(1) 1Einnahmen und Ausgaben sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. 2Einnahmen aus Krediten im Sinne von Satz 1 entstehen dem Land auch dann, wenn Kredite von Fonds, Einrichtungen und Unternehmen des Landes, die gemäß den gesetzlichen Vorgaben der Europäischen Union dem Staatssektor zuzurechnen sind (Extrahaushalte), aufgenommen werden und wenn der daraus folgende Schuldendienst aus dem Landeshaushalt erbracht wird oder künftig zu erbringen ist.
(2) Nach Maßgabe der Absätze 3 bis 7 können Einnahmen und Ausgaben durch Kredite ausgeglichen werden (zulässige Kreditaufnahme) oder es besteht eine Verpflichtung zur Tilgung von Kreditmarktschulden (Tilgungsverpflichtung).
(3) 1Finanzielle Transaktionen wirken sich mindernd oder erhöhend auf die zulässige Kreditaufnahme oder Tilgungsverpflichtung aus. 2Zur Bereinigung der Einnahmen und Ausgaben um finanzielle Transaktionen wird eine Finanztransaktionskomponente errechnet. 3Die Finanztransaktionskomponente ergibt sich aus dem Unterschied zwischen der Summe der einnahmeseitigen finanziellen Transaktionen und der Summe der ausgabeseitigen finanziellen Transaktionen. 4Einnahmeseitige finanzielle Transaktionen sind die Einnahmen aus der Veräußerung von Beteiligungen, aus der Kreditaufnahme beim öffentlichen Bereich sowie aus Darlehensrückflüssen. 5Ausgabeseitige finanzielle Transaktionen sind die Ausgaben für den Erwerb von Beteiligungen, für Tilgungen an den öffentlichen Bereich und für die Darlehensvergabe. 6Einnahmeseitige finanzielle Transaktionen erhöhen, ausgabeseitige finanzielle Transaktionen senken die Finanztransaktionskomponente. 7Eine negative Finanztransaktionskomponente erhöht die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise verringert die Tilgungsverpflichtung. 8Eine positive Finanztransaktionskomponente verringert die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise erhöht die Tilgungsverpflichtung.
(4) 1Konjunkturelle Schwankungen wirken sich mindernd oder erhöhend auf die zulässige Kreditaufnahme oder Tilgungsverpflichtung aus. 2Zur Feststellung der Auswirkungen einer Abweichung von der wirtschaftlichen Normallage ermittelt das Finanzministerium eine Konjunkturkomponente. 3Die Konjunkturkomponente errechnet sich aus dem Produkt der nominalen gesamtstaatlichen Produktionslücke, der Budgetsemielastizität der Ländergesamtheit und dem Anteil des Landes Baden-Württemberg an den Steuereinnahmen der Länder einschließlich des Länderfinanzausgleichs und der Allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen (Steueranteil des Landes). 4Die nominale gesamtstaatliche Produktionslücke wird entsprechend § 5 des Artikel 115-Gesetzes in Verbindung mit der Artikel 115-Verordnung bestimmt. 5Bei Nachträgen zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsplan wird zur Ermittlung der nominalen gesamtstaatlichen Produktionslücke ausschließlich die erwartete wirtschaftliche Entwicklung aktualisiert. 6Die Budgetsemielastizität der Ländergesamtheit wird jeweils auf Basis der Frühjahrs- und Herbstprojektion der Bundesregierung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung durch das Bundesministerium der Finanzen festgelegt. 7Der Steueranteil des Landes ergibt sich aus der jeweiligen Steuerschätzung, die der Veranschlagung zugrunde liegt. 8Eine negative Konjunkturkomponente erhöht die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise verringert die Tilgungsverpflichtung. 9Eine positive Konjunkturkomponente verringert die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise erhöht die Tilgungsverpflichtung. 10Die sich nach Abschluss des Haushaltsjahres ergebende Konjunkturkomponente ist jeweils auf einem Symmetriekonto in der Landeshaushaltsrechnung abzubilden.
(5) 1Soweit Kredite im Sinne von Absatz 1 Satz 2 aufgenommen werden, sinkt die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise erhöht sich die Tilgungsverpflichtung. 2Soweit Kredite im Sinne von Absatz 1 Satz 2 getilgt werden, erhöht sich die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise sinkt die Tilgungsverpflichtung (Extrahaushaltskomponente).
(6) 1Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Landes Baden-Württemberg entziehen und dessen Finanzlage erheblich beeinträchtigen, kann von den Vorgaben nach den Absätzen 1 bis 5 abgewichen werden (Ausnahmekomponente). 2Die Feststellung, dass eine Naturkatastrophe im Sinne von Satz 1 vorliegt, trifft der Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder. 3Die Feststellung, dass eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne von Satz 1 vorliegt, trifft der Landtag bei Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln seiner Mitglieder mit einer Zweidrittelmehrheit, die jedoch mehr als die Hälfte seiner Mitglieder betragen muss. 4Über die Höhe der Ausnahmekomponente beschließt der Landtag mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. 5Der Beschluss nach Satz 4 ist mit einem Tilgungsplan zu verbinden. 6Die Rückführung der insoweit aufgenommenen Kredite beziehungsweise die Nachholung der insoweit unterbliebenen Tilgung von Kreditmarktschulden hat binnen eines angemessenen Zeitraumes zu erfolgen. 7Der Zeit...