Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
I. Unterschriften im elektronischen Zeitalter
Rz. 277
Auch im elektronischen Rechtsverkehr muss sichergestellt werden, dass ein Schriftsatz tatsächlich vom verantwortenden Rechtsanwalt (und niemand anderem) eingereicht werden sollte. Bei der herkömmlichen Einreichung von Schriftsätzen wird der unbedingte Wille zur Einreichung durch die eigenhändige Unterschrift zum Ausdruck gebracht. Im elektronischen Zeitalter werden anstellte der Unterschrift sogenannte Signaturen eingesetzt. Aber natürlich ist die Vertrauenswürdigkeit von elektronischen Signaturen nicht nur dem ERV vorbehalten; auch im allgemeinen Geschäftsverkehr ist durch die technische Entwicklung in den vergangenen Jahren das Bedürfnis gestiegen, Personen, Behörden und Firmen elektronisch identifizieren und auf elektronische Transaktionen vertrauen zu können.
Rz. 278
Es gibt drei Arten von elektronischen Signaturen, die gesetzlich definiert sind. Erste Anfänge einer gesetzlichen Definition, die auch europaweit galt, gab es durch die Signaturrichtlinie 1999/93/EG, mit der die qualifizierte elektronische Signatur der handschriftlichen Unterschrift gleichgesetzt und somit mit Rechtswirkung versehen wurde. Am 28.8.2014 hat die Europäische Kommission die EU-Verordnung 910/2014 (kurz: eIDAS-Verordnung) über die elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG veröffentlicht. Die Verordnung ersetzt die zuvor genannte Signaturrichtlinie. Sie wurde am 17.9.2014 wirksam und gilt seit dem 1.7.2016 unmittelbar in den Mitgliedsstaaten, ohne dass es eines besonderen Umsetzungsrechtsaktes bedarf. Signaturgesetz und Signaturverordnung galten dort weiter, wo sie der eIDAS-VO nicht widersprachen. Am 29.7.2017 ist Art. 1 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.7.2014 über die elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (eIDAS-Durchführungsgesetz) in Kraft getreten; Signaturgesetz und Signaturverordnung sind zum selben Tag außer Kraft getreten. In Art. 1 dieses eIDAS-Durchführungsgesetzes ist das neue Vertrauensdienstegesetz (VDG) geregelt.
Rz. 279
Wichtige Inhalte der eIDAS-Verordnung sind:
Rz. 280
Wichtige Inhalte des Vertrauensdienstegesetzes sind u.a.:
- Zuständigkeiten für Durchführung
- Aufsicht über Vertrauensdiensteanbieter
- Haftung im Schadenfall
- Mitwirkungspflichten der Vertrauensdiensteanbieter
- Widerruf
- Bußgeldvorschriften bei Verstößen
Rz. 281
Der Signierende wurde in der Signaturverordnung noch "Signator" genannt, in der eIDAS-Verordnung heißt er nach Art. 3 Nr. 9 nur noch "Unterzeichner".
II. Elektronische Signaturen nach der eIDAS-VO
1. Drei Arten von elektronischen Signaturen
Rz. 282
Man unterscheidet:
- "elektronische Signatur", Art. 3 Nr. 10 eIDAS-VO,
- "fortgeschrittene elektronische Signatur", Art. 3 Nr. 11 i.V.m. Art. 26 eIDAS-VO,
- "qualifizierte elektronische Signatur, Art. 3 Nr. 12 eIDAS-VO."
Rz. 283
Bei der Versendung elektronischer Dokumente an das Gericht wird man in der Praxis sowohl mit der qualifizierten elektronischen Signatur als auch der (einfachen) elektronischen Signatur zu tun haben.
2. Elektronische Signatur (auch einfache elektronische Signatur)
Rz. 284
Elektronische Signaturen sind gem. Art. 3 Nr. 10 eIDAS-VO
Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet. Dies ist die niedrigste Sicherheitsstufe einer elektronischen Signatur, denn es reicht z.B. der Name unter einer E-Mail oder einem Schriftsatz.
Soweit in § 130a Abs. 1 ZPO in der ab 1.1.2018 geltenden Fassung daher gefordert wird, dass das elektronische Dokument, das in einem für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten ...