Bei einem Nach- oder Vorausfahren mit einem Polizeifahrzeug handelt es sich nicht um ein sog. standardisiertes Messverfahren. Daher genügt es nicht, in den Urteilsgründen nur das angewandte Messverfahren und den zu berücksichtigenden Toleranzwert mitzuteilen. Werden Geschwindigkeitskontrollen ohne technische Hilfsmittel durchgeführt, sind bestimmte Grundsätze zu beachten (vgl. OLG Schleswig, NZV 1991 S. 437; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 28.12.1992, 2 Ss (OWi) 345/92 – (OWi) 122/92 II). Anderenfalls ist die Messung im Verfahren nicht verwertbar.

Die Messstrecke muss ausreichend lang sein; dabei wird diese Länge in Abhängigkeit zur gefahrenen Geschwindigkeit bestimmt:

 
50 bis 70 km/h 300 bis 400 m (OLG Braunschweig, DAR 1989 S. 110)
71 bis 90 km/h 400 bis 600 m (OLG Hamm, DAR 1969 S. 221; OLG Saarbrücken, zfs 1982 S. 189)
91 bis 120 km/h mindestens 500 m (OLG Bamberg, Beschluss v. 2.12.2005, 3 Ss OWi 1556/05, DAR 2006 S. 517; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 28.12.1992, 2 Ss (OWi) 345/92 – (OWi) 122/92 II)
ab 120 km/h 1000 m (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 28.12.1992, 2 Ss (OWi) 345/92 – (OWi) 122/92 II)

In Ausnahmefällen sind auch kürzere Abstände zulässig, z. B. bei starkem Beschleunigen des zu messenden Fahrzeugs oder bei geringem Verfolgungsabstand.

Auch der Verfolgungsabstand sollte nach der Rechtsprechung stabil und nicht zu groß sein (OLG Koblenz, VRS 1978 S. 303; OLG Düsseldorf, DAR 1994 S. 284; BayObLG, Beschluss v. 1.8.1994, 2 ObOWi 343/94):

 
50 bis 60 km/h maximal 30 m (KG, VRS 31 S. 71)
61 bis 90 km/h maximal 50 m (OLG Braunschweig, DAR 1989 S. 110)
höhere Geschwindigkeiten maximal 100 m (OLG Braunschweig, DAR 1989 S. 110; OLG Koblenz, DAR 1990 S. 390)

Der Toleranzwert der abgelesenen Geschwindigkeit bei nicht geeichtem Tacho wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt:

  • Abzug von 12 % der abgelesenen Geschwindigkeit zzgl. 7 % der Skalenendgeschwindigkeit (OLG Düsseldorf, DAR 1996 S. 324; OLG Köln, Beschluss v. 10.2.1998, Ss 25/98 (B) – 21 B; OLG Köln, Beschluss v. 19.9.2008, 82 Ss –OWi 67/08-B; OLG Köln, DAR 1991 S. 193)
  • Abzug von 13,5 bis 15 % des abgelesenen Werts zzgl. 7 % vom Skalenendwert (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 27.2.1997, 5 Ss (Owi) 19/97; OLG Köln, Beschluss v. 5.9.1997, Ss 490/97 (B); OLG Saarbrücken, zfs 1995 S. 197)
  • Abzug von 7 % des Skalenendwerts zzgl. 6 % des Ablesewerts (OLG Stuttgart, VRS 1979 S. 43)
  • Abzug von 7 % des Skalenendwerts zzgl. 10 % des Ablesewerts (OLG Düsseldorf, NZV 1992 S. 496)
  • Insgesamt 20 % vom Ablesewert (OLG Schleswig, NZV 1991 S. 437; OLG Frankfurt, VM 1978 S. 59; OLG Rostock, VRS 113 S. 309; OLG Hamm, DAR 1981 S. 364; BayObLG, DAR 1978 S. 202).

Auch bei einem Abstand von nur 100 m zwischen Polizeifahrzeug und überwachtem Fahrzeug ist bei einer Orientierung an den Leitpfosten und den Rücklichtern des vorausfahrenden Fahrzeugs eine zuverlässige Schätzung des gleich bleibenden Abstandes durch einen geübten Polizeibeamten möglich (OLG Düsseldorf, VRS 113 S. 112).

Die Schätzung der Geschwindigkeit ist nicht unzulässig, wenn die Polizeibeamten bei einer Messung eine niedrigere Geschwindigkeit zugrunde legen als der Tachometer des Polizeifahrzeugs anzeigt (OLG Hamm, Beschluss v. 4.8.2008, 2 Ss OWi 409/08).

Die Messung kann auch mit dem Privatfahrzeug des Polizeibeamten erfolgen (OLG Köln, NZV 1997 S. 529).

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