Leitsatz

Bei Obliegenheitsverletzungen ist wie bei Rechtspflichtverletzungen ein innerer Zusammenhang zwischen der von der Verletzung geschaffenen Gefahrenlage und der eingetretenen Schadensfolge in dem Sinn erforderlich, dass Letztere zu denjenigen Schadensfolgen gehören muss, denen die Obliegenheit vorbeugen soll (Bestätigung des Senatsurteils vom 3.12.1975 - IV ZR 34/74 - VersR 1976, 134 unter I 2).

 

Normenkette

§ 6 Abs. 2 VVG§ 7 Nr. 1a AFB 87 und§ 7 Nr. 2 AFB 87

 

Sachverhalt

Der Kl., Eigentümer eines bäuerlichen Anwesens, früher bestehend aus Wohngebäude, Ställen und Scheunen, hatte bei der Bekl. eine Gebäude-Feuerversicherung abgeschlossen, welcher Versicherungsbedingungen der Bekl. zugrunde lagen, die inhaltlich den AFB 87 entsprachen.

Im Juli 1994 wurde dem Kl. die Baugenehmigung erteilt, den mittleren Scheunentrakt abzureißen und statt dessen vier Wohnungen zu errichten, mit der Auflage, den von den Umbaumaßnahmen betroffenen Gebäudeteil durch Brandwände von den angrenzenden Gebäuden abzuschotten. Am 10.4.1999 - zu dieser Zeit waren zwei Wohnungen fertig gestellt und bewohnt - legte ein unbekannter Täter Feuer im nicht umgebauten ehemaligen Stall-/Scheunenbereich. Dieser Gebäudeteil brannte weitgehend nieder. Weil er unmittelbar an die neu errichteten Wohnungen angrenzte und die dortige Trennwand noch nicht zur Brandschutzwand ausgebaut worden war, griff das Feuer auch auf den Wohnbereich über und richtete dort Schäden an.

Die Bekl. lehnte Entschädigungsleistung wegen Obliegenheitsverletzungen ab.

Das LG hat unter Abweisung der Klage im Übrigen festgestellt, die Bekl. sei lediglich zum Ersatz der Schäden am ehemaligen Stall-/Scheunengebäude verpflichtet. Nach Berufung beider Parteien hat das OLG die Klage insgesamt abgewiesen. Die Revision des Kl. führte zur Wiederherstellung des LG-Urteils.

 

Entscheidung

I. Wie der BGH ausführt, habe nach Auffassung des Berufungsgerichts (BG) der Kl. dadurch, dass er zwischen dem ehemaligen Stallgebäude und dem Wohnkomplex noch keine Brandmauer errichtet hatte, gegen die Auflage aus der Baugenehmigung verstoßen und zugleich eine Gefahr vorbeugende Obliegenheit i. S. v. § 6 Abs. 2 VVG verletzt. Er könne sich nicht darauf berufen, die Brandmauer habe er erst zu einem späteren Zeitpunkt errichten müssen.

Infolge der Obliegenheitsverletzung sei die Bekl. gemäß § 7 Nr. 1a und 2 AFB 87 von der Leistung frei. Der Kl. habe jedenfalls nicht auszuräumen vermocht, dass die Verletzung auf grober Fahrlässigkeit beruht. Auch der Kausalitätsgegenbeweis nach § 6 Abs. 2 VVG sei dem Kl. nicht gelungen. Für den Schaden am Wohnkomplex scheitere er schon daran, dass das Feuer gerade durch die (auflagenwidrigen) Öffnungen der nicht zur Brandmauer ausgebauten Trennwand auf die Wohnungen übergegriffen habe. Aber auch für das ehemalige Stallgebäude gelte nichts anderes. Denn obgleich der Brand dort von einem Unbekannten gelegt, die fehlende Brandmauer mithin nicht für die Brandentstehung ursächlich geworden sei, habe sich der Auflagenverstoß jedenfalls auf die Schadenhöhe ausgewirkt. Ein Vergleich der Abs. 2 und 3 des § 6 VVG zeige, dass die erstgenannte Vorschrift eine teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nicht vorsehe. Stehe - wie hier - fest, dass sich die Obliegenheitsverletzung auf die Versicherungsleistung auswirkt, befreie dies den Versicherer umfassend von seiner Leistungspflicht. Die nach § 6 Abs. 1 Satz 3 VVG erforderliche Kündigung des Versicherungsvertrags habe die Bekl. rechtzeitig ausgesprochen.

II. Diese Auffassung des BG hält nach der Entscheidung des BGH rechtlicher Nachprüfung nur insoweit stand, als das BG dem Kl. Versicherungsleistungen für Schäden am Wohnkomplex versagt habe.

Nach § 7 Nr. 1a AVB der Bekl. habe der VN u. a. alle behördlichen Sicherheitsvorschriften zu beachten. Verletze er diese Obliegenheit, so sei der Versicherer nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 und 2 VVG zur Kündigung berechtigt, aber auch leistungsfrei. Dabei trete die Leistungsfreiheit nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht (§ 7 Nr. 2 AVB der Bekl.).

1. Der Kl. habe die Obliegenheit, alle behördlichen Sicherheitsvorschriften zu beachten (§ 7 Nr. 1a AFB 87), verletzt. Die Auflage in der Baugenehmigung, den zu errichtenden Wohnkomplex durch Brandmauern von den übrigen Gebäuden abzuschotten, sei eine behördliche Sicherheitsvorschrift. Sie hätte, wie das BG zu Recht annehme, schon zur Zeit des Brandes erfüllt sein müssen (wird ausgeführt).

2. …

3. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des BG-Urteils seien die (auflagenwidrigen) Öffnungen in der Trennwand zwischen dem ehemaligen Stallgebäude und dem Wohnbereich für das Übergreifen des Feuers auf die Wohnungen ursächlich geworden. Damit habe sich einerseits die Gefahr gerade verwirklicht, der die Auflage aus der Baugenehmigung entgegentreten wollte, zum anderen scheide für die im Wohnbereich eingetretenen Schäden ein Kausalitätsgegenbeweis des Kl. i. S. v. § 6 Abs. 2 VVG aus.

4. Anders liege es aber beim Schaden am...

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