Entscheidungsstichwort (Thema)

Kurzarbeit. Kurzarbeitergeld. Saison-Kurzarbeitergeld. kein Anspruch. Baugewerbe. Arbeitgeber. Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

In § 4 BRTV Bau ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen bei Arbeitsversäumnis und Arbeitsausfall Lohn gezahlt wird. Nach § 4 Ziff. 1 BRTV Bau wird grundsätzlich der Lohn nur für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit gezahlt, soweit nicht eine der im Folgenden abschließend aufgezählten Ausnahmen vorliegt. Diese ausschließende Vereinbarung ist hinreichend deutlich und klar. Das gilt auch für die Schlechtwetterzeit, wie § 4 Nr. 6.1 BRTV Bau zeigt.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 615; BRTV-Bau § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 22.11.2007; Aktenzeichen 5 Ca 917 a/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.04.2009; Aktenzeichen 5 AZR 310/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 22.11.2007 – 5 Ca 917 a/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Vergütung für Zeiten zu zahlen, in denen im Betrieb wegen Kurzarbeit nicht gearbeitet wurde.

Der Kläger ist am …1967 geboren, verheiratet und einer Person unterhaltspflichtig. Bei der Beklagten war er seit dem 7.8.1999 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV Bau). Die Beklagte, die einen Kleinbetrieb i. S. des § 23 KSchG unterhält, kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 31.1.2007 zum 31.3.2007. In dem deshalb geführten Rechtsstreit (5 Ca 344 a/07 ArbG Kiel) verglichen sich die Parteien am 12.3.2007 dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis mit dem 31.3.2007 ende, die Beklagte sich verpflichte, an den Kläger eine Abfindung i. H. v. 1.500 EUR zu zahlen und der Kläger unter Fortzahlung der Vergütung, aber ohne Anrechnung auf Urlaub für die letzte Märzwoche freigestellt wird.

Die Mitarbeiter der Beklagten hatten seit Februar 2007 Kurzarbeitergeld bezogen. Für den Kläger hatte die Beklagte für Februar 2007 Saison-Kurzarbeitergeld i.H.v. 1.133,47 EUR abgerechnet (Bl. 16 d. A.) und ausgezahlt. Mit der Abrechnung für März 2007 (Bl. 17, 133 d. A.) brachte sie diesen Betrag wieder in Abzug. Für die Zeit vom 1. bis 12.3.2007 zahlte sie keine Vergütung. Vom 13. bis 26.3.2007 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und erhielt Entgeltfortzahlung. Für die Zeit vom 27. bis 31.3.2007 rechnete die Beklagte 31 Normalstunden ab. Mit Schreiben vom 17.4.2007 hat der Kläger seine Forderung auf Zahlung von 1.133,42 EUR für Februar und 382,12 EUR für März geltend gemacht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf Zahlung des Saison-Kurzarbeitergeldes. Nach § 4 Ziffer 6.1 BRTV Baugewerbe sei der Arbeitgeber verpflichtet, das Saison-Kurzarbeitergeld in der gesetzlichen Höhe mit der nächsten Lohnabrechnung zu zahlen, soweit der Lohnausfall in der gesetzlichen Schlechtwetterzeit nicht durch die Auflösung von Arbeitsguthaben ausgeglichen werden könne. Die zentrale Anspruchsnorm der Wintergeldregelung ab dem 1.5.2006 sei § 4 Nr. 6.1 BRTV. Die Tarifvertragsparteien hätte in der Tarifrunde 2004/2005 versucht, die Winterarbeitslosigkeit im Baugewerbe durch die tarifliche Vorschrift so zu verändern, dass der Wegfall des Saisonarbeiter-Privilegs nicht dazu führen sollte, dass ein Großteil der Beschäftigten alle 2 Jahre an Stelle eines Anspruchs nach Arbeitslosengeld I nur Ansprüche nach Arbeitslosengeld II hätten. Daher sei das neue Saison-Kurzarbeitergeld, das nicht nur für witterungsbedingten Ausfall, sondern nach § 175 SGB III auch für Auftragsmangel gezahlt werde, in das System des Kurzarbeitergeldes eingegliedert worden. Gerade die Kombination des Wegfalls eines Anspruches einer Lohnersatzleistung im Falle einer Kündigung im Schlechtwetterzeitraum und des Wegfalls von Lohnansprüchen nach dem BRTV Bau habe dazu geführt, dass die Tarifvertragsparteien sich auf eine Ergänzung des § 4 Ziffer 6.1. BRTV verständigt hätten. Mit der Formulierung des § 4 Ziffer 6.1. Satz 2 BRTV hätten die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitgeber nach den Tarifvertrag auf jeden Fall verpflichtet sei, an den Arbeitnehmer eine Zahlung in Höhe des Saison-Kurzarbeitergeldes zu leisten. Diese Formulierung sei unabhängig von den sozialversicherungsrechtlichen Regelungen des SGB III und bewusst gewählt worden, um den Arbeitnehmer zu schützen. Es handele sich um eine materiell-rechtliche Anspruchsnorm.

Die Beklagte hat Zahlungsansprüche des Klägers geleugnet. Sie hat vorgetragen, grundsätzlich stehe Arbeitnehmern in der gesetzlichen Schlechtwetterzeit bei einem Arbeitsausfall, der auf wirtschaftlichen oder witterungsbedingten Gründen beruhe, gemäß § 175 SGB III Saison-Kurzarbeitergeld zu. Das gelte aber nur, solange das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Auflösungsvertrag aufgelöst sei. Demzufolge könnten Arbeitnehmer ab dem Tag des Zugangs der Kündigung nicht mehr Saison-Kurzarbeitergeld erhalten.

Die Bek...

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