abs. 1 Unterabs. 2, § 36 Abs. 1 Unterabs. 5, § 37 Abs. 3, § 47 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 11.03.1994; Aktenzeichen 2c Ca 1530/93) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 11.03.94 – 2c Ca 1530/93 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob der Klägerin für Mai 1992 bis Dezember 1992 noch insgesamt 730,28 DM zustehen. Wegen der Aufschlüsselung der Forderung wird auf die Aufstellung in der Anlage III zu dem Schriftsatz vom 14.09.1993 (Bl. 20 d. A.) Bezug genommen. Die Begründetheit der Forderung hängt davon ab, ob der Beklagte bei der Berechnung des Monatsdurchschnitts für die Vergütung von Urlaubs- und Krankheitstagen die Zeit vom 01.02.92 bis 31.03.92 zu Unrecht mitberücksichtigt hat. Zwischen den Parteien herrscht Einigkeit darüber, daß die Forderung der Klägerin der Höhe nach zutreffend ermittelt worden ist, falls der genannte Zeitraum bei der Berechnung außer Ansatz bleiben muß.
Die Klägerin ist bei dem beklagten Kreis seit dem 01.11.1984 zu den Bedingungen des BAT beschäftigt. Durch Vertrag vom 09.10.85 (Bl. 51–52 d. A.) wurde sie als Krankenschwester in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden übernommen. Vom 22.07.90 bis 21.01.92 nahm die Klägerin Erziehungsurlaub. Durch Vertrag vom 15.10.91 (Bl. 53 d. A.) wurde ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mit Wirkung ab 22.01.92 auf 19,25 Stunden herabgesetzt. Am 22.01.92 nahm die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit als OP-Schwester wieder auf.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß bei der Durchschnittsberechnung nach der Protokollnotiz Nr. 2 Satz 5 zu § 47 Abs. 2 BAT erst die Zeit ab April 1992 berücksichtigt werden dürfe. Diese Vorschrift müsse in ihrem Fall angewandt werden, da gemäß § 36 Abs. 1 Unterabsatz 5 BAT der Beginn des Erziehungsurlaubs der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichstehe.
Sie hat beantragt,
die beklagte Partei zu verurteilen, an die klagende Partei DM 730,28 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, die Vergütung der Klägerin sei zutreffend nach § 47 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT berechnet worden. Da sich die arbeitsvertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit geändert habe, seien die nach der Änderung der Arbeitszeit und vor dem Beginn des Urlaubs bzw. der Krankheit liegenden abgerechneten vollen Kalendermonate heranzuziehen. Der Erziehungsurlaub sei in § 47 BAT nicht geregelt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 11.03.94, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 31–37 d. A.), stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 36 Abs. 1 Unterabs. 5 BAT gelte auch im Rahmen des § 47 Abs. 2 BAT; § 47 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT finde auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, weil er gerade als Neueinstellung zu betrachten sei.
Gegen das ihm am 27.04.94 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 26.05.94 Berufung eingelegt und diese am 21.06.94 begründet.
Er trägt vor, im vorliegenden Fall gehe es nicht um die Bemessung des Aufschlags nach § 36 BAT, sondern um die Bestimmung des Berechnungszeitraumes nach § 47 Abs. 2 BAT. Der Bezugszeitraum sei eigenständig und abschließend in § 47 Abs. 2 BAT geregelt. Diese Vorschrift verweise nur auf § 36 Abs. 1 Unterabs. 2 BAT, nicht jedoch auf § 36 Abs. 1 Unterabs. 5 BAT. Zu Unrecht gehe das angefochtene Urteil davon aus, daß § 47 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT im vorliegenden Fall keine Anwendung finde. Aber auch dann, wenn § 36 Abs. 1 Unterabs. 5 BAT im vorliegenden Fall gelten würde, führe dies nicht zu dem Ergebnis, daß die Monate Februar und März außer Betracht bleiben müssen. Es gelte dann nämlich § 36 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 BAT.
Es gebe auch einen sachlichen Grund, bei Neueingestellten die ersten beiden Monate nicht zu berücksichtigen und diesen Schutz den Angestellten, die für die Zwecke der Vergütungsabrechnung wie neueingestellte Personen zu behandeln sind, zu versagen. Der neueingestellte Angestellte werde in der Regel zu Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses noch nicht in vollem Umfang zu Bereitschaftsdiensten usw. herangezogen. Der Arbeitnehmer, der nach dem Erziehungsurlaub die Arbeit wieder aufnehme, könne dagegen sofort wieder voll zu Bereitschaftsdiensten usw. eingesetzt werden...