Leitsatz
Die Meldung des Schadens fünf Tage nach dem Schadenereignis ist nicht unverzüglich i. S. d. § 17 Nr. 3 a ABN erfolgt und stellt ein grob fahrlässiges Handeln des VN dar.
Hat der VN die Schadenstelle aufgeräumt und die Schäden beseitigen lassen und vor der Schadenmeldung vollendete Tatsachen geschaffen, bevor der Versicherer überhaupt die Chance hatte, notwendige Feststellungen zum Versicherungsfall und zur Leistungspflicht zu treffen, ist der Versicherer auch nicht nach § 6 Abs. 3 S. 2 VVG leistungspflichtig, wenn der VN insoweit nicht den erforderlichen Kausalitätsgegenbeweis geführt hat.
Normenkette
§ 6 Abs. 3 VVG, § 17 Nr. 3 a ABN, § 17 Nr. 4 ABN
Sachverhalt
Die Kl. beansprucht aus der von der Fa. F. Wohnungsbau GmbH bei der Bekl. abgeschlossenen Bauleistungsversicherung, der die ABN zugrunde liegen, Entschädigung für eingestürzte Giebelwände des versicherten Objektes. Die Bekl. beruft sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung, weil die Kl. den Schadenfall verspätet gemeldet hat. Das OLG hat die Klage abgewiesen.
Entscheidung
Wie das OLG ausführt, habe nach § 17 Nr. 3 a ABN der Versicherungsnehmer bei Eintritt eines Versicherungsfalles den Schaden dem Versicherer unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Bei Verletzung dieser Obliegenheit sei gem. § 17 Nr. 4 ABN Leistungsfreiheit nach Maßgabe von § 6 Abs. 3 VVG vereinbart.
Die Meldung des Schadens erst fünf Tage nach dem Schadenereignis sei nicht unverzüglich erfolgt. Die Verzögerungsgründe seien weder vorgetragen noch sonstwie ersichtlich.
Bei objektiv vorliegender Obliegenheitsverletzung - wie hier - werde nach § 6 Abs. 3 S. 1 VVG Vorsatz des VN vermutet. In Fällen der Verletzung der Schadensmeldepflicht sehe die Rechtsprechung die gesetzliche Vorsatzvermutung in der Regel allerdings als leicht widerlegbar an. Dies beruhe auf dem Gedanken, dass sich nach der Lebenserfahrung normalerweise kein vernünftiger VN bereits durch die Verletzung der Obliegenheit, den Schaden bedingungsgemäß zu melden, um seinen Versicherungsschutz bringen wolle. Ob die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 S. 1 VVG im Streitfall widerlegt werden könne, bedürfe hier keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls habe die VN grob fahrlässig gehandelt, indem sie den Schaden erst fünf Tage später der Bekl. gemeldet hat. Auch insoweit enthalte § 6 Abs. 3 S. 1 VVG eine gesetzliche Vermutung, die die Kl. nicht widerlegt habe.
Nach § 6 Abs. 3 S. 2 VVG bleibe bei grob fahrlässiger Obliegenheitspflichtverletzung die Leistungspflicht des Versicherers insoweit bestehen, als die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der vom Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat. Den insoweit erforderlichen Kausalitätsgegenbeweis habe die Kl. nicht geführt. Der Bekl. sei durch die verspätete Schadensmeldung im Hinblick auf ihr Feststellungsinteresse vielmehr ein konkreter Nachteil entstanden. Ohne den Schadenfall unverzüglich anzuzeigen, habe die VN den Versicherer zunächst außen vor gelassen und - aus welchen Gründen auch immer - die Schadenstelle aufgeräumt und die Schäden durch Neuerrichtung der umgestürzten Giebelwände beseitigen lassen. Damit seien noch vor der Schadensmeldung vollendete Tatsachen geschaffen worden, bevor die Bekl. überhaupt die Chance hatte, ihrerseits die notwendigen Feststellungen zum Versicherungsfall oder zu ihrer Leistungspflicht zu treffen. Nach Wiederaufbau seien die für die Bekl. wesentlichen Dinge eben nicht mehr festzustellen gewesen.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Urteil vom 14.01.1997, 9 U 111/96