Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsverhältnis. Ehe. Ehegatteninnenverhältnis. Zuordnung. Arbeitsleistung. Arbeitsvergütung. Erfüllung. Ehegattenarbeitsverhältnis und Auszahlung einer Arbeitsvergütung
Leitsatz (amtlich)
1. Ob es sich bei der Arbeit eines Familienangehörigen um Mitarbeit auf familienrechtlicher Grundlage, oder um eine Arbeitsleistung auf der Grundlage eines – mündlich geschlossenen – Arbeitsverhältnisses handelt, ist durch wertende Betrachtungsweise zu ermitteln.
2. Haben die Parteien gerade neben den während einer Ehe und einer gemeinsamen Haushaltsführung immer anfallenden familienrechtlichen Leistungen ausdrücklich ein Arbeitsverhältnis gewollt und gelebt und nach Außen hin konkrete Zahlungsbeträge als Vergütung deklariert, kann dieses Verhältnis nicht nachträglich gerichtlich anders eingeordnet werden.
3. Ist ein solches Arbeitsverhältnis begründet worden, hat der mitarbeitende Ehepartner für seine arbeitsvertragliche Arbeitsleistung Anspruch auf Auszahlung einer gesonderten, vom Familienunterhalt unabhängigen und ihm frei zur Verfügung stehenden Vergütung.
4. Bezüglich der Erfüllung der Lohnansprüche kann sich der Arbeitgeber nicht darauf berufen, die Arbeitnehmerin habe ihren Lebensunterhalt vom gemeinsamen Konto bestritten.
Normenkette
BGB §§ 611, 362
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 01.02.2006; Aktenzeichen 4 Ca 1657 b/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 01.02.2006 – 4 Ca 1657 b/05 – abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 22.721,36 EUR nebst 5 %-Punkten Zinsen p. a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2004 zu zahlen.
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten erster Instanz trägt der Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erfüllung von Vergütungsansprüchen aus einem Ehegattenverhältnis.
Die Parteien sind seit dem 21.11.1969 miteinander verheiratet und leben seit dem 22.05.2001 voneinander getrennt. Sie haben zwei Kinder, die Anfang der 70er Jahre geboren wurden.
Seit Mitte 1974 war der Beklagte Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes, der auch Pferdezucht zum Gegenstand hat. Der Betrieb wurde mit Wirkung zum 30.06.2003 vom Beklagten auf den gemeinsamen Sohn überschrieben.
Kurz nach Eheschließung, im Dezember 1970, vereinbarten die Parteien Gütertrennung (Bl. 36 f d. A.).
Die Parteien schlossen unstreitig 1974 einen mündlichen Arbeitsvertrag. Der Klägerin wurde die Abwicklung sämtlicher Geldgeschäfte des landwirtschaftlichen Betriebes übertragen. Sie erhielt umfassende Kontovollmachten und wickelte diese Geldgeschäfte des Betriebes unstreitig gegenüber den Behörden etc. ab. Die Parteien vereinbarten keine bestimmte monatliche Vergütung. Sie orientierten sich gegenüber dem Finanzamt und sonstigen Behörden bei der Angabe der Vergütung an dem Steuerfreibetrag für geringfügige Beschäftigte. Insoweit wurden gegenüber den Finanzbehörden unstreitig in der Zeit von 1974 bis zur Trennung im Mai 2001 Einkünfte der Klägerin in Höhe von insgesamt 99.853,93 DM = 51.054,50 EUR angegeben. Eigenständige, gezielt auf die Erfüllung von Arbeitsvergütungsansprüchen gerichtete Zahlungen an die Klägerin erfolgten in den ganzen Jahren nicht.
Kurz nach der Trennung machte die Klägerin mit Schreiben vom 30.08.2001 die Vergütungsansprüche für die Zeit von Mitte 1974 bis Mai 2001 geltend (Anlage K1 – Bl. 15 ff d. A.). Nach außergerichtlicher Ablehnung erhob sie die vorliegende Klage auf Zahlung von 51.054,50 EUR. Der Betrag ist rechnerisch unstreitig.
Zum 01.06.1993 schloss die Klägerin zwei Lebensversicherungen bei der W… mit einer Laufzeit von 15 Jahren und einer monatlichen Zahlung von je 300,00 DM ab (Bl. 17 und 18 d. A.). Als Bezugsberechtigte wurden die gesetzlichen Erben angegeben. Außerdem wurde eine Lebensversicherung zu Gunsten des gemeinsamen Sohnes abgeschlossen. Vom 01.06.1993 bis einschließlich Juli 1999 wurden die auf diese Lebensversicherungen zu zahlenden monatlichen Prämien vom Betriebskonto überwiesen. Das ist insgesamt ein Betrag von 22.721,36 EUR. Ab 01.08.1999 erfolgten die Zahlungen auf alle drei Lebensversicherungen vom Privatkonto der Klägerin.
Mit Urteil vom 01.02.2006 bejahte das Arbeitsgericht den Zahlungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten als Anspruch auf geschuldete und noch nicht gezahlte Arbeitsvergütung, rechnete jedoch die zwischen Juni 1993 und Juli 1999 getätigten Zahlungen an die Lebensversicherungen hierauf an. Unter Verneinung des Vorliegens der Verwirkung verurteilte es den Beklagten zur Zahlung von 28.353,14 EUR. In Höhe von 22.721,36 EUR wies es die Klage ab. Zur Vermeidung von Wiederholungen auch bezüglich des Vortrages der Parteien und der erstinstanzlichen Anträge wird auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses den beiden Parteien am 28. März 2006 zugestellte Urteil gingen beide Parteien in die Berufung. Die Klägerin legte am 13.04.2006 Be...