Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltrahmenabkommen Metallindustrie. ERA-Strukturkomponente
Leitsatz (redaktionell)
Wenn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern einzelvertraglich ein Leistungspaket vereinbart, das ua die freiwillige Weitergabe von tarifvertraglichen Gehaltssteigerungen vorsieht, bedeutet das nicht, dass der Arbeitgeber sich die Leistung immer wieder vorbehalten will.
Der Begriff „freiwillig” muss nicht so verstanden werden, dass ein Rechtsanspruch ausgeschlossen werden soll.
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 13.01.2005 – 2 Ca 1398/04 – werden zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung tragen der Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 20 %.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Weitergabe von Tariflohnerhöhungen der Metallindustrie Schleswig-Holstein im Zusammenhang mit der Einführung des Entgelt-Rahmen-Abkommens (ERA) aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung. In einem Parallelverfahren (2 Ca 3254/03 bzw. 2 Sa 66/05) werden Ansprüche aus dem Jahr 2003 geltend gemacht.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.04.1986 als Angestellter beschäftigt. Er ist Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats. Im Monat April 2003 erhielt er ein Grundgehalt von 3.515,10 EUR brutto zuzüglich einer erfolgsbezogenen Prämie in Höhe von 249,29 EUR. Im Monat September 2003 belief sich sein Grundgehalt auf 3.590,39 EUR. Die erfolgsbezogene Prämie betrug 277,41 EUR. Im März 2004 erhielt er 3.617,32 EUR Grundgehalt.
Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Inhalt des zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsverhältnisses ist das sog. Leistungspaket der Beklagten (BI. 10 d. A. ff.), das auf das Arbeitsverhältnis mit dem Stand Juli 1996 Anwendung findet. Dieses lautet auszugsweise:
4.1 In der A. GmbH werden marktgerechte Gehälter gezahlt. Es erfolgt mangels Tarifbindung keine Eingruppierung, z.B. entsprechend den Bestimmungen der Metallindustrie. Das Gehalt unterteilt sich in ein Grundgehalt als anforderungsbezogenem Entgeltbestandteil und einen freiwilligen, erfolgsbezogenen Prämienanteil.
4.2 Es wird ein Jahresgehalt vereinbart, welches sich unterteilt in 12 Monatsentgelte. Das Monatsentgelt besteht aus einem anforderungsbezogenen und einem erfolgsbezogenen Teil gemäß Ziffer 1.4.
4.3 Die A. GmbH wird die in der Metallindustrie Schleswig-Holstein zwischen den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Gehaltssteigerungen in Summe, bezogen auf das anforderungsbezogene Entgelt freiwillig an alle Beschäftigten weitergeben, soweit dies aus wirtschaftlichen Gründen vertretbar ist und soweit es sich nicht um strukturelle Änderungen handelt. Die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation wird dabei an den Plan- und Ist-Zahlen sowie der generellen Einschätzung der weiteren Geschäftssituation erfolgen. Hierüber entscheidet die Geschäftsleitung jeweils nach entsprechendem Tarifabschluss. Die Entscheidung ist mit dem Betriebsrat vor Umsetzung zu beraten. Die zur Verfügung stehende Summe wird zu 50 % als generelle, kollektive Erhöhung auf das anforderungsbezogene Gehalt weitergegeben. Die übrigen 50 % sind der individuellen Gehaltsüberprüfung vorbehalten.
Die Mitglieder des Nordverbund e.V., bestehend aus Nordmetall (Hamburg), Nordmetall (Wilhelmshaven) und der IG Metall Bezirk Küste (Hamburg), haben u.a. für das Tarifgebiet Schleswig-Holstein ihr Verhandlungsergebnis in einer Erklärung vom 24. Mai 2002 niedergelegt (BI. 6 ff d. A.). Dort heißt es:
3. Mit Wirkung ab 1. Juni 2002 erhöht sich das Tarifvolumen um insgesamt 4 %, mit Wirkung ab 1. Juni 2003 um weitere 3,1 %. Diese Erhöhungen werden jeweils wie folgt auf zwei Komponenten verteilt:
3.1 Mit Wirkung ab 1. Juni 2002 werden die Löhne und Gehälter um 3,1 % erhöht, mit Wirkung ab 1. Juni 2003 um weitere 2,6 %.
3.2 Das restliche Erhöhungsvolumen von 0,9 % bzw. 0,5 % fließt in ERA-Strukturkomponenten.
3.2.1 Die Beschäftigten erhalten:
a. für die Zeit vom 01.06.2002 bis 31.12.2002 mit der Abrechnung Juli 2002 die erste ERA-Strukturkomponente als Einmalzahlung. Diese berechnet sich wie folgt: 8,24 × 0,9 % : 1,031 ×
b. für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.05.2003 mit der Abrechnung April 2003 die erste ERA-Strukturkomponente als Einmalzahlung. Diese berechnet sich wie folgt: 5,00 × 0,9 % : 1,031 ×
c. für die Zeit vom 01.06.2003 bis 31.12.2003 mit der Abrechnung vom September 2003 die zweite ERA-Strukturkomponente als Einmalzahlung. Diese berechnet sich wie folgt: 8,24 × 0,5 % : 1,026 ×
individuelles regelmäßiges Monatsentgelt des Auszahlungsmonats (feste sowie leistungs- und zeitabhängige variable Bestandteile ohne Mehrarbeitsvergütung), soweit es Gegenstand der Erhöhung gemäß Ziffer 3.1 dieser Vereinbarung war.
Die Beklagte zahlte die nach Ziffer 3.2.1 a) vorgesehene Einmalza...