Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung. Alkoholmissbrauch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach einem Betriebsübergang bedarf es keines erneuten Hinweises des Betriebsübernehmers auf ein vormals bestehendes Alkoholverbot im übernommenen Betrieb. Dieses gilt ohne weiteres fort.

2. Die Auffassung eines Arbeitnehmers, im Baugewerbe sei eine gelegentliche Flasche Bier erlaubt, ist angesichts eines angeordneten Alkoholverbots ohne Bedeutung.

3. Bereits der Genuss einer Flasche Bier in der Mittargspause reicht als Verstoß gegen ein absolutes Alkoholverbot, um als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung geeignet zu sein.

 

Normenkette

BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 20.02.2003; Aktenzeichen 2 Ca 3658/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 20. Februar 2003 – 2 Ca 3658/02 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien durch fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung des Beklagten.

Der Kläger ist am …1967 geboren. Am 2. Mai 1995 wurde er in dem Betrieb des Beklagten bzw. dessen Vorgängers als Geräteführer und Arbeiter für Abbrucharbeiten eingestellt. Der Beklagte befasst sich mit der Durchführung von Handabbrucharbeiten Asbestsanierung, Erdbau und Containerservice. Am Einstellungstag unterzeichnete der Kläger eine Belehrung über das absolute Alkoholverbot im Betrieb (Bl. 11 d. A.). Der Beklagte übernahm den Betrieb am 10. April 2000. Strittig ist, ob er aus diesem Anlass auch ausdrücklich auf das Weiterbestehen des Alkoholverbotes hinwies.

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22. August 2002 (Bl. 5 d. A.) fristlos, hilfsweise fristgerecht. Hiergegen richtet sich die vom Kläger am 5. September 2002 erhobene Klage, die das Arbeitsgericht mit Urteil vom 7. November 2002, auf das hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, abgewiesen hat. Hiergegen hat der Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt und diese begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt er vor, das Arbeitsgericht habe seine Erklärung vor dem Arbeitsgericht Hamburg nicht als Geständnis werten dürfen. Prozessrechtlich handele es sich nicht um ein solches. Eine Abmahnung habe er von dem Beklagten nicht erhalten. Nach Übernahme des Betriebs durch den Beklagten sei eine Wiederholung der Belehrung vom 2. Mai 1995 unterblieben. Der Beklagte habe auch geduldet, dass er, der Kläger und auch andere Kollegen gelegentlich in der Mittagspause eine Flasche Bier getrunken hätten. Damit habe der Beklagte den Eindruck vermittelt, dass das absolute Alkoholverbot nicht mehr gelten solle. Diese Praxis stehe auch im Einklang mit der Üblichkeit im Baugewerbe. Er sei nicht abgemahnt worden. Der Beklagte habe auch niemals geprüft, ob er, der Kläger, möglicherweise alkoholkrank sei. Zudem treffe die Darstellung des Beklagten zum Verlauf 22. August 2002 nicht zu. An diesem Tag habe er gearbeitet und nur während der Mittagspause eine Flasche Bier getrunken. Das Gericht habe dem Zeugen P. vielfach unzulässige Suggestivfragen gestellt und die Verhandlung solange hinausgezögert, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus Zeitgründen wegen eines anschließenden weiteren Termins vor dem Arbeitsgericht Hamburg nicht mehr die Gelegenheit gehabt habe, Fragen an diesen Zeugen zu stellen. Eine entsprechende Erklärung sei nicht in das Protokoll aufgenommen worden. Die Verhandlung habe bereits wegen einer umfangreichen Vorberatung mit Verspätung begonnen und habe sich mit wiederholten Unterbrechungen hingezogen. Da die Kündigung unwirksam sei, stehe ihm auch die Vergütung unter Berücksichtigung des anderweitigen Verdienstes zu.

Der Kläger beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die mündliche fristlose Kündigung vom 22. August 2002 noch durch die schriftliche Kündigung vom 22. August 2002, zugegangen am 24. August 2002, aufgelöst wurde;
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die fristgemäße Kündigung des Beklagten vom 24. August 2002 aufgelöst wurde;
  3. den Beklagten für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Geräteführer und Arbeiter für Abbrucharbeiten mit einem Stundenlohn von 11,50 EUR brutto und einer Wochenarbeitszeit von 39 Stunden zu beschäftigen und zu vergüten;
  4. den Beklagten zu verurteilen, an ihn für den Lohnmonat August 2002 890,43 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2002 zu zahlen;
  5. den Beklagten zu verurteilen, an ihn für den Lohnmonat September 2002 2.546,43 EUR brutto abzgl. anderweitigen Verdienstes in Höhe von 580,00 EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2002 zu zahlen;
  6. den Beklagten zu verurteilen, an ihn für den Lohnmonat Oktober 2002 weitere 2.546,43 EUR brutto abzgl. anderweitigen Verdienstes in Höhe von 1.328,37 EUR netto nebst 5 %...

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