I. Kommunikationspartner im beA

 

Rz. 32

Anwälte können via ihrem beA

  • mit den Gerichten (EGVP) und
  • Gerichtsvollziehern (EGVP) sowie
  • Anwaltskollegen (beA) und
  • den Rechtsanwaltskammern (beA) sowie
  • dem Zentralen Schutzschriftenregister (EGVP) und
  • Notaren (beN) sowie
  • Behörden (beBPo)

korrespondieren. All diese elektronischen Briefkästen sind "OSCI-fähig", d.h. sie arbeiten mit dem gleichen technischen Standard und sind daher miteinander kompatibel.[12]

 

Rz. 33

Das besondere elektronische Notarpostfach (beN) wird durch das Gesetz zur Neuordnung der Aufbewahrung von Notariatsunterlagen und Einrichtung des Elektronischen Urkundenarchivs bei der Bundesnotarkammer sowie zur Änderung weiterer Gesetze gem. § 78n Bundesnotarordnung zum 1.1.2018 eingeführt.[13]

 

Rz. 34

Mit der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV),[14] der der Bundesrat am 3.11.2017 mit zwei Änderungen zugestimmt hat,[15] werden zum 1.1.2018 in § 6 ERVV die Anforderungen an das von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden zu führende besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) geregelt. Auch das beBPo soll auf dem Protokollstandard OSCI oder einem diesen ersetzenden, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechenden Protokollstandard beruhen; die Identität des Postfachinhabers muss in einem Identifizierungsverfahren geprüft und bestätigt worden sein und der Postfachinhaber muss in ein sicheres elektronisches Verzeichnis eingetragen sein. Darüber hinaus muss das beBPo über eine Suchfunktion verfügen, die es ermöglicht, andere Inhaber von besonderen elektronischen Postfächern aufzufinden (so z.B. EGVP, beA, beN), für andere Inhaber von besonderen elektronischen Postfächern adressierbar und barrierefrei sein.

 

Rz. 35

beA, beN und beBPo sind Teil der EGVP-Infrastruktur, die aus den nachstehenden Komponenten besteht:

  • einer Sende- und Empfangssoftware,
  • Intermediären für die Zwischenspeicherung,
  • sicheren Verzeichnisdiensten nach dem Standard S.A.F.E.,[16]
  • einem fortgeschrittenen Signaturzertifikat für den Herkunftsnachweis.
[12] "Online Services Computer Interface – OSCI".
[13] Gesetz zur Neuordnung der Aufbewahrung von Notariatsunterlagen und zur Einrichtung des Elektronischen Urkundenarchivs bei der Bundesnotarkammer; BGBl I S. 1396.
[14] BR-Drucks 645/17 vom 20.9.2017 – Verordnung der Bundesregierung.
[15] BR-Drucks 647/17 (Beschluss) v. 3.11.2017.
[16] SAFE – Secure Access to Federated e-Justice.

II. Einbeziehung der Mandantenkommunikation

 

Rz. 36

Aus § 19 Abs. 2 RAVPV ergibt sich die Möglichkeit, dass beA auch zur elektronischen Kommunikation mit anderen Personen oder Stellen zu nutzen.

 

Rz. 37

Somit sind auch Mandanten in der Lage, über sogenannte Drittprodukte wie den Governikus Communicator Nachrichten an das beA ihres Anwalts zu schicken. Informationen über verschiedene Drittprodukte kann man unter www.egvp.de Button: "Informationen zu Drittanwendungen" abrufen.

 

Rz. 38

 

Bitte beachten Sie:

Ob man Mandanten auf diese Kommunikationsmöglichkeit aufmerksam machen möchte, sollte wohl überlegt werden. Denn die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung kann zu einem Problem werden, wenn der Absender bewusst oder unbewusst etwas "einpackt", das beim Empfänger im Rahmen der Entschlüsselung wieder "ausgepackt" wird. Auf eine ausreichende Virenschutzsoftware ist daher dringend zu achten, siehe Rdn 39 ff.

III. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung

 

Rz. 39

Dokumente und Dateien werden im elektronischen Rechtsverkehr grundsätzlich über Datenleitungen über einen der drei nachstehenden Wege übermittelt:

  • SMTP (E-Mail)

oder z.B. Nutzung von Webservern/Portalen:

  • HTTPS (SSL, Zugang über Browser)
  • OSCI (Zugang über Applikationen wie z.B. das EGVP oder beA/beN oder beBPo[17]).

Per elektronischer Nachricht kann die Datenübermittlung mit codierten oder nicht-codierten Anhängen verschlüsselt/unverschlüsselt und/oder signiert erfolgen.

 

Rz. 40

Bei der Übertragung via EGVP bzw. beA wird mit der sogenannten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gearbeitet. Bei einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung wird die Nachricht vom Absender (z.B. Gericht oder Anwalt) verschlüsselt und in dieser Form unverändert über mehrere Server hinweg zum Empfänger (z.B. Anwalt oder Gericht) übertragen. Keiner der übertragenden Server, sogenannte Intermediäre, hat Einsicht in den Klartext der Nachricht – im Gegensatz zur Punkt-zu-Punkt-Verschlüsselung (auch Leitungsverschlüsselung genannt), bei der die Nachricht auf den Zwischenservern immer wieder ent- und neu verschlüsselt wird. Wirkliche Geheimhaltung bietet daher nur die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Der Vorteil der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei Nutzung des beA ist, dass ohne weiteres Zutun die Verschlüsselung und Entschlüsselung erfolgt. D.h. allein durch die Nutzung des "Schließen" oder "Senden"-Buttons erfolgt die Verschlüsselung automatisch; bei Öffnen einer Nachricht wird automatisch "entschlüsselt". Mit dieser Art der Verschlüsselung arbeitet das OSCI-Verfahren (OSCI-Protokoll), welches sowohl im beA, beN, beBPo[18] als auch im EGVP genutzt wird.

 

Rz. 41

Die Verwendung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung weist allerdings auch Gefahren auf, da beim Empfänger das ankommt, was "verpac...

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