Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweites Versäumnisurteil und unverschuldetes Nichterscheinen einer Partei zum Verhandlungstermin
Leitsatz (redaktionell)
Gegen ein zweites Versäumnisurteil kann eine Berufung erfolgreich sein, wenn kein Fall der Säumnis vorgelegen hat. Der fehlenden Säumnis steht das unverschuldete Nichterscheinen zum Termin gleich. Zudem muss die säumige Partei auch das zur Säumnis führende Ereignis dem Gericht unverzüglich mitteilen. Hat eine Partei durch eine Zug- oder Flugverspätung den Termin versäumt und dies unverzüglich dem Gericht mitgeteilt, darf kein zweites Versäumnisurteil ergehen; der Prozess muss dann vertagt werden (§ 337 ZPO).
Normenkette
ArbGG § 64 Abs. 2 Buchst. d); ZPO § 337
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 11.07.2018; Aktenzeichen 3 Ca 909 d/17) |
Tenor
- Auf die Berufung des Klägers wird das Zweite Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 11.07.2018, Az. 3 Ca 909 d/17, aufgehoben und der Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Neumünster zur Durchführung des Einspruchstermins gegen das Versäumnisurteil vom 11.04.2018 zurückverwiesen.
- Die Gerichtskosten für die Berufung werden nicht erhoben.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch darüber, ob der Klägerin gegenüber der Beklagten ein Schadensersatzanspruch zusteht. Im Berufungsverfahren wendet sich die Klägerin gegen den Erlass eines Zweiten Versäumnisurteils.
Der Kläger ist Rechtsanwalt mit Kanzlei in H. und betreibt zugleich das beklagte Gestüt in B.. Er ist privat wohnhaft in B. G.. Die 23-jährige Beklagte war auf dem Gestüt des Klägers als Pferdepflegerin vom 16.07.2017 bis 30.08.2017 zu einem Monatsgehalt von 1.764,00 € brutto beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund fristloser Kündigung des Klägers.
Am 27.09.2017 hat der Kläger gegen die Beklagte vor dem Arbeitsgericht Zahlungsklage erhoben und von der Beklagten Schadensersatz wegen der Verletzung eines Hengstes und eines Fohlens und der dadurch ausgelösten tierärztlichen Behandlungskosten beansprucht. Er hat behauptet, die Beklagte habe entgegen ausdrücklicher Weisung zum Ausmisten ihre eigene, viel zu spitze Forke benutzt und sowohl den Hengst als auch das Fohlen verletzt.
Im Kammertermin vom 14.02.2018 hat das Arbeitsgericht Termin zur Fortsetzung der streitigen Verhandlung auf den 11.04.2018 anberaumt. Aufgrund der Säumnis des Klägers hat das Arbeitsgericht auf Antrag der Beklagten am 11.04.2018 die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen. Gegen dieses ihm am 26.04.2018 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger am 16.04.2018 beim Arbeitsgericht Einspruch eingelegt. Das Arbeitsgericht hat - nach zwei Verlegungsanträgen - Termin zur Verhandlung über den Einspruch auf den 11.07.2018, 11: 30 Uhr, anberaumt. Die Terminsladung ist dem Kläger als Anwalt des beklagten Gestüts am 26.04.2018 zustellt worden. Vor Sitzungsbeginn hat der Kläger am 11.07.2018 auf der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts angerufen und mitgeteilt, dass er sich wegen einer Flugverspätung ca. 45 Minuten verspäten werde. Nachdem nach nochmaligem Aufruf der Sache um 12: 20 Uhr für den Kläger niemand erschienen war, hat das Arbeitsgericht auf Antrag der Beklagten durch Erlass eines Zweiten Versäumnisurteils den Einspruch des Klägers gegen das Versäumnisurteil vom 11.04.2018 verworfen.
Gegen das ihm am 19.07.2018 zugestellte Zweite Versäumnisurteil hat der Kläger am 13.08.2018 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese sogleich begründet.
Der Kläger trägt vor, er habe seinen privaten Wohnsitz in B. G. und habe für den 11.07.2018 den Flug LH 2... von M. nach H. gebucht mit einer regulären Ankunft in H. F. um 10: 20 Uhr. Bei Ankunft auf dem Flughafen in M. sei ihm bereits gesagt worden, dass der Abflug sich um ca. 30 Minuten verspäten würde. Um 9: 05 Uhr habe er auf der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts angerufen, und mitgeteilt, dass er sich ca. 45 Minuten verspäten werde. Tatsächlich sei sein Flieger aber erst um 11: 15 Uhr gelandet. Um 12: 03 Uhr habe er nochmals auf der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts angerufen und mitgeteilt, dass er sich jetzt auf der Autobahn von H. in Richtung Neumünster befinde und sein Navi eine Ankunftszeit von 12: 20 Uhr anzeige. Trotz dieser Ankündigungen habe der Beklagtenvertreter um 12: 20 Uhr den Erlass eines Zweiten Versäumnisurteils beantragt. In dem Moment, als die Vorsitzende den Erlass des Versäumnisurteils protokolliert hatte, habe er den Sitzungssaal betreten. Die Vorsitzende sei nicht Willens gewesen, noch einmal in die Verhandlung einzutreten. Ihn treffe wegen der Säumnis kein Verschulden. Er habe zum Zeitpunkt des Reiseantritts nicht mehr auf ein anderes Verkehrsmittel ausweichen können. Aufgrund der Annullierung des Fluges LH 2... habe er auch auf keinen früheren Flug umbuchen können. Er habe dem Gericht zweieinhalb Stunden vor dem Termin die Verspätung angekündigt, sodass auch die Möglichkeit einer Terminsverlegung bestanden habe.
Der Kläger beantragt,
das Zweite Versä...