Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung. Betriebsübergang. Unternehmerentscheidung
Leitsatz (redaktionell)
Entschließt sich der Arbeitgeber im Unternehmensbereich zu einer organisatorischen Maßnahme, bei deren innerbetrieblichen Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt, kann dies eine betriebsbedingte Kündigung sozial rechtfertigen.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2; BGB §§ 611, 613a
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Urteil vom 20.12.2001; Aktenzeichen 4 Ca 312 b/01) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 20. Dezember 2001 – 4 Ca 312 b/01 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten.
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. August 1992 als Küchenhilfe in Teilzeit beschäftigt. Die Vergütung betrug zuletzt rd. 1.900,00 DM brutto monatlich. Auf das Arbeitsverhältnis findet entweder der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) oder der Manteltarifvertrag (MTArb) Anwendung. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 30. Januar 2001 zum 1. Juni 2001 nach Anhörung des Betriebsrats gekündigt, weil die „Reinigungs-, Küchen- und Servierbereiche sowie die Diätabteilung und die Abteilung Ernährungsberatung mit Ablauf des 31. März 2001 vollständig stillgelegt” würden.
Vor der Klägerin war wegen Betriebsstilllegung mehr als 80 Arbeitnehmern zum 31. Januar 2001 gekündigt worden. Da die Klägerin sich bis zum Jahreswechsel im Erziehungsurlaub befunden hatte, wurde ihr gegenüber die Kündigung später erklärt.
Der Kündigung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Aufgrund eines Gutachtens der … AG haben die Gesellschafter beschlossen, die bisher von der Beklagten betriebenen Reinigungs-, Küchen- und Servierbereiche sowie die Diätabteilung und die Ernährungsberatung zum 31. März 2001 stillzulegen und spätestens zum 1. April 2001 sämtliche Dienstleistungen in den genannten Bereichen an die Firma G… (…mbH) zu übertragen (im nachfolgenden Service-GmbH).
Die Beklagte wollte mit der Entscheidung ihre Aktivitäten auf die Kernkompetenz eines Klinikbetriebes reduzieren.
Durch notariellen Vertrag vom 16. Januar 2001 errichteten die Beklagten und die Firma Z… GmbH die Firma G… mbH (im Folgenden Service-GmbH) mit dem Sitz in B…. Die Beklagte hat 51%, die Firma Z… 49% der Gesellschaftsanteile übernommen. Der das Gesellschaftsverhältnis regelnde Gesellschaftsvertrag bestimmt u. a.:
§ 2 Gegenstand des Unternehmens
(1) Gegenstand des Unternehmens ist die Durchführung von Dienstleistungstätigkeiten für die R… wie folgt:
- Reinigungstätigkeiten aller Art sowie der Tätigkeit des klinischen Hauspersonals (ibs. Stationshilfen o. ä.) der allgemeinen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten (ibs. Etagenhilfen), des Hol- und Bringdienstes, des Transportdienstes der Wäscherei und Wäscheversorgung;
- Speisen- und Getränkeversorgung einschließlich der damit verbundenen Nebenleistungen und Transportdienste;
Stammkapital, Stammeinlagen
(1) Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt
Euro 25.000,00 |
(in Worten: Euro fünfundzwanzigtausend). |
(2) Auf das Stammkapital übernehmen:
- die R… GmbH, |
|
|
eine Stammeinlage von |
Euro |
12.750,00 |
- die Z… GmbH, |
|
|
eine Stammeinlage von |
Euro |
12.250,00 |
§ 5
Geschäftsführung
Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer, die durch Gesellschaftsbeschluss bestellt und abberufen werden. Hierbei ist sicherzustellen, dass der oder die Geschäftsführer jeweils aus der Leitung der R… GmbH stammen.
§ 7
Ausübung der Geschäftsführung
(4) Die Geschäftsführung bedarf für alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens der Gesellschaft hinausgehen, der vorhergehenden Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss. Hierzu zählen insbesondere
f) Abschluss von Reinigungs-, Catering…-Verträgen, sofern das sich hieraus jeweils für die Gesellschaft ergebende Vergütungsvolumen Euro 5.000,00 pro Kalendermonat übersteigt;
Unter dem 26. März 2001 schlossen die Beklagte als „Auftraggeber” und die Service-GmbH als „Auftragnehmer” einen Vertrag, dessen Zielsetzung in der Vorbemerkung wie folgt bestimmt ist:
- Die Patienten und Mitarbeiter des Auftraggebers qualitativ anspruchsvoll zu verpflegen;
- dem Auftraggeber einen möglichst wirtschaftlichen Betrieb des Verpflegungsbereichs sicherzustellen.
In diesem Vertrag, der im Folgenden als Vertrag Dienstleistung Küchenbereich bezeichnet wird, heißt es u. a.:
§ 2
Leistungsumfang im Einzelnen
Im Einzelnen hat der Auftragnehmer demgemäß folgende Tätigkeiten zu erbringen:
Zubereitung aller Speisen und Getränke, wie in den gemeinsam festgelegten Speiseplänen vorgesehen;
Erstellen von Speiseplänen;
Aufgaben der Diätassistenz und Ernährungsberatung;
- Disponierung aller zu beschaffenden Waren;
- Speisenportionierung und Vorbereitung zur Verteilung sowie Verteilung der Speise...