I. Testamentserrichtung
Rz. 14
Nach dem lettischen Zivilgesetzbuch hat jeder das Recht, durch Testament seine Erben frei zu bestimmen. Nur wenn kein Testament vorliegt, tritt die gesetzliche Erbfolge ein, so dass ein Testament stets Vorrang vor der gesetzlichen Erbfolge hat.
Rz. 15
Testierfähigkeit besitzt nach Art. 420 ZGB jede geschäftsfähige Person. Auch Minderjährige, die bereits das 16. Lebensjahr vollendet haben, können durch Testament über ihr eigenes Vermögen frei verfügen.
Rz. 16
Das Testament muss den wirklichen Willen des Erblassers wiedergeben und ohne Zwang, Irrtum oder Betrug errichtet worden sein (Art. 463 ZGB). Die Vorschrift des Art. 464 ZGB stellt dabei allerdings klar, dass bloßes Zureden nicht als Zwang anzusehen ist und die Wirksamkeit des Testaments nicht entkräftet.
Rz. 17
Gemäß Art. 420 ff. ZGB können letztwillige Verfügungen als einseitiges Testament, als gemeinschaftliches Testament (welches nicht nur von Eheleuten errichtet werden kann) und als Erbvertrag errichtet werden. Schließlich werden letztwillige Verfügungen in ihrem formellen Charakter je nach Erscheinungsform noch weiter unterschieden.
II. Arten testamentarischer Verfügung
Rz. 18
Der Erblasser kann durch einseitige Verfügung von Todes wegen den Erben bestimmen. Nach der Art und Weise, wie das Testament eröffnet wird, wird unterschieden zwischen
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öffentlichen Testamenten (Publiski testamenti); |
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Privattestamenten (Privati testamenti). |
1. Öffentliches Testament
Rz. 19
Als öffentliche Testamente werden solche bezeichnet, die bei einem Notar oder einem lettischen Gemeindegericht errichtet worden sind. Ein solches Testament wird in notarieller Urkunde (Art. 434 ZGB) errichtet und dann bei der Stelle, vor welcher das Testament errichtet worden ist, aufbewahrt. Der Testator erhält ebenfalls einen Auszug, welchem dieselbe Beweiskraft wie dem aufzubewahrenden Originaltestament beizumessen ist.
Rz. 20
Ein öffentliches Testament verliert seinen Status als solches nur dadurch, dass das aufbewahrte Testament auf Verlangen dem Testator oder einem dazu besonders Bevollmächtigten zurückgegeben wird (Art. 441 ZGB). Allein dadurch verliert das Testament aber nicht seine Gültigkeit. Vielmehr stellt es sich nach seiner Herausgabe als gültiges Privattestament dar, sofern bei dessen Errichtung die für Privattestamente vorgeschriebenen Bestimmungen nicht verletzt worden sind (Art. 442, 444 ZGB).
2. Privattestament
Rz. 21
Grundsatz der Bestimmungen im lettischen Zivilgesetzbuch über Privattestamente ist die Annahme einer Gültigkeit eines solchen Testaments nur dann, wenn die Überzeugung besteht, dass dieses vom Erblasser errichtet worden ist und wirklich dessen letzten Willen enthält (Art. 445 ZGB). Zur Errichtung eines Privattestaments muss gem. Art. 446 ZGB der Testator das ganze Testament selbst geschrieben und unterschrieben haben.
III. Inhalt eines Testaments
Rz. 22
Der Testator kann gem. Art. 422 ZGB auf den Todesfall über sein Vermögen frei verfügen, mit der Einschränkung, dass den Pflichtteilsberechtigten deren Pflichtteile zu hinterlassen sind.
Rz. 23
Gemäß Art. 386 ZGB können alle natürlichen Personen, die zur Zeit der Eröffnung der Erbschaft am Leben sind oder, wenn auch noch nicht geboren, so zumindest bereits gezeugt sind, Erbe sein. Des Weiteren sind noch der Staat (Art. 416, 417 ZGB) und andere juristische Personen (Art. 387 ZGB) erbfähig.
Rz. 24
Die Wirksamkeit eines Testaments wird nicht dadurch erschüttert, dass der Testator sich in einer Benennung oder Beschreibung geirrt hat (solange über die Absicht des Erblassers keine Zweifel bestehen), eine angegebene Eigenschaft einer Person oder Sache weggefallen ist oder aber sich ein angegebener Beweggrund als nicht den Tatsachen entsprechend erweist. Letzteres lässt die Wirksamkeit aber lediglich dann unberührt, wenn der Fall ausgeschlossen werden kann, dass der Erblasser ohne diesen Beweggrund gar nicht testiert oder die betreffende Verfügung gar nicht getroffen hätte.
Rz. 25
Nach den Art. 456 ff. ZGB führen auch Umstände wie Korrekturen, Ausstreichungen, Auslassungen und Fehlbenennungen grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit einer testamentarischen Verfügung, sofern im Wege der Auslegung (Art. 632 ff. ZGB) noch der mutmaßliche Wille des Testators zu ermitteln ist und die formellen Abweichungen offensichtlich diesem Willen eingegliedert oder untergeordnet werden können.
Rz. 26
Dem Testator steht nach Art. 427 ZGB das Recht zu, in seiner letztwilligen Verfügung die nach dem Gesetz zur Erbfolge Berufenen auszuschließen. Den Pflichtteilsberechtigten (dazu zählen nach Art. 423 ZGB der Ehegatte und die Deszendenten bzw., sofern diese nicht den Testator überdauert haben, die nächsten Aszendenten) kann ihr Pflichtteil nur aus gesetzlich vorgesehenen und in Art. 428 ZGB aufgezählten Gründen entzogen werden. Danach kann ein Erblasser einen Nachkommen enterben, wenn dieser
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eine strafbare Handlung gegen das Leben, die Gesundheit, die Freiheit oder die Ehre des Testators, dessen Ehegatten oder Aszendenten begangen hat; |
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eine wissentlich falsche Anklage über eine strafbare Handlung der soeben erwähnten Personen erhoben hat; |
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den Testator i... |