Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Anschlussverbot. Keine Abweichung vom Gesetzeswortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine sachgrundlose Befristung scheidet aus, wenn bereits zuvor mit demselben Arbeitgeber ein befristetes oder unbefristetes Beschäftigungsverhältnis bestanden hat. Dieses Anschlussverbot gilt unbefristet und ohne zeitliche Eingrenzung.
2. Der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in zwei Grundsatzentscheidungen vom 6. April 2011 und vom 21. September 2011 zum Verständnis des Anschlussverbots ausgeführt, dass eine sachgrundlose Beschäftigung nicht kraft Gesetzes ausscheidet, wenn das Ende eines zwischen den Arbeitsvertragsparteien vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mehr als drei Jahre zurückliegt. Das Bundesarbeitsgericht hat dabei auf die Entstehungsgeschichte der Norm und deren Sinn und Zweck abgestellt.
3. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein folgt dieser Rechtsprechung ausdrücklich nicht. Der Gesetzeswortlaut mit dem Begriff "bereits zuvor" sei sprachlich eindeutig und so zu verstehen, dass es keine zeitliche Begrenzung des Anschlussverbots gebe. Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes spreche für ein zeitlich uneingeschränktes Anschlussverbot. Im Aufbau des § 14 Abs. 1 und Abs. 2 TzBfG seien erst der Grundsatz der Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge mit enumerativ aufgezählten Sachgründen geregelt und dann die engen Vorgaben einer befristeten Einstellung ohne Sachgrund. Diese könnten nicht nachträglich durch die Gerichte relativiert werden.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1-2; GG Art. 3, 12
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 15.06.2016; Aktenzeichen 1 Ca 358 b/16) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 15.06.2016 - 1 Ca 358 b/16 - abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis vom 01.10.2014 / 03.06.2015 nicht aufgrund der Befristung mit Ablauf des 30.06.2016 geendet hat.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits (beide Verfahren).
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Befristungsabrede zum 30. Juni 2016.
Die Klägerin war bei der Beklagten in der Zeit vom 22. Oktober 1991 bis zum 30. November 1992 als vollbeschäftigte Angestellte tätig.
Unter dem 01. Oktober 2014 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen befristeten Arbeitsvertrag für eine Vollzeitbeschäftigung, und zwar beginnend ab 15. Oktober 2014 bis zum 30. Juni 2015. In § 8 dieses Arbeitsvertrages versicherte die Klägerin, zuvor bei der Bundesagentur für Arbeit in keinem Arbeitsverhältnis gestanden zu haben, dessen Ende drei Jahre oder weniger zurückliegt.
Mit Änderungsvereinbarung vom 03. Juni 2015 wurde die Klägerin als Vollzeitbeschäftigte bis zum 30. Juni 2016 weiterbeschäftigt.
Die Beklagte hat gemeint, die Befristung sei sachgrundlos gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zulässig. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG stehe dem nicht entgegen, denn die Klägerin habe mit ihr - Beklagte - in den letzten drei Jahren zuvor kein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis gehabt.
Die Klägerin wendet sich gegen die Rechtsprechung des 7. Senats des Bundesarbeitsgerichts und hat gemeint, das Anschlussverbot gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestehe zeitlich uneingeschränkt.
Wegen der Argumentation in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und folgt der Rechtsprechung des 7. Senats.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 13. Juli 2016 zugestellte Urteil am 09. August 2016 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist bis 13. Oktober 2016 am 12. Oktober 2016 begründet.
Die Parteien wiederholen und vertiefen ihre Rechtsauffassungen zum Verständnis des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG .
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 15.06.2016 - 1 Ca 358 b/16 - abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis vom 01.10.2014 / 03.06.2015 nicht aufgrund der Befristung mit Ablauf des 30.06.2016 geendet hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie auch Erfolg. Der Wirksamkeit der vereinbarten sachgrundlosen Befristung steht das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegen. Die erkennende Kammer vermag dem Auslegungsergebnis des 7. Senats des Bundesarbeitsgerichts ( BAG, Urteil vom 06. April 2011 - 7 AZR 716/09 -; BAG, Urteil vom 21. September 2011 - 7 AZR 375/10 - ) zum Verständnis des "bereits - zuvor Arbeitsverhältnisses" nicht zu folgen. Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung ist § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG dahin zu verstehen, dass eine s...