Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachgrundlose Befristung. Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber. Gestaltungsmissgebrauch zur Umgehung des sog. Zuvorbeschäftigungsverbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine „Zuvor-Beschäftigung” i.S.v. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist nicht gegeben, wenn das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt. In diesem Sinn hat der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts die Vorschrift in seinem Urteil vom 06.04.2011 (7 AZR 716/09) ausgelegt. Dem schließt sich die Berufungskammer an.
2. Ist nicht erkennbar, dass der Wechsel von einem zum anderen Vertragsarbeitgeber ausschließlich deshalb erfolgte, um das Zuvor-Beschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG zu umgehen, so kann ein Gestaltungsmissbrauch nicht angenommen werden.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 2 Sätze 1-2; BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 07.07.2011; Aktenzeichen ö. D. 5 Ca 878 b/11) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 07.07.2011 – ö. D. 5 Ca 878 b/11 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30.06.2011 geendet hat.
Der am …1965 geborene Kläger ist ledig und hat keine Unterhaltspflichten zu erfüllen. Er war im Jahr 1989 für einen Monat bei der Beklagten als Hilfskraft tätig.
Am 15.03.2007 trat der Kläger als Profiler in die Dienste der Firma M. GmbH (M.). Der zugrundeliegende Arbeitsvertrag vom 12.03.2007 war befristet für die Zeit bis zum 31.03.2008. Zu diesem Zeitpunkt sollte das Projekt „J.” enden (vgl. Bl. 31 – 34 d. A.). Am 29.02.2008 wurde der Vertrag vom 12.03.2007 aufgehoben (Bl. 30 d. A.). Ebenfalls am 29.02.2008 schloss der Kläger mit der M. einen für die Zeit vom 01.03.2008 bis zum 31.03.2008 befristeten Vertrag als Arbeitsvermittler (Bl. 24 – 27 d. A.). Am 28.03.2008 schlossen der Kläger und die M. einen weiteren befristeten Vertrag für die Zeit vom 01.04.2008 bis zum 31.03.2009 (Bl. 18 – 21 d. A.) sowie am einen befristeten Vertrag für die Zeit vom 01.04.2009 bis zum 30.06.2009 (Bl. 12 – 15 d. A.). Die M. erteilte dem Kläger ein Zeugnis über eine Tätigkeit als Profiler und Arbeitgeberberater (Bl. 10-11 d. A.).
Der Kläger schloss sodann mit der Beklagten unter dem Datum 02.04.2010 einen befristeten Vertrag für die Zeit vom 01.07.2009 bis 30.06.2010 (Bl. 57 – 58 d. A.) sowie am 22.03.2010 einen Verlängerungsvertrag für die Zeit vom 01.04.2010 bis 31.12.2010 (Bl. 5 d. A.). Schließlich kamen die Parteien überein, dass der Kläger weiterhin vom 01.01.2011 bis 30.06.2011 befristet als Arbeitsvermittler beschäftigt wird. Die Beklagte hat sich zur Rechtfertigung der Befristung auf keinen Sachgrund berufen.
Die M. hatte mit der Beklagten eine Leistungsvereinbarung (Bl. 59 – 63 d. A.) geschlossen. Im Rahmen des Projektes „J.” sollten danach Hilfsbedürftige in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Das Projekt „J.” wurde bis zum 30.06.2009 fortgeführt. Während der Laufzeit des Projektes gab es für die Beschäftigten der M. einen eigenen Teamleiter. Die Beschäftigten der M. nahmen nicht an Personalversammlungen der Beklagten teil. Personal- bzw. Beurteilungsgespräche sowie etwaige Krankenrückkehrgespräche führte stets die zuständige Führungskraft der M.. Auch der Erholungsurlaub wurde durch die M. abgewickelt, ebenso die Gehaltszahlungen. Bei öffentlichen Auftritten im Rahmen des Projekts „J.” traten sowohl ein Verantwortlicher der Firma M. als auch der Geschäftsführer des Jobcenters auf. Im Rahmen einer „J.” – internen Fortbildung mit Mitarbeitern beider Arbeitgeber wurde in der Teilnehmerliste ausdrücklich aufgeführt, wer zur M. gehörte bzw. wer zum Jobcenter zählte. Auch wurden beide Logos in der Kopfzeile der Präsentation verwendet (vgl. Bl. 66 d. A.).
Aus § 11 der Leistungsvereinbarung ergibt sich, dass personenbezogene Daten der Bewerber nur zu den in der Vereinbarung genannten Zwecken verarbeitet und genutzt werden dürfen. Der Kläger hatte danach in vollem Umfang Zugriff auf die für seine Funktion erforderlichen Daten der Beklagten aber keinen darüber hinausgehenden Zugriff. Der Kläger war bei der Beklagten als Arbeitsvermittler (U 25/Ü 25) im Bereich SGB II tätig.
Der Kläger hat gemeint, dass die Befristung des Arbeitsvertrages zum 30.06.2011 unwirksam sei. Auch wenn es sich bei der M. um ein eigenständiges Unternehmen handele, so sei es mit der Beklagten organisatorisch verzahnt. Denn trotz des „Wechsels” des Arbeitgebers seien Arbeitsplatz und Arbeit gleich geblieben. Nach außen sei nicht erkennbar gewesen, welcher Mitarbeiter zu welchem Unternehmen gehört habe. So sei der Zeuge H. als Teamleiter zuständig für die M.. Gleichzeitig sei er jedoch auch stellvertretender Teamleiter des gesamten Teams, bestehend aus Mitarbeitern der Beklagten, der M. und der Stadt K.. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt. Davon sei a...